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Wie der Einkauf aufs Dorf kommt

Fahrende Händler verkaufen jetzt im Görlitzer und Nieskyer Umland mehr Ware. Hamstern ist aber nicht der Grund dafür.

Von Gabriela Lachnit
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Andreas Kirsche ist auf dem Eigen unterwegs und bringt Gemüse zu den Menschen. Das macht er seit 30 Jahren.
Andreas Kirsche ist auf dem Eigen unterwegs und bringt Gemüse zu den Menschen. Das macht er seit 30 Jahren. © Gabriela Lachnit

Fünf Frauen warten vor dem geschlossenen Kindergarten auf den Bäcker und das Gemüseauto. Jeden Dienstag, kurz vor 9 Uhr, ist das so in Jauernick-Buschbach. Es ist die letzte Station in dem kleinen Bergdorf im Landkreis Görlitz, bevor es zum nächsten Ort weitergeht. Diesmal ist Andreas Kirsche mit seinem fahrenden Obst- und Gemüsehandel zuerst da.

Der 51-Jährige ist für den Gartenbau Geyer aus Schönau-Berzdorf unterwegs. Vorrangig Dörfer auf dem Eigen und in Richtung Görlitz steuert er mit seinem mobilen Geschäft an. Bis zu neun Orte sind es täglich. Auch am Carolinum, einer Einrichtung für betreutes Wohnen, in Görlitz-Rauschwalde macht er Station. 

Andreas Kirsches fahrender Gemüsehandel ist gut ausgestattet. Südfrüchte, Radieschen, Äpfel und Birnen, Blumenkohl, Kartoffeln, Weichaer Sauerkraut und eine ganze Menge anderer Vitaminspender bietet er an. Suppengrün als Bund wird verlangt. Das hat er grade nicht da. Aber die Kundin bekommt das Gewünschte trotzdem. Andreas Kirsche hat es aus Möhren, Sellerie und  Porree "zusammengeschnitten", wie er sagt. Was davon übrig bleibt - darauf wartet sicher schon eine Kundin in einem der nächsten Orte, vermutet der Gemüsehändler. 

Seit 30 Jahren fahrender Händler

Etliches aus dem Angebot im Gemüsemobil kommt aus dem Gartenbau Geyer, auch ein Rest an Stiefmütterchen. Schnittblumen hat Kirsche jetzt nicht im Angebot. Dafür wie seit Langem Eier und Nudeln, beides vom Bauernhof Frank Zelyk aus Kemnitz.

Was der Gartenbau Geyer selbst nicht anbaut, holt Andreas Kirsche täglich aus Rothenburg von der Firma Marktfrisch. Und die bietet viel Obst und Gemüse aus der Region an, darunter Gurken aus Tauchritz. "Darauf legen die Kunden viel Wert", sagt der Händler. Überhaupt seien die älteren Dorfbewohner froh, dass überhaupt noch ein Händler in die Dörfer kommt, nicht nur jetzt in der Coronavirus-Zeit, sagt Kirsche.

Er trägt seinen Teil dazu bei, denn seit der Wende, also 30 Jahre lang, ist er mit dem Obst- und Gemüse-Mobil unterwegs im südlichen Landkreis Görlitz. Kein Wunder, dass der Mann fast alle Kunden seit Langem kennt. Bei vielen weiß er schon im Vorfeld, was gewünscht wird. Er kennt die kulinarischen Vorlieben der Leute auf dem Lande.

Mitgebrachte Stoffbeutel sind im Moment tabu

Inzwischen ist auch der Bäckerwagen angekommen. Immer am Dienstag und am Donnerstag beliefert die Bäckerei Geißler aus Ostritz das Bergdorf und andere Orte im Umkreis. An den anderen Tagen ist er ebenfalls im Kreisgebiet unterwegs. Wolfgang, der freundliche Backwarenverkäufer, wird ebenfalls schon erwartet. Mehr von sich mag der Mann nicht verraten, ein Foto schon gar nicht machen lassen.

Aber erzählen, das geht. Brot, Semmeln aller Art, Kuchen und Süßes zum Kaffee bietet er an. "Die Kundschaft kauft ganz normal ein", sagt er. Von Hamsterkäufen spüre er nichts. "Klar wird jetzt etwas mehr gekauft", sagt er. Aber das liege daran, dass jetzt viel mehr Leute zu Hause sind und versorgt werden wollen. Jetzt sind auch Menschen Kunden bei ihm, die sonst um diese Zeit zur Arbeit sind und kein Homeoffice haben. Das sieht Andreas Kirsche nebenan im Gemüsemobil genauso. Auch er merkt nichts von Hamsterkäufen - Toilettenpapier hätten sie sowieso nicht im Angebot. Die Männer können sich diesen Scherz nicht verkneifen und lachen.

Neu im Bäckerwagen ist, dass Wolfgang die Backwaren nicht mehr in die mitgebrachten Stoffbeutel der Kunden gibt. Jetzt werden Plastiktüten verwendet. "Es würde keinen Sinn machen, wenn ich hier mit Handschuhen arbeite und dann am Abend etwa 100 Beutel von den Leuten angefasst hätte", erklärt er.

Inzwischen sind die Kunden am Standort vor der Kita "abgefertigt". Eine Viertel Stunde etwa hat das gedauert. Andreas Kirsche und Wolfgang schließen ihren fahrenden Laden. Weiter geht es ins nächste Dorf.

Der Fahrplan ändert sich täglich

Die Görlitzer Bäckerei Raschke aus Biesnitz ist ebenfalls mit einem Bäckerauto unterwegs. Aber  die Touren ändern sich beinahe täglich. Nur verschiedene Heime, die werden nach wie vor regelmäßig beliefert. Aber auf den Wochenmärkten, darunter der in Niesky, gibt es derzeit nichts zu verkaufen, sagt die Bäckersfrau. Der Wochenmarkt ist seit Mittwoch geschlossen, andere schon länger. "Soweit wie möglich, wollen wir natürlich die Kunden weiter mit unserem mobilen Angebot versorgen", sagt Frau Raschke. Aber an welchem Tag wo genau, das kann sie nicht sagen.

Bäckerwagen vor der Fleischerei in Ebersbach

Die Königshainer Bäckerei Melzer steht täglich für mehrere Stunden in Girbigsdorf mit einem mobilen Laden vor der Fleischerei Olbrich. "Das bleibt auch so, solange es nicht verboten wird", bestätigt Gerd Eichler. Seine Frau Heiker Eichler ist die Inhaberin der Bäckerei. An den Wagen kommen jetzt mehr Kunden, "weil mehr Leute zu Hause sind und sich die Backwaren nicht von unterwegs mitbringen", erklärt Gerd Eichler.

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