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Große Krankheitsunterschiede zwischen Männern und Frauen in Sachsen

Die Medizin tickt sehr männlich, zeigt ein neuer Gesundheitsreport. Geschlechterspezifische Behandlungen könnte die Versorgung verbessern.

Von Kornelia Noack
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Sächsische Frauen sind nicht nur häufiger krank als die Männer. Sie sind auch anders krank.
Sächsische Frauen sind nicht nur häufiger krank als die Männer. Sie sind auch anders krank. © Symbolfoto: dpa

Ob Rückenleiden, Depressionen oder Tumore: Männer und Frauen in Sachsen werden unterschiedlich krank und fallen daher unterschiedlich häufig und lange in ihrem Job aus. Besonders deutlich sind die geschlechtsabhängigen Differenzen bei Verletzungen und psychischen Störungen.

Das geht aus dem Gesundheitsreport der Krankenkasse Barmer hervor, der am Mittwoch vorgestellt wurde. Ausgewertet wurden dafür Gesundheitsdaten aus dem Jahr 2021 von bundesweit rund 3,8 Millionen Versicherten, davon 108.600 in Sachsen.

Zahl der Verletzungen gesunken

Demnach fehlten Männer bis 29 Jahre im vergangenen Jahr doppelt so häufig wie Frauen wegen Hand-, Fuß- und Knieverletzungen. 273 Fehltage pro 100 Beschäftigte zählte die Barmer. Bei den Frauen waren es 137. Insgesamt sei die Zahl der Verletzungen bei beiden Geschlechtern in den vergangenen Jahren aber gesunken.

Ein gegenläufiger Trend sei im Freistaat bei psychischen Krankheiten zu erkennen. Sowohl Männer als auch Frauen meldeten sich immer häufiger unter anderem wegen Depressionen krank. Seit 2014 ist die Anzahl der Fehltage um 32 Prozent gestiegen.

Psychische Probleme bei jungen Frauen

Bei jungen Frauen war die Psyche mit 412 Fehltagen pro 100 Beschäftigten im vergangenen Jahr sogar der häufigste Grund für eine Krankschreibung. Das waren 60 Prozent mehr als bei den gleichaltrigen Männern.

„Ein Grund dafür könnte sein, dass Frauen häufiger in Berufen mit engerem Kontakt zu Menschen wie in der Kranken- und Altenpflege beschäftigt sind. Sie tragen zudem oft noch immer die Hauptlast bei der Kindererziehung“, sagt Dr. Fabian Magerl, Geschäftsführer der Barmer in Sachsen.

Männer suchen seltener Hilfe

Mit zunehmendem Alter steigen die Fehlzeiten, die Krankheitsbilder verändern sich. So haben 2021 in Sachsen sowohl Männer als auch Frauen gegen Ende ihres Erwerbslebens am häufigsten unter Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems, psychischen Störungen und Tumoren gelitten. Wegen Herzkreislauf-Beschwerden fehlten ältere Männer doppelt so oft wie Frauen.

„Noch immer werden die Themen Gesundheit und Prävention eher bei den Frauen verortet. Vielleicht auch, weil diese eher medizinische Unterstützung in Anspruch nehmen“, sagt Magerl. Männer empfänden eine Krankheit oft als lästiges Übel. Auch falle es ihnen schwer, sich Hilfe zu suchen. So blieben viele Depressionen oft unerkannt.

Krankheiten äußern sich unterschiedlich

Geschlechtsspezifische Unterschiede seien jedoch relevant für die Diagnostik und Behandlung. So verspüren Männer beispielsweise bei einem Herzinfarkt häufig ein Druckgefühl in der Brust und Schmerzen im linken Arm, Frauen leiden eher unter Übelkeit und Rückenschmerzen. Häufig führe das zu einer verzögerten Notfallbehandlung. „Die Zukunft liegt in einer Gesundheitsversorgung, die die Unterschiede besser berücksichtigt“, sagt Magerl.

„Die Medizin tickt noch immer sehr männlich“, sagt Sebastian Paschen von der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland. Allerdings: Noch orientiert sich die medizinische Versorgung zumeist an Standardmodellen, die mit Männern mittleren Alters durchgeführt wurden. „Beides sollte sich im Sinne einer guten Versorgung ändern“, sagt Paschen.