Seit Mitte Juni gibt es ein Angebot der Bundesregierung, das für Jugendliche einen Anreiz schaffen soll, Konzerte, Museen, Kinos und Theater zu besuchen oder Bücher zu lesen.
Der elektronische "Kulturpass", eine Smartphone-App, hält für alle, die 2023 ihren 18. Geburtstag feiern, ein Guthaben von 200 Euro bereit, das sie zwei Jahre lang für bis zu 20 Kilometer von ihrem Wohnort entfernte Kulturangebote nutzen können. Das ist der Jahrgang 2005, also genau diejenigen, die in der Coronazeit begonnen hätten, auszugehen und Kulturangebote auf eigene Faust zu erkunden.
Auf der anderen Seite sollen mit dem Kulturpass Kultureinrichtungen unterstützt werden: Den beteiligten Theatern, Museen, Buchhandlungen, Konzertveranstaltern oder Kinos werden die per Kulturpass eingelösten kostenlosen Eintritte vom Bund erstattet.
Görlitzer Theater, Kino und Konzerte sind vertreten
Wo genau die 18-Jährigen ihre Guthaben einlösen können, steht für Görlitz und Umgebung jedoch noch nicht ganz genau fest. Große Anbieter von Veranstaltungen haben sich bereits registriert und passende Angebote eingestellt.
- Nachrichten per Push erhalten - hier können Sie sich anmelden.
So können Jugendliche in der Kulturpass-App bereits Tickets des Gerhart-Hauptmann-Theaters für "Malfi", den Tanzabend "Choris Voces" in der Obermühle sowie für die Zittauer Sommertheaterproduktionen "Blutsbrüder" und "Max und Moritz" buchen.
"Der Kulturpass ist aus unserer Sicht eine gute kulturpolitische Initiative, die wir gern in unsere Arbeit einbinden", sagt Philipp Bormann, der Verwaltungsleiter des Theaters. Es sei eine Einladung an junge Menschen, kulturelle Angebote zu nutzen, und helfe, finanzielle Zugangsbarrieren zu überwinden. "Wir werden das Angebot noch erweitern."
Auch die Konzerte der Landskron-Brauerei sind in der App vertreten, ebenso Gutscheine des Görlitzer Filmpalasts und über eine Million Bücher, weil Thalia ebenfalls mit seinem Angebot präsent ist.
Kleinere Anbieter jedoch oder auch die Museen sind noch dabei, die Rahmenbedingungen zu prüfen oder die technischen Voraussetzungen für die Nutzung des Kulturpasses einzurichten. Die drei großen Görlitzer Museen Senckenberg, Görlitzer Sammlungen und das Schlesische Museum, ebenso der Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverband und die Nieskyer Museen finden die Initiative zum Kulturpass grundsätzlich gut und würden sich gern beteiligen, müssen aber noch einige Hürden bei der technischen Einrichtung zum Online-Verkauf ihrer Tickets oder Museumsshop-Angebote überwinden.
Einrichtung ist für Anbieter umständlich
So muss bei der Einrichtung des jeweiligen "Shops" auf der Kulturpass-App zum Beispiel die beim Finanzamt beantragte Elster-Zertifikationsdatei des Unternehmens bereitgehalten werden, auf die üblicherweise nur ganz bestimmte Mitarbeiter Zugriff haben, wenn überhaupt. Unklar ist auch noch, wie Angebote online gebucht werden sollen, die bisher gar nicht in einem Online- oder Ticketshop verfügbar sind. So sagt Sarah Kinsky vom Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverband, dass die Eintrittskarten für die Museen in Reichenbach, Krobnitz, Königshain und Markersdorf bisher nur gegen Barzahlung verkauft werden. "Wir sind gern dabei, aber wissen noch nicht, wann."
Einfacher scheint die Verknüpfung mit der Kulturpass-App für Unternehmen zu sein, die bereits einen Online-Shop haben oder ihre Eintrittskarten über große Ticketvermarkter wie Eventim oder Reservix verkaufen. So war Enrico Kasper, Geschäftsführer der Europa Chor Akadamie, regelrecht überrascht, dass die über Eventim buchbaren Tickets für die beiden Seebühnenkonzerte, die der Chor an diesem Freitag und Sonnabend am Berzdorfer See gibt, bereits über den Kulturpass zu haben sind. Als er selbst den Zugang zum Kulturpass einrichten wollte, war ihm der organisatorische und zeitliche Aufwand dafür zu hoch. "Eigentlich sollte alles intuitiv und selbst erklärend gehen", sagt er, "doch ganz einfach ist die Einrichtung nicht."
- Hier können Sie sich für unseren kostenlosen Görlitz-Niesky-Newsletter anmelden.
Das betrifft möglicherweise auch die Nutzerseite. Voraussetzung zur Registrierung ist zum Beispiel ein Personalausweis mit Online-Funktion. Philipp Bormann vom Theater sagt allerdings, die Online-Funktion sei bei allen ab 2017 beantragten Personalausweisen automatisch integriert, die Kulturpass-App funktioniere auch problemlos mit der Ausweis-App2, über die man die Online-Funktion des Ausweises beantragen könne. "Wir sehen darin keine Hürde."
Radius von 20 Kilometern wird zum Wermutstropfen
Ein echtes Manko ist jedoch die Eingrenzung der Angebote auf einen Radius von 20 Kilometer vom Wohnort. So können Nieskyer vielleicht noch die Görlitzer Angebote nutzen, aber nicht die Zittauer – und Zittauer nicht die Nieskyer Angebote. Auch zwischen Görlitz und Zittau liegen mehr als 20 Kilometer. Speziell in Görlitz könnte es außerdem zu Irritationen wegen des Namens "Kulturpass" kommen. Denn das Schlesische Museum und die Melanchthon-Oberschule haben 2018 ein gleichnamiges Angebot mit der Abkürzung KuPa für Schüler entwickelt, die sich den Besuch von Kultureinrichtungen abstempeln lassen und so ihre Schulnoten verbessern können.
Über die Coronazeit hinweg sei die Nutzung dieses Instruments, das Jugendliche in die Museen ziehen soll, zwar etwas in Vergessenheit geraten, sagt Jasper von Richthofen, Direktor der Görlitzer Sammlungen. Aber die Idee sei nach wie vor gut, sie müsse nur unter den Schulen noch weiter Verbreitung finden. Für den Kulturpass der Bundesregierung sagt er: "Der Aufwand zur Beteiligung ist hoch, aber man muss es ausprobieren und dann gegebenenfalls nachsteuern."