So werden Sachsens 2021er Weine

An einem Vormittag 145 Weine probieren? Geht denn das? Schmeckt man da noch was? Ist wirklich der Weinjahrgang 2021 zu unterscheiden von den Jahrgängen davor? Und wie überstehen die Tester den Vormittag? Am Freitag wurden alle diese Fragen beantwortet auf der „Großen gemeinsamen Jungweinprobe Saale-Unstrut und Sachsen“ in der ehrwürdigen Sektkellerei in Freyburg, zu der sich die Winzer der beiden ostdeutschen Anbaugebiete trafen und Weine von 27 Winzern probierten.
Die Sektkellerei hatte lange Tischreihen vorbereitet, in Kühlern die 145 Weine und Sekte aufgereiht. Der typische Winzer, bewaffnet mit Probierglas, Weinliste und Schreibgerät, studiert zunächst das Weinetikett genau, schenkt dann einen kleinen Schluck ins Glas, wendet und dreht es, um die Aromen freizusetzen. Schnuppern gehört zum Handwerk. Erst dann kommt der Schluck vollständig in den Mund, es wird lange geschmeckt – und dann in bereitstehende Behälter wieder ausgespuckt. Die wenigen Laien sind leicht zu erkennen: Sie haben keine Probleme beim Verkosten, aber sehr wohl beim Ausspucken. Es fällt schwer. Meistens jedenfalls. Der Profi fällt auch dadurch auf, dass er sorgfältig das Ergebnis notiert, bevor er sich dem nächsten Wein widmet.
Und? Wie ist er nun geworden, der Weinjahrgang 2021, den die Experten schon seit Monaten als schwierig angekündigt hatten? Denn das Wetter war nicht ideal, es hat viel geregnet, es gab weniger Sonne als in den vergangenen Jahren, an Saale und Unstrut vermasselten extrem tiefe Nachttemperaturen im Februar manchem Winzer die Ernte.
"Eine filigrane Aromatik"
„Ja, die Weine haben mehr Säure“, meint Jürgen Aumüller, der Kellermeister vom Staatsweingut Schloss Wackerbarth. „Aber sie verfügen über eine filigrane Aromatik, sind spannend.“ Eigentlich wie früher, vor den Hitzesommern der letzten Jahre, die ungewöhnlich fette Weine mit viel Alkohol und wenig Spritzigkeit hervorbrachten. Besonders profitierten 2021 aromatische Sorten wie Scheurebe und Bacchus. Rotwein produziert Wackerbarth dagegen kaum aus den 21er Trauben. „Wir haben dafür feine Roséweine hergestellt.“
Auch Winzer Mario Thürkind aus der Freyburger Umgebung hält den Jahrgang für vielversprechend. Allerdings habe er mit Restzucker gearbeitet, um die Säure einzubinden. Auch er hält den Bacchus für besonders gelungen und die Rieslinge noch für zu eckig. Für Winzer Ricco Hänsch aus Meißen ist der Jahrgang sogar besser als erwartet. Der viele Regen habe nicht nur Probleme gebracht, sondern auch Nährstoffe, die den Weinen gutgetan haben. Schwierig seien frühreife Sorten wie Müller-Thurgau und manche Burgundersorten.
Von den Säurewerten sehr angetan ist Alexander Plep, der Kellermeister der Sektkellerei Rotkäppchen. Sie verarbeitet für ihren Weißburgunder-Sekt einheimische Weine. „Und die Weißburgunder vom Jahrgang 2021 sind herrlich spritzig. Sekttrinker mögen es nicht pompös.“
Weinpreise werden steigen
Manche Weine, die ja gerade erst abgefüllt worden sind, müssen noch reifen, vor allem die frühen Sorten haben Potenzial. Das braucht Zeit. Noch etwas zu früh ist es auch für eine genaue Prognose über die Weinpreise dieses Jahrganges. In Sachsen werden sie wohl um fünf bis zehn Prozent steigen, die Region Saale-Unstrut rechnet mit um die zehn Prozent. Die Verantwortlichen der Weinbauverbände verweisen auf stark gestiegenen Dieselpreise und die deutlich höheren Ausgaben für Energie, Glas und Düngemittel. Es ist gerade bei den Winzern wie überall.
Nach ein, zwei Stunden wird die Atmosphäre trotz der vielen Spucknäpfe spürbar gelöster, der Geräuschpegel steigt deutlich. Die Winzer probieren nicht mehr nur streng und notieren die Ergebnisse. Sie plauschen, tauschen Erfahrungen aus. Die Laien im Saal, Ehepartner und Mitarbeiter der Winzer, fallen jetzt durch eine besonders gesunde Gesichtsfarbe und größere Heiterkeit auf.
Unter den Gästen der Jungweinprobe war am Freitag auch Sänger Gunther Emmerlich, seit 14 Jahren Weinbotschafter der Region Saale-Unstrut. Ja, es sei für Künstler hart gewesen, dass während der Coronazeit so viele Veranstaltungen ausgefallen seien. Aber noch härter sei für ihn gewesen, dass es diese Veranstaltung nicht gab und er zwei Jahre lang keine Winzer besuchen konnte.