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Große Qualitätsunterschiede bei Mandel-OPs in Sachsen

Der Gesundheitsnavigator der AOK bietet ab jetzt Daten zur Qualität bei planbaren OP-Methoden. Sechs Kliniken in Sachsen schneiden aktuell überdurchschnittlich ab.

Von Stephanie Wesely
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Halsschmerzen und Husten gehen wieder um Grippe
Foto: Annette Riedl/dpa
Halsschmerzen und Husten gehen wieder um Grippe Foto: Annette Riedl/dpa © Annette Riedl/dpa (Symbolbild)

Für die Entfernung der Gaumenmandeln müssen Kinder ins Krankenhaus. Da es sich um eine planbare Operation handelt, haben Eltern die Möglichkeit, sich die Klinik auszusuchen, die nicht nur in der Nähe ist, sondern auch gute Qualitätsbewertungen hat. Dabei hilft der Online-Gesundheitsnavigator der AOK Plus, der nun auch Qualitätsdaten für die Mandel-OP enthält.

Dafür wurde anhand von Abrechnungsdaten der Jahre 2018 bis 2020 untersucht, wie häufig es innerhalb von 30 Tagen nach der OP zu Komplikationen wie Nachblutungen kam. Diese sind ein Notfall und sollten sofort behandelt werden, so AOK Plus-Sprecherin Hannelore Strobel. Auch Störungen der Stimme, des Schluckens und des Geschmacks innerhalb eines Jahres nach der OP wurden erfasst.

Von Patienten häufig weiterempfohlen

Im Ergebnis zeigt sich, dass Komplikationen in Kliniken mit einer unterdurchschnittlichen Behandlungsqualität dreimal häufiger vorkommen als in Kliniken mit einer überdurchschnittlichen Qualität. So wurden in dem untersuchten Zeitraum bei AOK Plus-versicherten Kindern in Sachsen 2.948-mal die Gaumenmandeln vollständig oder zum Teil entfernt. 19 Kliniken im Freistaat rechneten mindestens 30 solche Operationen ab, was als Mindestmenge für die Auswertung gilt. Demnach leisteten sechs Kliniken im Freistaat eine überdurchschnittlich hohe Behandlungsqualität bei Mandelentfernungen auf: Kreiskrankenhaus Mittweida, Heinrich-Braun-Klinikum Zwickau, Helios-Klinikum Pirna, Uni-Klinikum Leipzig, Kreiskrankenhaus Delitzsch/Eilenburg, Kreiskrankenhaus Delitzsch. In diesen Kliniken lag nicht nur die Rate an Komplikationen unter oder im Bundesdurchschnitt, sie wurden auch überdurchschnittlich häufig von den Patienten weiterempfohlen.

Kleine Krankenhäuser mit gutem Ergebnis

Fünf Kliniken schnitten unterdurchschnittlich ab. Das heißt, Komplikationen bei Mandelentfernungen traten dort häufiger als im Bundesdurchschnitt auf: Klinikum Chemnitz, Elblandkliniken Riesa, Städtisches Klinikum Dresden-Friedrichstadt, Städtisches Klinikum Dresden-Neustadt, Krankenhaus Bethanien Plauen. Das Erzgebirgsklinikum Zschopau, das Klinikum Obergöltzsch Rodewisch, das Helios Weißeritztalklinikum Freital und das Diakonissenkrankenhaus Leipzig hatten für die Auswertung zu geringe Fallzahlen. AOK Plus-Chef Rainer Striebel empfiehlt Eltern deshalb, nicht zwangsläufig das Krankenhaus in Wohnortnähe zu wählen, sondern im Sinne einer besseren Qualität lieber einen längeren Anfahrtsweg in Kauf zu nehmen. Bei den Mandelentfernungen habe sich außerdem gezeigt, das kleine Krankenhäuser nicht zwangsläufig schlechter abschneiden müssen als große.

Mandel-OP nur bei wirklich starken Beschwerden

Eine operative Mandelentfernung sollte laut Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gut überlegt sein. So könne die OP zwar dazu beitragen, dass Halsentzündungen seltener auftreten, doch das Gewebe um die Mandeln herum könne sich danach trotzdem weiterhin entzünden.

Kindern mit stärkeren Beschwerden kann ein Eingriff laut Institut am ehesten helfen. Das ist der Fall, wenn ein Kind mindestens drei- bis fünfmal im Jahr eine Mandelentzündung hat, mit Antibiotika behandelt wird, wenn die Beschwerden jeweils mehrere Tage andauern und die Halsschmerzen begleitet werden von Fieber, einer Vergrößerung oder Verhärtung der Halslymphknoten, eitrig belegten Mandeln oder einem Nachweis bestimmter Bakterien.

Häufig wird unnötig operiert

Werden diese Kriterien für die Entscheidung zur Operation herangezogen, entspricht das den medizinischen Leitlinien. Die AOK verglich erstmals, welcher Anteil der OPs leitliniengerecht erfolgte. Mit 100 Prozent schnitt das Kreiskrankenhaus Mittweida in Sachsen am besten ab, gefolgt vom Uniklinikum Dresden mit 90 Prozent. Den niedrigsten Wert mit 55 Prozent hatte das Heinrich-Braun-Klinikum in Zwickau.

Neben Mandel-OPs bietet der Gesundheitsnavigator Informationen zur Qualität bei zwölf weiteren Operationen und Behandlungen (siehe Kasten). Rainer Striebel: „Dabei werden Unterschiede bezüglich Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen der Patientinnen und Patienten berücksichtigt, um einen fairen Vergleich zwischen den einzelnen Kliniken zu gewährleisten.“

Der Gesundheitsnavigator bewertet folgende Eingriffe:

  • Mandeloperation
  • Knieprothesenwechsel
  • Künstliches Kniegelenk
  • Künstliches Hüftgelenk bei Arthrose
  • Operation nach hüftgelenksnahem Oberschenkelbruch
  • Hüftprothesenwechsel
  • Gallenblasenentfernung
  • Blinddarmentfernung
  • Leistenbruch-OP
  • OP bei gutartiger Prostatavergrößerung
  • Prostataentfernung bei Krebs
  • therapeutischer Herzkatheter (PCI)
  • kathetergestützte Aortenklappen-Implantationen (TAVI)