Hochhäuser und Seilbahnen für Glashüttes Neustadt

Lisa Caroline Semper kann sich eine Glashütter Neustadt gut vorstellen. Der neue Stadtteil sollte oberhalb des Müglitztales entstehen und aus modernen zwei- bis dreistöckigen Häuser bestehen. Die Kernstadt könnte man von dort aus gut sehen.
Wie diese Neustadt genau aussehen soll, können sich die Glashütter seit dieser Woche in der Ideen-Galerie-Nr. 1 anschauen. Hier werden Arbeiten von Architekturstudenten der TU Dresden gezeigt. Entstanden sind diese im Rahmen eines Projektes, mit dem Glashütte beim Wettbewerb SIMUL+ 150.000 Euro gewonnen hat.

15 Studenten hatten sich in einem Seminar Gedanken gemacht. Die Vorstellungen von Lisa Caroline Semper, die diese zusammen mit ihren Kommilitonen René Großerüschkamp und Melanie Leuschner entwickelt hat, dürften für die meisten Glashütter gut nachvollziehbar sein.

Denn die Neustadt sollte auf einer Fläche entstehen, die schon in früheren Diskussionen betrachtet wurde. Der dort entstehende Stadtteil soll mit der Altstadt nicht nur über eine Straße, sondern auch über eine Seilbahn verbunden werden.
Die drei Studenten haben sich auch mit der Kernstadt befasst. Diese soll attraktiver werden. Die historische Baustruktur soll erhalten und nachverdichtet werden.
Die bestehenden Plätze rund um das Uhrenmuseum müssten aufgewertet werden, um zum Flanieren und Verweilen einzuladen. Der Moritz-Großmann-Platz soll zur Neuen Mitte - zum zentralen Treffpunkt werden. "Hier werden Feste und Veranstaltungen organisiert und viele Kaffees getrunken", erklärt die Studentin.
Lisa Caroline Semper hofft, dass ihre Ideen in naher Zukunft realisiert werden. Die Chancen stehen nicht schlecht, denn andere Studenten haben ganz ähnliche Ideen, obwohl sie in anderen Gruppen gearbeitet haben.
Andere Ideen sind recht kühn. Zwei Stundeten konnten sich vorstellen, Hochhäuser in die Altstadt zu setzen. Entstehen sollen sie auf den Flächen, auf denen jetzt noch Ruinen stehen. "Auf diese Weise wird durch geringen Flächenverbrauch die Anzahl der Menschen, die als neue Bewohner nach Glashütte kommen, maximiert", begründen die Studenten ihren Vorschlag.
Melanie Huhmann, Professorin für Urbanismus und Entwerfen, die zur Eröffnung der Galerie nach Glashütte gekommen war, ist von den Arbeiten angetan. "Das Thema ist bei meinen Studenten auf großen Zuspruch gestoßen, weil sie in der Region etwas machen wollten". Erfreulich sei, dass sich auch spanische Studenten beteiligt haben. "Diese haben dort ähnliche Probleme wie wir in Deutschland. Der Ländliche Raum in Spanien hat es aber noch schwerer. Dort konzentriert sich alles auf die großen Städte."
Die Ideen der Studenten sollen im weiteren Prozess des Projektes eine Diskussionsgrundlage sein. "Selbst, wenn eine Seilbahn unrealistisch erscheint, kann man trotzdem darüber sprechen", sagt die Professorin. "Wie komme ich auf den Berg rauf? Im Laufe der Jahre werden die Ideen auf das Machbare heruntergeschraubt."
Mit den Ideen möchte die Professorin eine Diskussion unter den Glashüttern auslösen, über Mobilität, über das Verhältnis der Kernstadt zu den Ortsteilen und zu einem möglichen neuen Stadtteil.

Die Professorin selbst möchte sich nicht festlegen, wo der neue Stadtteil entstehen soll. Sie hat aber Prämissen: "Die Höhenmeter sind nicht das Problem." Der Stadtteil sollte nah an der Bahnstrecke entstehen und möglichst wenig Fläche einnehmen. Es sollen keine Hochhäuser, sondern zwei- bis dreistöckige Häuser entstehen.
Glashütte hat gute Chancen, denn die Kleinstädte hinter den Speckgürteln der Großstädte wachsen. In zehn bis 15 Jahren könnte Glashütte vom Bedarf her die Chance bekommen.
Die Dresdnerin Claudia Muntschick vom Team Kreatives Sachsen möchte im Herbst mit dafür sorgen, dass die mutigen Ideen realisiert werden können. Sie möchte 20 bis 25 Unternehmer, die in der Kreativwirtschaft arbeiten und später als Multiplikatoren wirken sollen, nach Glashütte einladen.
Vielleicht gelingt es, den einen oder anderen für einen Umzug zu begeistern. "Kreative kommen nicht wegen der Arbeitsplätze, sie bringen ihre Arbeit mit." Sie kämen vor allem wegen der Lebensqualität.
Für die Uhrenstadt spricht einiges: Glashütte ist mit Bus und Bahn gut zu erreichen und durch die Uhrenindustrie vielen ein Begriff, sagt sie. Zudem sei hier schon vieles passiert. Im Unterschied zu anderen Orten könne sich der Bahnhof hier sehen lassen. "Und es gibt auch Cafés."
Und wie reagieren die Glashütter? Die Mehrzahl der Stadträte war begeistert. Viele der knapp 80 Bürger, die am Nachmittag die Ausstellung besuchten, waren überrascht - auch von der Ansprache der Studenten, die oft auch englische Begriffe nutzen. Eines ist den Initiatoren gelungen: Über die Ideen wird gesprochen.
Die Ideen-Galerie-Nr. 1 wird in den nächsten Wochen immer wieder geöffnet sein. Aktuelle Öffnungszeiten kennt Bianca Braun in der Tourist-Information. Außerdem werden die Zeiten an der Galerie veröffentlicht.