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Wie uns das Netz zu Neurotikern macht

Misstrauen bei WhatsApp, Hochleistungs-Verlieben im Datingportal: Der Psychologe Johannes Hepp hat ein Buch über die Auswirkungen der Digitalisierung auf unser Denken, Fühlen und Empfinden geschrieben.

Von Andreas Rentsch
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Kommt jetzt der Shitstorm? Welche Wirkung hat das missglückte Instagram-Foto?
Der Homo Digitalis leidet unter ganz eigenen Neurosen.
Kommt jetzt der Shitstorm? Welche Wirkung hat das missglückte Instagram-Foto? Der Homo Digitalis leidet unter ganz eigenen Neurosen. © 123rf.com

Schon Kurt Tucholsky behauptete, „der durchschnittliche städtische Mitteleuropäer“ befinde sich „fast immer im Vorstadium der Neurose“. Stimmt das, und wenn ja, welche Neurosen sind heutzutage am weitesten verbreitet? Und was hat die Digitalisierung damit zu tun? Darüber hat Johannes Hepp, Psychologe und Psychotherapeut in München, ein Buch geschrieben. Sächsische.de hat ihn interviewt.

Johannes Hepp ist Psychologe, systemischer Paar- und Familientherapeut und Psychoanalytiker und betreibt eine Praxis in München. Der 53-Jährige hat auf drei Kontinenten studiert, wird von seinem Bruder „Johann“ gerufen und hat laut eigener Aussage nie sei
Johannes Hepp ist Psychologe, systemischer Paar- und Familientherapeut und Psychoanalytiker und betreibt eine Praxis in München. Der 53-Jährige hat auf drei Kontinenten studiert, wird von seinem Bruder „Johann“ gerufen und hat laut eigener Aussage nie sei © Julia Schärdel

Herr Hepp, wovor fürchtet sich der Mensch heutzutage?

Der Homo Digitalis fürchtet sich zum Beispiel vor dem baldigen Klimakollaps. Oder dass ein Shitstorm über Nacht losbrechen könnte, er von Hackern attackiert wird oder ein missglücktes Instagram-Foto dazu führen kann, dass niemand mehr mit ihm zu tun haben will. Viele Bedrohungen haben kein Gesicht mehr – was ja per se schon beängstigend ist. Die Angst ist immer größer, wenn man den Gegner nicht kennt oder sieht.

Ist das der Unterschied zu den Ängsten, die die Menschen früher hatten?

Vor nicht allzu langer Zeit gab es nur erlebte Gefahren. Dann kam das Fernsehen, und man hat sich geängstigt, weil irgendwo ein Amoklauf war. Das hat sich potenziert. Nun haben wir auch noch das Internet, voll mit eingebildeten Fake-Ängsten und frei erfundenen Geschichten, die uns Sorgen machen sollen.

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