In der Serie „Sachsens Winzer“ stellt die Sächsische Zeitung Weingüter und Winzer aus dem sächsischen Elbtal vor.
Frau Leder, Matyas ist ein ungewöhnlicher Name für ein Weingut im Elbtal. Wie ist es zu dem Namen gekommen? Und wie, bitte, spricht man ihn richtig aus?
Meine Eltern haben im Jahr 2000 das Weingut gegründet, sie heißen Probocskai. Matyas wurde in Ungarn geboren. Weil der Nachname für Deutsche schwer auszusprechen ist, wurde der Vorname genommen: Matyas. Er wollte von Anfang an, dass die Kunden ihn wie den deutschen Matthias aussprechen und nicht versuchen, das Ungarische zu verschandeln.
Wie haben Ihre Eltern angefangen?
Sie waren vorher beide bei Schloß Wackerbarth. Matyas im Keller, meine Mutti leitete den Außenbereich und die Lehrlingsausbildung. 1999 hatten sie die Chance, das Grundstück in Coswig zu erwerben, immerhin schon aufgerebt. Schließlich entschieden sie sich dafür, nicht nur Trauben zu erzeugen, sondern gleich ein Weingut zu gründen.
Welche Rolle haben Sie damals gespielt?
Noch kaum eine. Aber es wurde schon diskutiert, ob ich das mal eines Tages übernehmen würde. Damals arbeitete ich noch in einer Gärtnerei.
Wollten Sie irgendwann einsteigen?
Ich war mir nicht sicher. Zwar arbeitete ich schon als Kind im Weinberg mit, meine Mutti hatte damals schon einen privaten. Ich habe die Arbeiten dort auch gern gemacht. Aber ich war mir nicht sicher, ob meine Kenntnisse reichen würden und ob ich die große Verantwortung tragen könnte. Zumal absehbar war, dass meine Eltern große Fußstapfen hinterlassen würden.
2014 übernahmen Sie das Weingut, esist immerhin das größte in Coswig.
Richtig.
Können Ihr Eltern loslassen?
Könnten sie. Machen sie aber nicht, und ich will das auch nicht. Ich bin sehr froh, dass sie mit anpacken und helfen. Ich brauche das. Wir kommen gut miteinander klar. Natürlich gibt es unterschiedliche Auffassungen, wir sprechen dann darüber.
Und Sie sagen dann: So wird es gemacht.
Ja. Das akzeptieren die Eltern.
Sie gehören zu den wenigen Winzerinnen in der Gegend. Warum ist das so?
Es ist noch eine Männerdomäne. Ja, es ist schwere Arbeit. Aber warum das wirklich so ist? Ich weiß es nicht. Wir Frauen packen es ja auch. Es wird sich mit der Zeitändern.
Können Sie die körperlich schwere Arbeit delegieren?
Zum Teil. Hier muss jeder alles machen.
Man sieht Sie deshalb an den Weinstöcken, im Verkauf, in der Straußwirtschaft...
So ist es. Ich muss überall ran. Aber wir haben natürlich auch eine Arbeitsteilung. Ich habe jemanden für den Weinbau und einen Kellermeister. Grob gesagt heißt meine Arbeitseinteilung: In der Woche bin ich im Weinberg, am Wochenende in der Straußwirtschaft.
Also leben Sie wie viele Winzer auch die Sieben-Tage-Woche?
Ja, fast immer. Im Winter haben wir sonntags geschlossen.
Ist das gut oder schlecht für die Gesundheit?
Bis jetzt ist es gut.
Was machen Sie als Frau anders als Ihre männlichen Kollegen?
(überlegt eine Weile) Vielleicht bin ich emotionaler. Das zeigt sich daran, dass hier nicht nur Wein wächst, sondern auch viele Blumen blühen. Ich glaube, auch der Straußwirtschaft sieht man an, dass sie von einer Frau geführt wird.
Zeigt sich das auch beim Wein?
Nee. Wir reagieren auf die Wünsche unserer Kunden und bauen an, was verlangt wird.
Neben Ihnen gibt es noch Sonja Schilg, die Wackerbarth führt, und Anja Fritz vom Mariaberg in Meißen. Gibt es einen Winzerinnenklub in Sachsen?
Nee. Ich finde die Idee zwar ganz gut, aber es muss ja jemand organisieren.
Was zeichnet Ihr Weingut aus?
Zunächst eine große Sortenvielfalt. Es sind zwölf Sorten. Dies interessiert vor allem neue Kunden. Die Stammkunden wissen natürlich genau, was sie wollen.
Was sind die Lieblingsweine Ihrer Kunden?
Bacchus ist bei uns der Renner, auch der Müller-Thurgau, weil er ein schöner Zechwein ist.
Und Ihr Lieblingswein?
Der Grauburgunder.
Warum produzieren Sie auch noch Sekt?
Meine Eltern haben damit angefangen, es ist eine gute Ergänzung unseres Angebotes. Und unser Kellermeister Hendrik Weber stellt ja jetzt in unserem Keller auf eigene Rechnung das Perlgut-Sortiment her. Gleichzeitig produziert er unseren Sekt.
Wie steht es dieses Jahr mit dem Wein? Hat die lange Trockenheit geschadet?
Es ist gut, dass es zuletzt immer mal geregnet hat. Vor allem junge Reben waren schon dem Trockenstress ausgesetzt. Die älteren Weinstöcke haben tiefere Wurzeln. Alles in allem wurde es höchste Eisenbahn mit dem Regen. Was das für die Trauben bedeutet, kann ich noch nicht sagen. Winzer äußern sich zur Qualität ihres Weines ohnehin immer erst später.
Ja, ich weiß. Frühestens beim Ausschank.
(lacht) Sicher ist sicher.
Von Juni bis Oktober ist Ihre Straußwirtschaft am Wochenende geöffnet. Kommen vor allem Coswiger?
Zuletzt kamen auch mehr Coswiger, ja. Aber vor allem kommen Gäste, die auf dem Radweg unterwegs sind, die hier vorbeiwandern oder eine Ferienwohnung in der Umgebung gemietet haben. Ich staune immer wieder, dass sie aus allen Ecken des Landes kommen.
Sie haben in das Weingut eine Menge Geld gesteckt, man sieht es am modernen Keller, den neuen Probierräumen im Wintergarten. Lohnt sich das?
Bis jetzt ja. Wir hatten früher unser Lager weitab. Das war unökonomisch. Jetzt ist alles hier im Weingut konzentriert.
Was wünschen Sie sich fürs Weinanbaugebiet?
Dass wir über die Grenzen Sachsens hinaus bekannter werden. Manchmal kommen Gäste aus Westdeutschland, die bisher nicht wussten, dass hier Wein angebaut wird.
Wer muss da was tun?
Der Weinbauverband.
Sind Sie Mitglied?
Nein, noch nicht. Ich würde es aber gut finden, wenn die Winzer in Sachsen miteinander mehr dafür tun und sich auch gegenseitig besser unterstützen. Mir hat die Hilfe anderer Winzer damals den Start sehr erleichtert.
- Dieser Text ist bereits am 04. Juli 2018 in der Printausgabe der Sächsischen Zeitung erschienen.