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Ist Zucker wirklich so ungesund?

Mediziner unterscheiden zwischen mehreren Arten. Verzicht ist gar nicht so einfach – aber möglich.

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Ein Gefühl für zugesetzten Zucker bekommt man, wenn man Nährstofftabellen auf verarbeiteten Produkten liest.
Ein Gefühl für zugesetzten Zucker bekommt man, wenn man Nährstofftabellen auf verarbeiteten Produkten liest. © Benjamin Nolte/dpa

"Zucker ist prinzipiell ein Baustoff, den wir benötigen", sagt Antonia Stahl, Ernährungsmedizinerin in Falkensee. Zucker zählt zu den Kohlenhydraten. Den Einfachzucker Glucose etwa braucht der Körper, um das Gehirn, die Muskelzellen und andere Prozesse am Laufen zu halten. Zucker sei somit zunächst einmal weder gut noch schlecht, sondern schlicht ein Energielieferant für den Körper. Etwas komplizierter wird es bei allem, was man landläufig unter Zucker verstehe, sagt Stahl.

Die Zuckerarten Glucose (Traubenzucker) und Fructose (Fruchtzucker) etwa sind sogenannte Einfachzucker. Sie stecken in Obst, aber auch in Honig. Der klassische Haushaltszucker – auch unter dem Namen Saccharose bekannt – ist ein Zweifachzucker, besteht also aus zwei Einfachzuckern. All diese Zuckerarten sind kurzkettige Kohlenhydrate und damit leicht für den Körper verfügbar. Das heißt: Der Blutzuckerspiegel steigt schnell, es kommt zu einer hohen Insulinausschüttung.

Und dann gibt es noch Mehrfachzucker, die aus mehreren Zuckermolekülen bestehen. Sie können schwerer vom Körper gelöst werden und sind daher tendenziell etwas gesünder, wie Ernährungsmedizinerin Stahl erklärt. Allerdings: Mehrfachzucker befriedigen unsere süßen Gelüste nicht wirklich. Denn sie stecken zum Beispiel in Gemüse oder Vollkornprodukten.

Zucker hat viele Formen

Zucker hat also viele Formen: Den typischen Industriezucker, der Produkten beigesetzt ist, brauche der Körper allerdings gar nicht, sagt Antonia Stahl. Die Kohlenhydrate aus beispielsweise Gemüse, Obst und Vollkornprodukten reichen dem Körper völlig aus, um Energie zu gewinnen. Pro Tag sollte Zucker maximal zehn Prozent der gesamten Energiezufuhr ausmachen, erklärt Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Bei einer Energiezufuhr von 2.000 Kalorien sind das maximal 50 Gramm Zucker. Zu diesen maximal zehn Prozent zählen alle zugesetzten Zucker, aber auch der Zucker, der in Honig oder Fruchtsäften vorkommt. Der Zucker in Obst und Naturjoghurt wird nicht dazugerechnet. Mal ein Stück Schokolade sei bei einer sonst ausgewogenen Ernährung zwar kein Problem, sagt Restemeyer. Kritisch wird es laut Ernährungsmedizinerin Stahl allerdings, wenn man täglich größere Mengen zugesetzten Zucker zu sich nimmt. Denn das erhöht das Risiko für Fettleibigkeit, Diabetes und Karies.

Die Begierde nach etwas Süßem mit frischen Früchten zufriedenzustellen, ist gesünder, als einen Schokoladenriegel zu snacken.
Die Begierde nach etwas Süßem mit frischen Früchten zufriedenzustellen, ist gesünder, als einen Schokoladenriegel zu snacken. © Christin Klose/dpa

Der Verzicht auf raffinierten Zucker ist jedoch etwas kniffliger als nur die Süßigkeiten wegzulassen. Denn auch in Käse, Wurst und Joghurt wird für den Geschmack oft Zucker zugesetzt, wie Stahl erklärt. In Tiefkühlpizzen, Grillsoßen oder dem Kartoffelsalat aus dem Supermarkt verstecken sich ebenfalls oft beträchtliche Mengen Zucker, sagt Ernährungswissenschaftlerin Silke Restemeyer von der DGE.

Die beste Wahl sind natürliche, unverarbeitete Lebensmittel. Gerade zu Beginn ist es aber alles andere als einfach, auf Zucker zu verzichten. Stahl rät, klein anzufangen. Der erste Schritt ist, ein Bewusstsein für Zuckermengen zu entwickeln, indem man beim Einkaufen die Nährstofftabellen liest. Haben verarbeitete Produkte maximal fünf Gramm Zucker pro 100 Gramm, sind sie für eine zuckerreduzierte Ernährung geeignet.

Man kann damit starten, eine zuckerarme Mahlzeit am Tag zu etablieren. Ein gesundes Frühstück – etwa Haferflocken mit Milch und Obst statt Schokomüsli – ist ein guter Start in den Tag und in eine Ernährungsumstellung. Hat man die erste Mahlzeit im Griff, kann man eine weitere auf zuckerfrei umstellen, empfiehlt Ernährungsmedizinerin Stahl. Nach einer Zeit wird dadurch das Verlangen nach Zucker weniger.

Und bei Getränken? Kann es da sinnvoll zu sein, zu einem zuckerfreien Softdrink mit Süßstoff zu greifen? Zwar sind Süßungsmittel wie zum Beispiel Aspartam kein Zucker, verursachen keine Karies und haben kaum Kalorien. Aber in größeren Mengen können sie abführend wirken, sagt Restemeyer. Und: Sie sind nicht hilfreich, wenn es darum geht, sich das Verlangen nach Süßem abzugewöhnen. Besser ist also ein Wasser mit frischer Zitrone und Minze. (dpa)