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WHO: Hohe Wirksamkeit von Pockenimpfung gegen Affenpocken

Die Stiko empfiehlt eine Affenpocken-Impfung für Risikogruppen. Doch wer gehört überhaupt dazu? Menschen mit Pockenimpfung sind wohl vor der Erkrankung geschützt. Ein Überblick.

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Das vom Institute of Tropical Medicine Antwerp zur Verfügung gestellte Foto zeigt Hautsymptome von Affenpocken-Patienten.
Das vom Institute of Tropical Medicine Antwerp zur Verfügung gestellte Foto zeigt Hautsymptome von Affenpocken-Patienten. © Institute of Tropical Medicine, Antwerp/dpa

Derzeit breiten sich die Affenpocken immer weiter in Deutschland aus. Bundesweit sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) mit Stand Donnerstag (09.06.) 131 Infektionen erfasst worden, tags zuvor waren es 113.

Gerade mit Blick auf die Corona-Pandemie bereitet diese Entwicklung einigen Menschen Sorge. Andere hoffen, dass sie durch ihre Pocken-Impfung vor der Erkrankung geschützt sind.

Nun hat die Ständige Impfkommission (Stiko) ihre Empfehlung für eine Impfung gegen Affenpocken ausgesprochen. Allerdings sollen nur bestimmte Risikogruppen geimpft werden. Doch wer gehört zu dieser Risikogruppe und wie läuft die Impfung ab? Ein Überblick.

In diesem Artikel:

  • Was sind Affenpocken?
  • Welche Symptome hat man bei Affenpocken?
  • Wie Lage ist die Inkubationszeit bei Affenpocken?
  • Wie gefährlich sind die Affenpocken?
  • Schützt die Pockenimpfung vor den Affenpocken?
  • Kann ich mich gegen Affenpocken impfen lassen?

Was sind Affenpocken?

Affenpocken gelten verglichen mit den seit 1980 ausgerotteten Pocken als weniger schwere Erkrankung. Der Erreger wird laut RKI meist durch engen Körperkontakt von Mensch zu Mensch übertragen. Experten hatten vor einer Weiterverbreitung des Virus, etwa bei bevorstehenden Festivals und Partys gewarnt.

Nach Angaben des Regionalbüros Europa der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von voriger Woche lassen Untersuchungen zu den bisherigen Fällen darauf schließen, dass der Ausbruch in der WHO-Region Europa bereits Mitte April im Gang gewesen sei. Es handle sich um den größten und geografisch am weitesten verbreiteten Affenpocken-Ausbruch, über den jemals außerhalb der Endemiegebiete in West- und Zentralafrika berichtet worden sei.

Elektronenmikroskopische Aufnahme von Affenpocken-Viren.
Elektronenmikroskopische Aufnahme von Affenpocken-Viren. © Andrea Schnartendorff/RKI

Welche Symptome hat man bei Affenpocken?

Laut dem RKI sind die ersten Symptome der Krankheit meist Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen und geschwollene Lymphknoten. Einige Tage nach dem Auftreten des Fiebers entwickeln sich Flecken und Pusteln, die letztlich verkrusten und abfallen. Der Ausschlag konzentriert sich meist auf das Gesicht, die Handflächen und die Fußsohlen.

Sie können laut RKI aber auch auf dem Mund, den Genitalien und den Augen gefunden werden. Bei den aktuellen Fällen wurden teilweise auch Hautveränderungen im Analbereich entdeckt.

Wie Lage ist die Inkubationszeit bei Affenpocken?

Die Inkubationszeit von Affenpocken beträgt laut RKI 5 bis 21 Tage. Die Symptome (darunter zum Beispiel Fieber und Hautausschlag) verschwinden gewöhnlich innerhalb weniger Wochen von selbst, können bei einigen Menschen aber zu medizinischen Komplikationen und in sehr seltenen Fällen auch zum Tod führen.

Wie gefährlich sind die Affenpocken?

Die Affenpocken-Erkrankung und ihre Symptome heilen in den meisten Fällen innerhalb weniger Wochen von selbst. Bei einigen Personen kann die Erkrankung laut dem RKI aber zu medizinischen Komplikationen und sogar zum Tod führen.

Zu dem möglichen Komplikationen gehören:

  • Hautinfektionen
  • Lungenentzündung
  • Verwirrtheit
  • Augeninfektionen, die zu Sehverlust führen können

Nach Angaben der WHO sind ungefähr drei bis sechs Prozent der gemeldeten Erkrankten in den letzten Jahren in Zentral- und Westafrika gestorben. Häufig waren es Kindern oder Personen mit anderen Gesundheitsproblemen. Laut dem RKI sei es jedoch möglich, dass nicht alle Erkrankungen entdeckt würden. Die eigentliche Fallsterblichkeit könnte also geringer sein.

Schützt die Pockenimpfung vor den Affenpocken?

Die früher übliche Pockenschutzimpfung ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu 85 Prozent wirksam gegen eine Infektion mit Affenpocken.

Das berichtete sie am Samstag in Genf unter Berufung auf Studien. Die routinemäßige Pockenimpfung wurde gestoppt, nachdem die Pocken 1980 als ausgerottet erklärt wurden.

Kann ich mich gegen Affenpocken impfen lassen?

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt eine Impfung gegen Affenpocken für bestimmte Risikogruppen und Menschen, die engen Kontakt zu Infizierten hatten. Ein erhöhtes Infektionsrisiko sieht die Stiko bei Männern, die gleichgeschlechtliche sexuelle Kontakte mit wechselnden Partnern haben. Auch Personal von Speziallaboratorien komme unter Umständen für eine vorsorgliche Impfung infrage, teilte die Stiko am Donnerstag mit.

Der Beschlussentwurf der Empfehlung muss nun noch in ein sogenanntes Stellungnahmeverfahren mit den Bundesländern und beteiligten Fachkreisen, ist also noch keine endgültige offzielle Empfehlung.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüßte den Entwurf. "Am 15. Juni steht der Impfstoff bereit", schrieb er auf Twitter. Das Konzept der Impfung werde gerade vorbereitet.

In der EU sei der Pockenimpfstoff Imvanex zugelassen, der auch zum Schutz vor Affenpocken eingesetzt werden könne, schrieb die Stiko in ihrer Mitteilung.

Nach dem Willen des Gremiums soll die Impfung zum einen die Gruppe der Erwachsenen erhalten, die "engen körperlichen Kontakt über nicht-intakte Haut oder über Schleimhäute" mit einer erkrankten Person oder längeren "ungeschützten face-to-face-Kontakt" hatten. Letztere sind Menschen, die sich längere Zeit ungeschützt in der Nähe eines Infizierten aufgehalten hatten, mit einem Abstand von weniger als einem Meter.

Auch Menschen, die in der medizinischen Versorgung ohne Schutzausrüstung in Kontakt mit einem Erkrankten oder dem Virus gekommen sind, sowie Labormitarbeiter, die versehentlich mit Affenpockenmaterial Kontakt hatten, zählen zu dieser Gruppe. Die Impfung soll schnellstmöglich innerhalb von 14 Tagen verabreicht werden.

Als zweite Gruppe nennt die Stiko Personen mit einem erhöhten Expositionsrisiko. Dazu zählt sie Männer, die gleichgeschlechtlichen Sex mit wechselnden Partnern haben. Grund für diese Empfehlung sei, dass die Fälle in Deutschland bisher ausschließlich unter diesen Männern aufgetreten seien. Ein erhöhtes Risiko könne auch Personal in bestimmten Speziallaboratorien haben.

  • Lauterbach: Mindestens 21 Tage Isolation bei Affenpocken

Da der Impfstoff zunächst nur eingeschränkt verfügbar sein werde, sollen laut Stiko bevorzugt Personen aus der ersten Gruppe geimpft werden. Für die Grundimmunisierung seien zwei Impfstoffdosen im Abstand von etwa einem Monat nötig. Menschen, die bereits gegen Pocken geimpft wurden, benötigten nur eine Dosis.

Für die Bekämpfung des Ausbruchs sei neben der Impfung unter anderem wichtig, Fälle und Kontaktpersonen früh zu identifizieren, Isolation und Quarantäne rasch einzuleiten und Risikogruppen aufzuklären.

Da aufgrund der langen Inkubationszeit erst die Spitze des Eisbergs sichtbar sei, sei schnelles Handeln geboten, sagte Kathrin Vogler, gesundheits- und queerpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke. "Schwule und bisexuelle Männer müssen zügig Impfangebote gegen Affenpocken erhalten", forderte sie. (soa/dpa)