SOE: Saubere Züge mit Zuverlässigkeitsmängeln

Groß waren die Erwartungen, als bekannt wurde, dass die DB Regio den Nahverkehr im Dresdner Süden übernimmt. Nun sind 100 Tage vorbei. Zeit für eine Bilanz. Und die fällt durchwachsen aus. Das sehen Experten, aber auch Stammfahrgäste wie Michael Hammer, der als Pressesprecher im Deutschen Uhrenmuseum arbeitet, und mehrmals in der Woche zwischen Dresden und Glashütte pendelt, so.
Bereits im Februar habe es massive Probleme gegeben, sagt Michael Hammer. Immer wieder seien Züge ausgefallen. Zum Glück gibt es die Eilbusverbindung zwischen Heidenau und Glashütte. "Diese ist sehr zuverlässig", erklärt er damals.
Mit den Zügen sei es in den letzten Wochen nicht viel besser geworden. "Die Deutsche Bahn bekommt ihre Probleme offenbar leider nicht in den Griff", schreibt Hammer am Montag, nachdem es wieder mehrere Zugausfälle gegeben hat. "Es ist derzeit täglich eine Nervenprobe, ob mit den Bahn-Verbindungen nach und von Glashütte alles klappt." Das bestätigt auch ein anderer Fahrgast, der oft mit der Müglitztalbahn unterwegs ist. "Es fällt fast jede zweite Bahn aus", sagt er. Ärgerlich auch: Die Ausfälle werden in den Fahrgastinformationen im Netz nicht angezeigt.
Michael Hammer kann sich einen Seitenhieb auf die Vorstellung eines mit Motiven aus dem Osterzgebirge beklebten Triebwagens am Montag, der als rollender Botschafter durch die Region fahren wird, nicht verkneifen. "So schön die Meldungen von frisch beklebten Triebfahrzeugen sind, mehr helfen würde vielen Bahnreisenden, wenn die Züge zuverlässig und pünktlich fahren. Die Fahrpreiserhöhung ab 1. April passt da irgendwie gar nicht ins Bild", sagt Michael Hammer.
Der Eisenbahnexperte: Verspätungen sind ärgerlich
Der Schlottwitzer Eisenbahnexperte Stefan Müller sieht es ähnlich, wobei er differenziert. Insgesamt gab es seit der Betriebsübernahme im Dresdener Dieselnetz, zu dem neben der Müglitztalbahn auch die Verbindungen Dresden - Kamenz, Dresden - Königsbrück und Pirna - Sebnitz gehören, nur "recht wenige Ausfälle von Zügen".
Und diese waren zumeist auf die Witterung oder auf Corona-Erkrankungen zurückzuführen. "Die Situation ist für alle Unternehmen schwierig, da kann man kaum Vorwürfe machen", so Müller. Die DB Regio ist zwar personell gut aufgestellt, aber offenbar sind es immer noch nicht genügend Mitarbeiter. Ärgerlich seien auf jeden Fall die Verspätungen. Hier müsse die Bahn mehr machen, um das zu verhindern.
Positiv aufgefallen ist ihm, dass die Fahrzeuge meist sehr sauber sind und das der DB Regio anders als bei den beiden Vorgängern mehr Fahrzeuge zur Verfügung stehen. "Die Rahmenbedingungen sind zurzeit eben nicht die besten", so Müller.
Verkehrsverbund: Positives Feedback von Fahrgästen
Und was sagt man Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) dazu? Bisher ist man zufrieden. So sieht es auch die Mehrzahl der Fahrgäste, sagt VVO-Sprecher Christian Schlemper. Positiv haben die Fahrgäste angenommen, dass der Takt nach Kamenz verdichtet wurde und das auf der Königsbrücker Linie Doppel-Triebwagen zum Einsatz kommen.
Kritik gebe es weiterhin - vor allem, wenn Züge ausfallen oder sich verspäten. Schlemper erinnerte daran, dass vor dem Betreiberwechsel sehr viele Züge im Dresdner Dieselnetz aufgefallen waren, weil es an den Fahrzeugen viele technische Mängel gab. "Das funktioniert mit der DB Regio jetzt deutlich besser." Nun habe die DB Regio mit Personalproblemen zu kämpfen. "Ähnliche Probleme haben aber auch andere Unternehmen in der Branche." Die Bilanz nach 100 Tagen ist positiv, so Schlemper.
Bilanz der Bahn: "Es war nicht alles perfekt."
Stephan Naue, der das Produktmanagement Sachsen bei DB Regio Südost leitet, kennt die Probleme: "Es war nicht alles perfekt", räumt er ein. Aber dafür, dass man ein Netz komplett übernommen habe und hier Fahrzeuge aus dem gesamten Bundesgebiet zum Einsatz kommen, sei er im Großen und Ganzen zufrieden.
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Es gab Zugausfälle, manchmal konnte man nicht die bestellte Kapazitäten erfüllen. Statt zwei, sei nur ein Triebwagen gefahren. Der Grund: Der DB Regio fehlten betriebsbereite Fahrzeuge. Und dann gab es die "große Coronawelle". Ende Februar und Anfang März fehlten über zwei Wochen 15 Prozent der Zugführer. "Einige hatten Corona, andere waren in Quarantäne", erklärt Naue. Nun habe sich die Lage gebessert. Allerdings habe sein Unternehmen immer noch mit Personalausfällen zu kämpfen.
Mit dem erhofften Abebben der Corona-Pandemie dürfte sich dieses Problem lösen. Perspektivisch dürfte es auch aus einem anderen Grund zu weniger Ausfällen kommen. Denn nach und nach werden die Fahrzeuge einer Frischekur unterzogen. "Ich denke, die nächsten 100 Tage werden zunehmend besser", sagt Eisenbahnexperte Müller.