Das Entweder-Oder ist vorbei

Diese Geschichte dürfte bisher nur wenig bekannt sein: Nämlich, dass es der damalige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf war, der in den Jahren nach der Wende maßgeblich mit dafür sorgte, dass sich das Thema Traditionelle Chinesische Medizin – kurz TCM – auch in Sachsen verbreitete. Biedenkopf hatte damals zahlreiche Projekte ins Leben gerufen, um die Zusammenarbeit zwischen China und Sachsen anzukurbeln. Und eines dieser Projekte sollte helfen, die fast 2.500 Jahre alten Heilmethoden der TCM auch hierzulande bekannter zu machen.
"TCM ist eine wunderbare Ergänzung"
So kam zum Beispiel Chunhua Cen nach Dresden, der damals als Dr. der TCM an der Universität Nanjing arbeitete. „Ich kam zu einem Austausch nach Dresden – eine spannende Zeit“, erinnerte er sich jüngst noch einmal an diese aufgeschlossene Neugier der Sachsen, wie er sagt. Chunhua Cen war zunächst zurück nach China gegangen, „aber weil die Nachfrage so groß war, kam ich immer wieder für einige Zeit nach Dresden“. Bis er sich entschied, ganz nach Sachsen zu ziehen, um hier als Heilpraktiker zu arbeiten. Wobei ihm wichtig ist, die traditionellen Heilmethoden nicht als Entweder-Oder zur Schulmedizin zu sehen. „TCM ist eine wunderbare Ergänzung, die auch von Hausärzten zunehmend mit in die Therapie einbezogen wird!“ Statt Schmerzen, die zu bestimmten Krankheiten gehören, mit Tabletten lindern zu wollen, könne beispielsweise auf Akupunktur gesetzt werden. Bei Gelenkerkrankungen wie Arthrose zum Beispiel. Die Behandlung der Krankheit selbst überlässt er aber der Schulmedizin. Das gilt auch für Krebs; „auch der lässt sich nicht durch TCM heilen, doch die schmerzhaften Begleiterscheinungen der Krankheit oder der Chemotherapie zumindest lindern“.
Gespräche und Physiotherapie
Überhaupt setzt die Medizin längst stärker auf ganzheitliche Methoden. Auch abseits der Debatte um die sogenannte alternative Medizin. Sondern auf das Miteinander verschiedener Fachbereiche. Wie am Dresdner St. Marienkrankenhaus zum Beispiel. Das Fachkrankenhaus für Neurologie hat unter anderem eine Schmerztherapie entwickelt, die methodisch sehr breit aufgestellt ist. Es geht in erster Linie darum, die Lebensqualität der Patienten möglichst ohne zusätzliche Operationen zu verbessern. Und so stehen vor allem sehr umfangreiche Gespräche im Mittelpunkt. Denn mitunter führen auch psychische Belastungen im privaten Umfeld oder auf Arbeit zu chronischen Schmerzen – ein Chef, der zu viel Druck auf seine Mitarbeiter ausübt beispielsweise. „Schmerzen sind individuell“, weiß Dr. Michael Huth, Leiter der Schmerztherapie des Krankenhauses. Deshalb braucht es auch individuelle Behandlungspläne. Und das in einem Mix aus neuropsychologischer Behandlung, Medikamenten und vor allem Ergo- und Physiotherapie.
Die moderne Medizin ist also längst breit aufgestellt – es geht nicht um das Gegeneinander verschiedener Konzepte, sondern um das Miteinander.