Wie Pirnaer Ärzte schonend Herzklappen reparieren

Ein menschliches Herz arbeitet in der Regel lebenslang mit Höchstleistung. Es pumpt ohne Pause Blut durch den Kreislauf. Vier Herzklappen sorgen wie Schleusentore dafür, dass das Blut in die richtige Richtung durch den Körper fließt.
Alters- oder krankheitsbedingt kann die Pumpe allerdings aus dem Tritt kommen. Herzklappen können verkalken, sich entzünden oder undicht - also insuffizient - werden. Betroffene leiden dann beispielsweise an Luftnot, Brustschmerzen oder Ohnmachtsattacken.
Schwerwiegende Klappenfehler machen oft eine Operation unumgänglich - bis vor ein paar Jahren noch meist mit einem großen chirurgischen Eingriff verbunden.
Inzwischen haben aber längst schonendere Methoden in die Medizin Einzug gehalten. So lassen sich defekte Herzklappen mit sogenannten Katheter-Verfahren reparieren, dabei wird ein Klappen-Ersatz von der Leistengegend bis ins Herz geschoben.
Das Problem aber war: die Trikuspidalklappe, eine Klappe in der rechten Herzhauptkammer, ließ sich bislang nicht auf diese Weise rekonstruieren.
Doch das ist inzwischen Geschichte. Seit Neuestem operieren die Pirnaer Kardiologen im Klinikum auf dem Sonnenstein um Professor. Dr. Steffen Schön, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Kardiologie, Patienten mit Erkrankungen an der Trikuspidalklappe mit einem neuen, schonenden Verfahren.
Die Pirnaer Helios-Klinik ist eine der wenigen in Sachsen, die diese Methode bisher anbieten. Sächsische.de stellt die Einzelheiten vor.
Wie funktioniert die Trikuspidalklappe?
Die Trikuspidalklappe ist das Einlassventil der rechten Herzkammer. Durch sie fließt sauerstoffarmes Blut aus dem Körper in die rechte Herzkammer, um von da aus in die Lunge gepumpt zu werden. Diese Klappe verhindert den Rückfluss des Blutes während des Pumpvorganges.
Was passiert, wenn die Klappe defekt ist?
Bei einigen Menschen ist die Trikuspidalklappe undicht, in der Fachsprache heißt das "insuffizient".
Bei dieser Erkrankung schließt die Klappe zwischen den beiden Herzkammern der rechten Herzhälfte nicht mehr richtig, wodurch ein Rückstrom des Blutes in den rechten Vorhof entsteht.
Das kann zu Atemnot und Wasseransammlungen führen, unbehandelt auch zu Herzversagen und Tod.
Wie wurde der Defekt bisher behandelt?
Die Behandlung einer undichten Trikuspidalklappe galt lange Zeit als Herausforderung für Kardiologen, da es sich um eine extrem komplexe und schwer zu behandelnde Herzklappe handelt.
Außer einem operativen Eingriff am offenen Herzen gab es kaum therapeutische Optionen. Minimalinvasive, also möglichst schonende Methoden wie bei anderen Herzklappen, fehlten lange.
Nach Aussage von Professor Dr. Steffen Schön konnte eine erkrankte Trikuspidalklappe lange Zeit nur mit Medikamenten in Schach gehalten werden.
In den meisten Fällen, so der Kardiologe, sei eine Therapie mit sogenannten Diuretika auch ausreichend. Diuretika sind harntreibende Medikamente, die den Wasseransammlungen in Bauch und Beinen entgegenwirken.
Wie funktioniert die neue Methode?
Undichte Trikuspidalklappen können Schön und sein Team nun auch per Katheter-Verfahren in den Herzkatheterlaboren reparieren, von denen das Pirnaer Klinikum seit 2015 zwei hochmoderne besitzt.
Zudem steht dem Chefarzt ein erfahrenes Team aus Kardiologen, Narkoseärzten, Technikern und speziell geschultem Assistenzpersonal zur Verfügung. "Wir haben am Klinikum Pirna bereits viel Erfahrung durch die minimalinvasive Therapie von Mitralklappeninsuffizienzen und sind sehr froh, nun ein ähnliches Verfahren auch unseren Patienten mit schweren Erkrankungen an der Trikuspidalklappe anbieten zu können", sagt Schön.
Bei dieser OP wird über einen kleinen Schnitt in der Leiste ein millimetergenau steuerbares Instrument bis ins Herz geführt.
"Die Trikuspidalklappe hat drei Segel, die sich bei einer schweren Insuffizienz in der Schließbewegung der Ventile nicht mehr korrekt aufeinanderlegen", sagt Schön.
Mit kleinen, steuerbaren Clips - sogenannten TriClips - werden die Segel der Klappe präzise so adaptiert, dass die Schließfunktion des Klappenventils wieder gewährleistet ist.
Für diese OP ist auch eine Vollnarkose erforderlich, der Eingriff dauert etwa zwei Stunden.

Für wen eignet sich diese OP-Methode?
Früher wurden defekte Herzklappen meist mittels großer chirurgischer Eingriffe repariert oder ersetzt. Das hieß aber jedes Mal: Vollnarkose, Brustkorb öffnen, Herz anhalten, weil am schlagenden offenen Herzen nicht operiert werden kann.
Zudem bedingten die damit einhergehenden großen Wunden einen langen Heilungsprozess, oft verbunden mit einem langen Klinikaufenthalt.
Menschen mit Vorerkrankungen oder ältere Patienten waren aber oft zu geschwächt für derartig große Eingriffe.
Mit der neuen minimalinvasiven Methode können laut des Chefarztes insbesondere vorerkrankte Menschen sehr schonend behandelt werden, sodass sie bereits wenige Tage nach dem Eingriff in eine Reha-Klinik oder nach Hause entlassen werden können.
Angewandt wird dieses Katheter-Verfahren beispielsweise bei Patienten, bei denen die Trikuspidalklappe derart undicht ist, dass sie auf eine medikamentöse Behandlung nicht mehr anspricht.
Wo wird nach dieser Methode operiert?
Neben den großen Zentren in Dresden, Leipzig und Chemnitz ist das Pirnaer Klinikum das einzige im Landkreis und ganz Ostsachsen, das Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen an der Trikuspidalklappe mit dem neuen Verfahren operiert.
Auch in anderer Hinsicht ist die Klinik Vorreiter: Bereits 2017 etablierte das Pirnaer Krankenhaus schonende Katheter-Verfahren, um defekte Mitral- oder Aortenklappen im Herz zu reparieren.