Leben und Stil
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Wandern? Ich will Spaß!

Was tun, wenn die Kinder so gar nichts vom Wandern halten? Im Pillerseetal in Österreich hat man eine tolle Lösung für dieses Problem gefunden.

Von Anja Sohrmann
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Da darf man schon mal laut schreien: Die Achterbahn im Familienland in St. Jakob in Haus rast bis zu 80 Kilometer pro Stunde.
Da darf man schon mal laut schreien: Die Achterbahn im Familienland in St. Jakob in Haus rast bis zu 80 Kilometer pro Stunde. © Familienland Pillersee

Urlaub in Österreich: Da gehört Wandern zwingend dazu, finden Sie nicht auch? Mein Sohn sieht das leider anders. Er ist zwölf Jahre alt, und seiner ausgeprägten Unlust zur Bewegung in der Natur im Allgemeinen und auf Berge im Besonderen ist leider schwer beizukommen – anders als bei seinem Freund (13), der uns zusammen mit seiner Mutter im Urlaub begleitet.

Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Immerhin sind wir im Pillerseetal. Die Region wirbt mit zahlreichen Angeboten für Familien, bei denen man beides – Wandern und Freizeitaktivitäten – gut unter einen Hut bekommen soll. Das Feriengebiet liegt in Tirol in den Kitzbüheler Alpen und umfasst die fünf Orte Fieberbrunn, Hochfilzen, St. Jakob in Haus, St. Ulrich am Pillersee und Waidring. Mittendrin glitzert der smaragdgrüne Pillersee. Neben ihm gibt es etliche weitere Badeseen in der Gegend, die sogar Trinkwasserqualität haben.

Die Aussichtsplattform im Triassic Park auf der Steinplatte lässt tief blicken. Knapp 70 Meter über dem Abgrund schwebt die begehbare Plattform.
Die Aussichtsplattform im Triassic Park auf der Steinplatte lässt tief blicken. Knapp 70 Meter über dem Abgrund schwebt die begehbare Plattform. © PR

Erster Tag. Wir steuern den Triassic Park in Waidring an. Zu dem Erlebnispark auf der Steinplatte, einem Bergmassiv, gelangt man per Bergbahn. Der Eintritt in den Park ist überraschenderweise frei, allerdings sind die Preise für die Bahn mit 22 Euro für einen Erwachsenen und 12 Euro für ein Kind schon recht hoch. Uns kann das egal sein, denn wir sind Besitzer der PillerseeTal Card. Damit kann man alle Bergbahnen in der Region kostenlos nutzen.

Die Bergbahnfahrt ist der Beginn einer Reise in die Urzeit. Denn wo sich heute die Steinplatte befindet, breitete sich vor etwa 200 Millionen Jahren das Urmeer Tethys aus. Das erfahren wir in einer multimedialen Ausstellung. Die ist ziemlich spannend und gut gemacht. Aber der strahlende Sonnenschein zieht uns bald hinaus an den – laut Tourismusverband Pillerseetal – „höchsten Sandstrand der Alpen“. Am Triassic Beach graben Kinder nach Fossilien, planschen im Wasser, fahren Floß oder klettern auf lebensgroßen Dinosauriern herum. Letztere geben auf Knopfdruck sogar Geräusche von sich. Eltern verfolgen derweil auf Liegestühlen oder einfach im Sand liegend das Gewusel und genießen die Aussicht.

Kein Grund zum Fürchten: Im Triassic Park tauchen Dinos mit Getöse auf.
Kein Grund zum Fürchten: Im Triassic Park tauchen Dinos mit Getöse auf. © Anja Sohrmann
Dinos begegnet man im Triassic Park auf Schritt und Tritt. Sie brüllen auf Knopfdruck.
Dinos begegnet man im Triassic Park auf Schritt und Tritt. Sie brüllen auf Knopfdruck. © PR

Ein weiteres Highlight des Parks hängt knapp 70 Meter über einem Abgrund: Als wir auf die Aussichtsplattform in Form einer Fächerkoralle treten, wird uns schon ein bisschen mulmig. Ihr Boden ist nämlich an einigen Stellen mit transparentem Glas versehen. Aber der Ausblick auf die grauen und kalkweißen Bergriesen ringsum ist spektakulär. Mithilfe eines Fernrohres erfährt man die Namen der zahlreichen umliegenden Gipfel.

Anschließend erklären sich unsere beiden Jungen ein wenig gönnerhaft bereit, gemeinsam den Gipfel der Steinplatte zu erklimmen. Hurra, endlich wandern! Akustisch begleitet werden wir dabei vom Gebimmel zahlloser Kuhglocken. Der Aufstieg ist durchaus anstrengend, weil ziemlich steil. Doch wie so oft sind alle Strapazen vergessen, als wir schließlich am Gipfelkreuz auf 1.869 Metern Höhe ankommen. Belohnt werden wir mit dem Ausblick auf die umliegende Bergwelt: die Hohen Tauern, die Kitzbühler- und die Zillertaler Alpen und den Wilden Kaiser. Sogar die Spitze des Großglockners, Österreichs höchsten Gipfel, sehen wir in der Ferne.

Ein idyllischer Ort: Der Wildsee mit gleichnamigem Haus im Hintergrund.
Ein idyllischer Ort: Der Wildsee mit gleichnamigem Haus im Hintergrund. © Anja Sohrmann
Blick in die andere Richtung. Von hier aus dauert's noch ca. eine Stunde bis zum Wildseelodergipfel. (re., nicht im Bild)
Blick in die andere Richtung. Von hier aus dauert's noch ca. eine Stunde bis zum Wildseelodergipfel. (re., nicht im Bild) © Anja Sohrmann
Nicht ganz einfach: Der Abstieg vom Wildseelodergipfel.
Nicht ganz einfach: Der Abstieg vom Wildseelodergipfel. © Anja Sohrmann

Zweiter Tag: Wir kehren das Prozedere um – erst wird gewandert, danach soll es eine Belohnung für die Kinder geben. Die sind zähneknirschend einverstanden, schließlich waren sie gestern zuerst dran. Wir wollen südlich von Fieberbrunn den Gipfel des Wildseeloders erklimmen, 2.119 Meter ist er hoch. Das Wort „Loder“ ist ein volkstümlicher Ausdruck für Mann. Mit der Bergbahn Fieberbrunn schweben wir zunächst auf den Lärchfilzkogel – 1.654 Meter über dem Meeresspiegel. Dann geht es zu unserem Bedauern leider erstmal bergab, vorbei an bewirtschafteten Almhütten, wo man Bergkäse verkosten kann. Sogar ein kleines Kino mit historischen Filmen gibt es.. Danach geht es in Serpentinen steil bergauf, und wir kommen mächtig ins Schwitzen. Herrlich ist die Vielfalt an Blumen am Wegesrand, so viele Farben und Formen haben wir bisher selten gesehen. Als wir am Wildseeloderhaus ankommen, eröffnet sich uns ein wunderbarer Ausblick auf den kristallklaren Bergsee. Zeit für eine Rast. Noch etwa eine Stunde wird es dauern, bis wir auf dem Gipfel sind.

Das Jakobskreuz in St. Ulrich am Pillersee gilt als das größte begehbare Gipfelkreuz der Welt.
Das Jakobskreuz in St. Ulrich am Pillersee gilt als das größte begehbare Gipfelkreuz der Welt. © PR

Um auf den Wildseelodergipfel zu gelangen, gibt es zwei Wege: Der eine ist sehr steil, dafür ist man eher oben. Der andere ist nicht ganz so steil, dauert aber länger. Wir stimmen ab: Drei von uns wählen die gemütlichere Variante, einer der Jungen sucht lieber die Herausforderung und geht allein den steilen Pfad. Aber auch der bequemere Weg erweist sich als nicht ganz so einfach. Geröll und fehlende Markierungen machen die Orientierung schwer. Gegen Ende wird der Grat immer schmaler. Wenn man jetzt ins Straucheln kommt, war’s das, denke ich, und leichte Panik kommt auf. Den Kindern, so scheint es, ist die Gefahr nicht so bewusst. Sie sind zuerst auf dem Gipfel, sehr glücklich und stolz, aber auch sichtlich erschöpft. Wieder genießen wir die traumhafte Bergkulisse.

Nach dem Abstieg zeigt ein Blick auf die Uhr, dass unser Zeitplan gehörig im Eimer ist. Um die letze Bergbahn zu schaffen, müssen wir uns sputen. So fällt leider die versprochene Belohnung für die Kids etwas dürftig aus: Eine Runde mit der Sommerrodelbahn im Freizeitpark „Timoks Wilde Welt“, das war’s. Aber die Jungen sind so geschafft, dass kein Protest ertönt. Den Abend lassen wir in der S4-Alm unweit der Talstation der Bergbahn in Fieberbrunn ausklingen. Die deftige Tiroler Küche hat es uns angetan. Auch als Vegetarier kommen wir bei Schlutzkrapfen, Kaspressknödel und Kasspatzln voll auf unsere Kosten.

Im begehbaren Jakobskreuz kann man die umliegende Bergwelt anschauen wie ein Gemälde.
Im begehbaren Jakobskreuz kann man die umliegende Bergwelt anschauen wie ein Gemälde. © Anja Sohrmann

Dritter Tag: Unser heutiges Ziel ist rekordverdächtig: Auf der Buchensteinwand in St. Ulrich am Pillersee steht das nach Angaben des Tourismusverbandes Pillerseetal größte begehbare Gipfelkreuz der Welt. Das Jakobskreuz mit einer Höhe von etwa 30 Metern ist schon von weitem zu sehen. Den Kindern zuliebe nehmen wir die Bergbahn, auch wenn wir Älteren gern zu Fuß gegangen wären. Die nötige Bewegung holen wir uns auf den Treppen im Jakobskreuz. Die vier Aussichtsplattformen in 19 Metern Höhe bieten ein grandioses Panorama, auch das Grün des Pillersees ist von hier oben gut zu erkennen. Nur der Wildseelodergipfel, den wir am Vortag erklommen hatten, ist von einer dicken Wolke umhüllt, ansonsten ist beste Sicht.

Vierter Tag: Zum Abschluss gibt’s ein Schmankerl exklusiv für die Buben: Wir fahren in den Erlebnispark Familienland in St. Jakob in Haus. Dort gibt es an die 50 Attraktionen – vom Wasserkarussell über ein Piratenschiff bis zur Raftingbahn. Dazu kommen noch Indoor- und Kletterhalle, falls das Wetter mal nicht mitspielt. Und dann ist da noch ein Superlativ: eine Familien-Achterbahn. Mit 22 Metern ist sie die höchste in ganz Österreich, in der Spitze erreicht sie bis zu 80 km/h. Unsere Kinder machen erst mal einen großen Bogen – die Schreie der Fahrgäste verheißt offenbar nichts Gutes. Aber irgendwann ist die Neugier dann doch größer als der Respekt. Sie nehmen allen Mut zusammen und steigen in den Wagen. Und als es in die Tiefe geht. stimmen auch sie ins allgemeine Gekreische ein. So sieht echte Begeisterung aus.

Und wie war der Urlaub nun so? „Cool“, antworten die Kids. Und, ganz wie die Einheimischen: „Passt scho.“

Das Pillerseetal: Vorteile mit Karte

Anreise: mit dem Auto ab Dresden rund 600 km, per Bahn nach Fieberbrunn (ca. 7,5 h) ab 124 €/Erw. (Hin- und Rückfahrt)

Übernachtung: z.B. Boutique Lodge Fieberbrunn App. für 4 Pers. ab 180 €/Nacht.

Triassic Park Waidring: Eintritt frei, Bergbahn Erw. 22 €/Jug. 19,50€/Kids 12 € (mit Pillerseetal Card kostenlos).

Erlebnispark Familienland: Erw. und Kids ab 1,30m 17,50 € (mit Pillerseetal Card kostenlos).

Jakobskreuz: Eintritt inkl. Bergbahn Pillersee Erw. 25 €/ Kinder 16 € (mit PillerseeTal Card kostenlos).

PillerseeTal Card: kostenl. Nutzung von Bergbahnen, Bädern, Freizeitangeb. Preise: 4-Tage- Karte Erw. 52 €, Kinder 27 € (mit Gästekarte), erhältl. z. B. im Tourismusverband PillerseeTal

Die Recherche wurde unterstützt vom Tourismusverband Pillerseetal.

www.pillerseetal.at

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