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Chemnitzer bekommt Pflege-Auszeichnung

Männer sind in der Pflege immer noch rar. Das hat Thomas Roßner aber nicht vom Quereinstieg abgehalten. Nun wird der Chemnitzer ausgezeichnet.

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Altenpfleger Thomas Roßner vor dem Seniorenheim "Marie-Juchacz-Haus" in Chemnitz.
Altenpfleger Thomas Roßner vor dem Seniorenheim "Marie-Juchacz-Haus" in Chemnitz. ©  dpa/Jan Woitas

Chemnitz. Die Arbeit in der Altenpflege war für Thomas Roßner nicht die erste Wahl. Aber wenn der 37-Jährige von seinem Berufsalltag spricht, kommt er ins Schwärmen. Mit Anfang 30 hat er seinen Bürojob als Rechtsanwaltsfachangestellter an den Nagel gehängt und ist in die Pflege gewechselt. Schon am Tag eins seines Praktikums sei er Feuer und Flamme gewesen, erzählt er. "Ich wurde ins kalte Wasser geschmissen, aber die Arbeit hat mich sofort gepackt und berührt."

Inzwischen hat er berufsbegleitend den Abschluss zum Pfleger nachgeholt und Bestnoten erzielt. Seine Geschichte hat die Jury der Initiative Herz & Mut überzeugt - sie hat ihm den 3. Preis im Wettbewerb "Pfleger des Jahres" zugesprochen.

"Altenpflege ist viel mehr als satt, sauber und trocken", betont Roßner. "Man ist auch Seelentröster, Kummerkasten und Beistand für die Senioren." Dies habe mit der Corona-Pandemie noch mehr an Bedeutung gewonnen, weil Besuche eingeschränkt und zeitweise komplett untersagt waren. Es sei vorgekommen, dass Heimbewohner weinend vor dem Dienstzimmer standen. "Das geht einem so nah."

Sein Arbeitgeber ist voll des Lobes über ihn. "Herr Roßner hat gezeigt, dass Pflege Menschen mit Herz, Mut und Verstand braucht", resümiert der Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt Chemnitz, Jürgen Tautz. Damit stehe er stellvertretend für alle Pflegerinnen und Pfleger sowie Auszubildenden, die nicht nur in dieser ganz besonderen Zeit eine wertvolle Arbeit leisteten.

Erste Preise gehen nach Berlin

Ähnlich sieht das die Jury der Initiative Herz & Mut. Sie hat den Chemnitzer aus rund 2.000 Teilnehmern des Wettbewerbs zu einem der Preisträger gekürt. "Es bedeutet sehr viel Mut, mit 30 Jahren einen komplett neuen beruflichen Weg einzuschlagen. Pflege braucht Menschen, die mutig sind, positiv denken und stets nach vorne schauen", heißt es zur Begründung. Daher sei Roßner ein Vorbild für andere. Der Preis "Pfleger/Pflegerin des Jahres" wurde dieses Jahr zum fünften Mal vergeben. Neben Roßners mit 2.000 Euro dotierten 3. Platz gibt es zwei erste Preise. Sie gingen an Marie Sohn und Philipp Wiemann, die eine geriatrische Spezialstation in einer Klinik in Berlin-Mitte leiten.

Allerdings sind Männer in der Pflege noch immer selten. Nach Zahlen des Statistischen Landesamtes ist die Pflege im Freistaat nach wie vor eine Frauendomäne - deutlich über 80 Prozent des Personals in ambulanten Pflegediensten sowie Pflegeheimen sind Frauen. Vorurteile seien ihm deswegen in seinem Umfeld bisher kaum begegnet, sagt Roßner - eher Achtung und Respekt.

Neben der teils schweren körperlichen Arbeit in der Pflege gibt es auch Belastungen ganz anderer Art. Nach Augenblicken gefragt, die ihn besonders beschäftigt haben, schildert Roßner einen der ersten Todesfälle, die er im Heim erlebt hat: "Ich hatte mit der Frau am Abend noch rumgeflachst und Spaß gemacht", erzählt er. Am nächsten Tag habe er erfahren, dass sie in der Nacht gestorben sei. "Ich bin zu ihrer Zimmernachbarin gegangen, wir haben uns angeschaut, die Hände gehalten und geheult", erinnert er sich. "Da habe ich für mich gemerkt: Ich bin ein Mensch und keine Maschine." (dpa)