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Was soll das Vegan-Label am Brot?

Brot ist von Natur aus vegan, könnte man meinen. Doch weil dem nicht immer so ist, springen jetzt auch Bäcker auf einen Trend auf.

Von Katrin Saft
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Grüner Punkt heißt vegan: Konditorin Sabine Thier zeichnet in der Bäckereifiliale Wippler in Dresden die Brote aus.
Grüner Punkt heißt vegan: Konditorin Sabine Thier zeichnet in der Bäckereifiliale Wippler in Dresden die Brote aus. © Foto: SZ/ Veit Hengst

Früher war der Broteinkauf noch simpel. Da war die Frage, ob es Schwarz-, Weiß- oder Vollkornbrot sein soll. Inzwischen gibt es nicht nur Hunderte verschiedene Brotsorten. Die ersten Bäcker in Sachsen weisen nun auch vegane Brote aus. Bei der Bäckerei Wippler in Dresden zum Beispiel ist an den Preisschildern am Regal bei vielen Brotsorten ein hellgrünes Label angebracht: vegan!

Sächsische hat über diesen Trend mit Michael Wippler, dem Präsidenten des Zentralverbands des deutschen Bäckerhandwerks, gesprochen.

Herr Wippler, ein traditionell hergestelltes Brot enthält Mehl, Wasser, Salz, Hefe oder Sauerteig – und sonst nichts. Wozu braucht es dann neuerdings Aufkleber „vegan“? Ein Marketingtrick?

Nein. Wir wollen das Informationsbedürfnis der Kunden befriedigen. Zwar ernähren sich nur etwa zwei Prozent der Deutschen vegan. Aber es werden mehr. Und immer mehr Kunden wollen genau wissen, was im Brot steckt. In der Regel ist es vegan, aber halt nicht immer.

Reicht nicht der gesunde Menschenverstand? Käse-, Milchbrötchen und Buttercroissants enthalten doch schon im Namen tierische Produkte.

Das ist nicht bei allen Brot- und Brötchensorten so eindeutig. Bei Weißbroten zum Beispiel wird manchmal Butter zugesetzt. In Zwiebelbrot kann etwas Schinken für einen tollen Geschmack sorgen. In unserem Winzerbrot ist Bergkäse drin. Und beim Honigvollkornbrot steuern Bienen den Honiganteil bei. Man kann diese Debatte natürlich immer noch weiter auf die Spitze treiben.

Wie meinen Sie das?

Streng genommen ist nicht mal jeder Kaffee vegan, weil die Bohnen oft mit Bienenwachs überzogen werden. Selbst Feigen sind nicht immer vegan, weil sie nur über weibliche Blüten verfügen. Sie benötigen eine bestimmte Wespenart als Bestäuber, die in der Feige verendet, nachdem sie ihre Eier abgelegt hat und dort zersetzt wird. Man kann da also vom Hundertsten ins Tausendste kommen. Und manchmal kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Plastik- oder Kunstlederschuhe zum Beispiel waren früher verpönt, weil man darin so schwitzt. Heute haben sie ein positives Image.

Auf der Internationalen Grünen Woche präsentierten Ernährungsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen, l) und Michael Wippler Mitte Januar das «Brot des Jahres». Es ist ein Kürbiskernbrot. Wippler ist seit 2015 Präsident des Zentralverbandes des Deutsc
Auf der Internationalen Grünen Woche präsentierten Ernährungsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen, l) und Michael Wippler Mitte Januar das «Brot des Jahres». Es ist ein Kürbiskernbrot. Wippler ist seit 2015 Präsident des Zentralverbandes des Deutsc © dpa

Wie veganes Brot. Was schreibt denn der Gesetzgeber vor? Muss es ausgewiesen werden?

Nein, das ist vollkommen freiwillig. Handwerksbäcker müssen bei loser Ware nur über die 14 wichtigsten Allergene informieren – darunter glutenhaltige Getreide und Milcherzeugnisse. Das kann in Form eines Aushangs oder in einem Ordner geschehen, der ausliegt und eingesehen werden kann.

Vegane Lebensmittel sind bekanntlich teurer. Ist ein Vegan-Label am Brot vielleicht auch ein klein wenig Rechtfertigung für den deutlich gestiegenen Brotpreis?

Nein, das hat damit gar nichts zu tun. 2022 gab es mehrere große Preissprünge für die Bäcker. Die Rohstoffe sind deutlich teurer geworden – Mehl als Hauptzutat fürs Brot zum Beispiel zwischen 50 und 100 Prozent. Die Personalkosten sind durch drei staatlich verordnete Lohnerhöhungen gestiegen, in Summe über 20 Prozent. Weil Bäckerbrot ein Handwerksprodukt ist, schlägt das natürlich mehr zu Buche als bei einem Industriebrot, das mit einem hohen Automatisierungsgrad hergestellt wird. Hinzu kommen die gestiegenen Energiekosten und die Inflation.

Kaufen deshalb wieder mehr Kunden ihr Brot im Supermarkt statt beim Bäcker?

Für alle Dienstleistungen sind ja die Preise gestiegen, und auch für Lebensmittel. Wir merken schon den Kostendruck. Die Menschen können den Euro ja nur einmal ausgeben. Aber wenn sie beim Bäcker kaufen, tun sie etwas für die regionale Wertschöpfung und für den Erhalt von Vielfalt und individuellem Geschmack. Und es schmeckt auch besser. Letztlich entscheiden die Kunden, wie es dem Bäckerhandwerk in Zukunft geht.