Eine 70-Jährige verrät ihre Glücksrezepte

Karmapunkte statt Arschkarten sammeln. Das mache zufrieden, schreibt Bestsellerautorin Sabine Asgodom in ihrem neuen Buch „70 Aha-Momente zum Glücklichsein. Lebe selbstbestimmt und wild und weise“. In 70 Geschichten erzählt die 70-Jährige offen aus ihrer Biografie. Ganz ohne erhobenen Zeigefinger zieht sie unter ihren Storys immer ein Fazit, das sich jeder Lesende als Handlungsanweisung mit in den Alltag nehmen kann. Eine kleine Auswahl.
Je oller, je doller
In welchen Gewohnheiten stecken wir fest? Welche Abneigungen können wir auf den Prüfstand stellen? Bei Sabine Asgodom war es Rockmusik, die sie im Alter von 69 Jahren traf wie ein Schlag, schließlich hörte sie vorher ausschließlich Blues, Reggae und Soul, Rock war verpönt. „Je älter ich werde, umso mehr rücke ich von meinen starren Überzeugungen ab, werde weicher und durchlässiger für neue Impulse, Sichtweisen, Erlebnisse“, schreibt sie. Das Gegenteil vom Altersstarrsinn habe ihrem Leben einfach mehr Fülle gegeben. Zu spät sei es dafür nie.
Aus glücklichen Zeiten schöpfen
Er war die Liebe ihres Lebens. Sabine Asgodoms Mann aber bekam Demenz, kam in ein Heim. „Sobald ich allein war, überfiel mich oft das Gefühl der Einsamkeit“, erinnert sie sich. Asgodom beschloss, sich selbst zu helfen und nach Chania auf Kreta in den Urlaub zu fahren. Dort fand sie langsam heraus aus ihrem Schneckenhaus. Zu Hause entwickelte sie ihre eigene „Chania-Strategie“: „Schreib auf, was du in einer schönen Zeit genossen hast. Und finde heraus, ob und was du davon – wenigstens zum Teil – reaktivieren kannst.“
An lauschigen Plätzen sitzen und lesen? Geht auch daheim auf der Bank im Park. Bustouren machen? Gibt es auch in die nähere Umgebung – oder man geht einfach mal dort spazieren, wo man lange nicht war. Reisetagebuch schreiben? Lässt sich zu Hause mit Alltagsfreuden weiterbefüllen, getreu Sabine Asgodoms Aufruf: „Hol dir bewusst und aktiv Freude in dein Leben.“
Ruhig Blut
Der Vollpfosten im Straßenverkehr, der einen auf der Autobahn rechts überholt und dann ausgebremst hat, das Kind, das eine schlechte Note mitgebracht hat und die Diskussion mit dem Partner, die in einen Streit ausgeartet ist – all das verursacht Stress. Und der ist nicht gut fürs Herz, merkte Sabine Asgodom. „Also habe ich mich in einer stillen Stunde mit mir an einen Tisch gesetzt, habe Papier und Stifte bereitgelegt und mir ganz in Ruhe Fragen gestellt und nach einigem Nachdenken beantwortet.“
Die drei wichtigsten: Wird das Ereignis morgen noch eine Rolle in deinem Leben spielen? Wird es dein Leben beeinflussen? Kannst du etwas daran ändern? Wer diese Fragen mit Nein beantworten kann, dürfe sich entspannen, sich ablenken, tief durchatmen – und dann nach und nach „die Zahl der Ausrufezeichen im Leben reduzieren“, wie die Coachin rät.
Beistand und Mitgefühl
„Warum immer ich?“ Wem etwas Unangenehmes zustößt, der findet sich schnell in dieser negativen Gedankenspirale wieder. „Das ist doch nicht gerecht“, mögen wir denken. Nein, ist es nicht, pflichtet Sabine Asgodom bei. „Es ist Zufall“, sagt sie. Doch niemand müsse mit seinen Sorgen alleine bleiben. „Trau dich, andere um Beistand zu bitten, wenn du Hilfe brauchst“, ermuntert Asgodom ihre Leser. „Rede über deine Ängste.“ Und: „Entwickle Mitgefühl.“ Schließlich beutele das Schicksal auch die anderen. Nicht immer nur einen selbst.
Anders sein ertragen lernen
Als Sabine Asgodom als Erwachsene erstmals jemanden sah, der ein Frühstücksei mit dem Messer köpfte, war sie schockiert. Denn bei ihr zu Hause wurde das Ei mit dem Eierlöffel aufgeklopft. Der Eierköpfer war ausgerechnet ihre neue Liebe. Die Erkenntnis, dass andere Menschen anders sind als wir, kann nerven. Natürlich könne man sich nun den ganzen Tag über andere aufregen, eine Strichliste der Idioten führen, so Sabine Asgodom. „Aber den Idioten ist es egal, aber du vermiest dir dein Leben damit.“ Mehr Gelassenheit und Akzeptanz bringe größeren inneren Frieden. Wer noch eine Schippe drauflegen möchte, dem rät Asgodom, ab und an die Perspektive zu wechseln und eine Sache zu suchen, die man vom vermeintlichen Nerver lernen könnte. „Ich habe diese Übung mit Hunderten Teilnehmern gemacht, und noch nie ist nicht wenigstens eine Erkenntnis dabei herausgekommen.“
Karmapunkte sammeln
Da wäre noch der Vorfall mit dem Karma. Eines Tages habe ihr Nachbar sauer vor der Tür gestanden, schreibt Sabine Asgodom. Das Kind aus dem Stock über Asgodom nerve ihn, sein Getrappel, sein Geschrei. Sie solle sich jetzt bitte mit ihm bei der Familie beschweren. Doch Sabine Asgodom lehnt ab. Nicht nur, weil sie sich selbst an den Stress mit ihren eigenen Kindern und einer Nachbarin erinnert, der ihr als Mutter das Leben schwer gemacht hat. Sondern weil sie „die Arschkarte nicht annehmen und sich nicht als Opfer“ sehen wolle. „Ich entscheide mich, etwas zu tolerieren und sammle Karmapunkte. Wer weiß, wann ich das Verständnis der anderen brauche.“
Sabine Asgodom: 70 Aha-Momente zum Glücklichsein. Lebe selbstbestimmt und wild und weise, Gräfe und Unzer Verlag, 256 Seiten, 19,99 Euro