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Mit Tempo 15 durch den Lebensabend

Wer nicht mehr gut zu Fuß ist, schafft mit einem E-Mobil wieder längere Strecken. Die Anschaffung wird oft bezuschusst.

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Lenker statt Lenkrad: Wer über Jahrzehnte den Komfort eines Autos gewohnt war, dürfte anfangs mit einem E-Mobil fremdeln.
Lenker statt Lenkrad: Wer über Jahrzehnte den Komfort eines Autos gewohnt war, dürfte anfangs mit einem E-Mobil fremdeln. © Christophe Gateau/dpa

Kann man aufgrund des Alters oder wegen einer Krankheit keine längeren Wege mehr erledigen, lohnt sich womöglich die Anschaffung eines Elektromobils. Diese kleinen Gefährte mit drei oder vier Rädern dürfen in Schrittgeschwindigkeit auch auf Gehwegen fahren. Dank Sitz und Armlehnen fährt man mit ihnen sicher und bequem zum Restaurant, zu Freunden oder zum Supermarkt. Solche Mobilität hat allerdings ihren Preis. Außerdem sind die zwischen 6 und 15 km/h schnellen Gefährte nicht für jeden gleichermaßen geeignet.

Voraussetzungen

„Nutzer benötigen keinen speziellen Führerschein“, sagt Sibell Turus vom Verbund Pflegehilfe in Mainz. Interessenten sollten aber ein Mindestmaß an körperlicher Fitness haben, wenn sie mit einem E-Mobil fahren. Denn immer wieder kann es zu Situationen kommen, in denen sie kurzfristig reagieren und beispielsweise ohne Hilfe absteigen müssen. „In jedem Fall muss man in der Lage sein, ein E-Mobil zu steuern“, so Turus. Unerlässlich ist also das Zutrauen, ein solches Gefährt sicher zu bewegen. Dazu braucht es die Fähigkeit, vorausschauend zu agieren, also beispielsweise rechtzeitig zu stoppen, wenn es auf dem Gehweg mal eng werden sollte.

Voraussetzung dafür, dass ein E-Mobil ganz ohne Führerschein im öffentlichen Verkehrsraum gefahren werden darf: Das Vehikel muss unter die Kategorie der „motorisierten Krankenfahrstühle“ fallen. Darauf weist der ADAC hin. Das ist auch die Voraussetzung dafür, dass man auf Gehwegen fahren darf. Andernfalls sei je nach Fahrzeugart eine Prüfbescheinigung, wie man sie von Mofas kenne, oder sogar die Fahrerlaubnis AM nötig.

Ausstattung

E-Mobile haben einen Lenker und sehen aus wie ein ziemlich breiter Motorroller. Sind mehrere Personen in einem Haushalt auf das Fahrzeug angewiesen, könne man überlegen, sich einen Zweisitzer anzuschaffen, sagt Annabel Oelmann, Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen.

Ein wichtiger Faktor ist auch die Reichweite, die sich laut ADAC von Modell zu Modell stark unterscheiden kann. Manche schaffen nur 30 Kilometer mit einer Ladung, andere 120 Kilometer. Zudem sind eine vernünftige Beleuchtung und ein solides Bremssystem Pflicht. Manche Modelle verfügen noch über eine automatische Geschwindigkeitsbegrenzung. Die verhindert, dass man zu schnell wird, wenn es steil bergab geht. Andere Mobile drosseln in Kurven automatisch die Leistung. Das senkt die Gefahr des Umkippens.

Abstellort

Erwägt man die Anschaffung, sollte man abklären, wo das Gefährt stehen kann – insbesondere, wenn man in einer Mietwohnung lebt. Ein Anruf bei der Hausverwaltung klärt, ob und wo man das E-Mobil abstellen könnte. Der Abstellplatz für das Gefährt sollte sicher und barrierefrei zugänglich sein. Die Gefährte wiegen einiges. Einfach mal die Treppen hochtragen? Fehlanzeige. In vielen Mehrfamilienhäusern gebe es aber Abstellmöglichkeiten, die überdacht und verschließbar sind, sagt Verbraucherschützerin Oelmann.

Kosten

Laut ADAC kosten günstige Elektromobile knapp 700 Euro. Je nach Höchstgeschwindigkeit und technischer Ausstattung steigen die Preise bis in den fünfstelligen Bereich. „Unter bestimmten Voraussetzungen gibt es von der Krankenkasse einen Zuschuss“, sagt Sibell Turus. Zum einen ist es dafür nötig, dass ein Arzt ein Elektromobil verordnet. Zum anderen muss das jeweilige Modell im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung gelistet sein. Wer nicht kaufen will, kann auch mieten. Die Monatsrate beläuft sich laut Turus auf 200 bis 300 Euro.

„Hier stellt sich aber grundsätzlich die Frage, ob sich das langfristig rechnet“, so die Fachfrau. Neben der Miete fallen häufiger noch Kaution und Bereitstellungsgebühr an. Dafür spart man sich andere Kosten, etwa für Reparaturen von Verschleißteilen. Eine andere Option ist der Gebrauchtkauf. Hier sei aber Vorsicht geboten, sagt Oelmann: „Während es Fachfirmen gibt, die technisch überprüfte Mobile verkaufen, ist die technische Sicherheit bei einem privaten Kauf nicht garantiert.“

Testen

Egal, ob gebraucht oder neu: „Wichtig ist, vorher eine Probefahrt zu machen“, so Sibell Turus. Gibt es ausreichend Beinfreiheit? Kann man sicher ein- oder aussteigen? Ist der Sitz bequem? Und lässt sich der fahrbare Untersatz in der Umgebung rund ums eigene Zuhause gut nutzen? Wenn es vielerorts hohe Bordsteine gibt, ist die Anschaffung womöglich keine gute Idee.

Wichtig ist auch, die Verstaumöglichkeiten in Augenschein zu nehmen. Das spielt eine Rolle, wenn Einkäufe zu transportieren sind. Müssen Gehstock oder Sauerstoffgerät mitgenommen werden? Dann sollte es dafür entsprechende Halterungen geben. Wie bei allen Hilfsmitteln gilt: „Man sollte sich ausführlich beraten lassen“, sagt Annabel Oelmann. Sei es direkt im Sanitätshaus, bei Pflegehilfevereinen oder in einer Verbraucherzentrale.

Stromkosten

Ebenfalls zu beachten ist: Durch die Verwendung eines Elektromobils steigen die Stromkosten im Haushalt. Mit einem Energiekostenmesser lässt sich schnell feststellen, wie viele Kilowattstunden das einmalige Laden eines Fahrzeugs verbraucht. „Dieser Betrag mal der Anzahl der erwarteten Ladungen pro Jahr ergibt den Jahresverbrauch in Kilowattstunden“, so Oelmann. Sie rät, mit der Krankenkasse zu sprechen, ob ein Stromrechnungszuschuss drin ist.

Laut eines älteren Urteils des Bundessozialgerichts muss die Krankenkasse auch für die Energieversorgung eines Hilfsmittels aufkommen. Der Sozialverband VDK weist ebenfalls darauf hin, dass Krankenkassen auf Antrag Stromkosten für elektrische Hilfsmittel erstatten, sofern diese ärztlich verordnet wurden. (dpa)

(Aktenzeichen: 3 RK 12/96)