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Wie gesund ist Soja wirklich?

Obwohl die Bohne viel Eiweiß liefert, eignet sie sich nicht für alle Menschen – vor allem wegen ihrer Isoflavone, die hormonelle Wirkung entfalten.

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Besonders in asiatischen Gerichten beliebt: Soja in Form von Tofu.
Besonders in asiatischen Gerichten beliebt: Soja in Form von Tofu. © dpa/Christin Klose

Ob als Tofu, Sojamilch oder -soße: Soja ist aus der vegetarischen und veganen Küche nicht mehr wegzudenken. Im Supermarkt finden sich immer mehr Fleisch- und Milchalternativen auf Sojabasis. Die Bohne ist für ihren hohen Eiweißgehalt bekannt. Dieser liegt laut dem Bundeszentrum für Ernährung in den getrockneten Bohnen bei rund 40 Prozent. In verzehrfertigen Sojaprodukten stecken rund elf Prozent Protein, das zudem vom Körper sehr gut verwertet werden kann.

Für eine ausgewogene Ernährung bietet sich die Hülsenfrucht an, um das so wichtige tierische Eiweiß zu ersetzen, sagt Stefan Kabisch, Studienarzt an der Medizinischen Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin der Charité. Wer unterschiedliche pflanzliche Eiweiße zu sich nimmt, kann sich zumindest als Vegetarier ausgewogen ernähren. Veganer müssten allerdings Vitamin B12 hinzufügen.

Abgesehen vom Eiweißgehalt ist die Liste der gesunden Bestandteile in Soja lang: Vitamin B, Mineralstoffe wie Magnesium, Spurenelemente wie Eisen und ungesättigte Fettsäuren, darunter Omega-3-Fettsäuren. In der Bohne stecken aber auch Stoffe, die Ernährungswissenschaftler differenzierter betrachten. Darunter fallen Isoflavone, die dem weiblichen Geschlechtshormon Östrogen ähneln. Aus diesem Grund stehen sie unter Verdacht, eine "hormonell aktivierende Wirkung" zu haben, wie Mediziner Stefan Kabisch sagt. Das heißt, sie können an die gleichen Östrogenrezeptoren im Körper binden und die gleichen Prozesse in Gang setzen wie Östrogene.

Ist Soja also gar nicht so gesund wie gedacht?

Gesunde Menschen müssten sich bei normalem Verzehr keine Sorgen machen, meint Kabisch. Durch ihre regulierende Form seien Isoflavone "sehr wahrscheinlich unbedenklich, vielleicht sogar nützlich." Das zeigten auch Langzeituntersuchungen aus dem asiatischen Raum, wo Soja schon viel länger auf dem Speiseplan steht. Isoflavone befinden sich übrigens auch in geringerer Menge in anderen Hülsenfrüchten wie Kichererbsen, Linsen und Bohnen. Und doch steht Soja im Verdacht, die Schilddrüse zu beeinflussen. Isoflavone, so Mediziner Kabisch, seien in der Lage, ein bestimmtes Enzym in der Schilddrüse zu blockieren. Es ist dafür verantwortlich, aus inaktiven Vorstufen aktive Hormone zu bauen. Wird dieses Enzym inaktiviert, kann nach Einschätzung von Kabisch eine Schilddrüsenunterfunktion entstehen. Weil dieser Effekt aber so gering und noch nicht klinisch relevant sei, sieht er bei normalem Sojakonsum für gesunde Menschen kein Gesundheitsrisiko. Hinzu komme, dass sich die Menge der Isoflavone in Soja schon durch die Verarbeitung zu Tofu auf etwa ein Fünftel reduziert.

Dennoch eignet sich die Hülsenfrucht nicht für jeden. Menschen mit hormonell bedingten Erkrankungen wie Brustkrebs und Stoffwechselstörungen sollten ihre Ernährung ärztlich abklären, sagt Nicole Schlaeger, Teamleiterin Gesunde Ernährung und Ernährungsbildung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Grundsätzlich rät sie, Milchprodukte und Fleisch nicht ausschließlich durch Sojaprodukte zu ersetzen.

Wichtig ist, auf Abwechslung zu achten und auch mal zu Hafer- oder Mandelmilch, bestenfalls angereichert mit Calcium, zu greifen. Auch in anderen Fällen mahnen die meisten Ernährungsexperten zur Vorsicht. So eigne sich Sojamilch nicht für Babys und Kleinkinder, da sie im Vergleich zu Kuhmilch calciumärmer ist und die Wechselwirkungen mit anderen Hormonen noch ungeklärt sind. Das Gleiche gilt für schwangere und stillende Frauen. Zum anderen sollten Allergiker aufpassen, was auch für andere Hülsenfrüchte gilt. Laut der Verbraucherschützerin können beispielsweise Birkenallergiker auch auf Soja überreagieren. Und auch bei Gichterkrankungen eignet sich laut Mediziner Kabisch eine sojahaltige Ernährung wegen des darin enthaltenen Purins – ein Stoffwechselvorläufer der Harnsäure – nicht. Das gilt auch für andere Hülsenfrüchte. Wer trotzdem auf Soja nicht verzichten möchte, sollte es nur in Maßen essen.

Die hormonelle Wirkung der Isoflavone machen sich auch Nahrungsergänzungsmittel zunutze, die bei Beschwerden in den Wechseljahren helfen sollen. Weil die künstliche Dosierung laut Mediziner Stefan Kabisch mit 40 bis 5.000 Milligramm aber oft um ein Vielfaches höher ist als in der natürlichen Form (in Westeuropa ein bis drei Milligramm), könne auch das Risiko für hormonelle Nebenwirkungen steigen. Besonders Frauen, die zu Schilddrüsenerkrankungen neigen, sollten zuerst mit ihrem Arzt Rücksprache halten. Von einer Selbstmedikation rät Stefan Kabisch ab. Zudem fehlten noch belastbare Langzeitdaten aus der Wissenschaft.

Wer auch auf die Umwelt achten möchte, sollte Produkte mit Bio-Siegel bevorzugen. Nur so könnten die Anbaubedingungen kontrolliert werden. Das für Lebensmittel verwendete Soja kommt vorwiegend aus Europa. (dpa)

Großer Sojahunger auf der Welt

  • 80 Prozent der weltweiten Bohnen werden zu Schrot verarbeitet, das als Futtermittel in Tiertrögen landet.
  • In den letzten fünfzig Jahren wurde laut WWF die Produktion von 27 Millionen Tonnen auf 269 Millionen Tonnen um das Zehnfache gesteigert.
  • 80 Prozent der Sojabohnen weltweit kommen aus den USA, Brasilien oder Argentinien. Für die Ausweitung der Ackerfläche werden riesige Wald- und Savannenflächen umgewandelt.
  • Von 2000 bis 2010 wurden 24 Millionen Hektar Land in Südamerika zu Ackerflächen. So gehen einzigartige Lebensräume für Pflanzen und Tiere verloren, fruchtbarer Boden wird zerstört und Wasser verseucht. Quelle: WWF