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Görlitzer Kulturstiftung würde gern Helfer anstellen

Die evangelische Stiftung hat einen nationalen Preis bekommen. Dennoch bleibt ein strukturelles Problem: Sie braucht eine solide Finanzierung.

Von Gabriela Lachnit
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Janet Conrad ist die Geschäftsführerin der Evangelischen Kulturstiftung Görlitz. Hier steht sie am Heiligen Grab in Görlitz und zeigt ein neues Geocaching Spiel.
Janet Conrad ist die Geschäftsführerin der Evangelischen Kulturstiftung Görlitz. Hier steht sie am Heiligen Grab in Görlitz und zeigt ein neues Geocaching Spiel. © Nikolai Schmidt

Margrit Kempgen ist "richtig stolz, nicht auf mich persönlich, sondern auf die Evangelische Kulturstiftung Görlitz und alle, die mitarbeiten und mitgearbeitet haben", sagt sie. Denn die Kulturstiftung erhielt jetzt die höchste Ehrung, die es in Deutschland für ehrenamtliches Engagement beim Denkmalschutz gibt, den Deutschen Preis für Denkmalschutz.

Vom Jahr 2000 bis 2018 führte die heute 71-Jährige die Geschicke der Kulturstiftung als Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführerin. "Wir haben so viel geschafft", erinnert sie sich und freut sich zugleich, dass sowohl die Deutsche Stiftung Denkmalschutz als auch die Stadt Görlitz immer an die Kulturstiftung geglaubt haben.

Fördermittel, Spenden und Helfer vom Jobcenter

1996 wurde die Evangelische Kulturstiftung Görlitz gegründet. Mit einem Stiftungskapital von 40.000 D-Mark wollte sie den Görlitzer Nachbau des Heiligen Grabes sowie die älteste erhaltene Görlitzer Kirche St. Nikolai zusammen mit ihrem Nikolaifriedhof bewahren, betreuen und für Besucher erschließen, unter anderem mit Führungen. "Denn erst die Führungen machen die Kulturdenkmale für die Menschen erlebbar und sorgen dafür, dass Besucher deren Bedeutung besser verstehen", erklärt die 71-Jährige. Das ist gelungen, wie nicht nur die Ehrung zeigt. Die nicht mehr gottesdienstlich genutzte und gefährdete Nikolaikirche - sie wurde 1925 entwidmet - wird durch die Kulturstiftung erhalten und gepflegt.

Der Großteil der Arbeiten geschah und geschieht im Ehrenamt und mit Spenden. "Die Stiftung bekommt keine finanziellen Kirchenmittel", erklärt Frau Kempgen. Auch deswegen gingen die Mitarbeiter der Stiftung und die vielen Ehrenamtlichen Schritt für Schritt vor und arbeiteten systematisch an ihren Vorhaben. Finanzielle Mittel unter anderem aus der Altstadtstiftung, von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und vor allem Spenden machten es möglich, beispielsweise Deckengemälde in Grufthäusern oder Epitaphe zu restaurieren.

Auch die expressionistische Ausgestaltung der Nikolaikirche im Andenken an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs wäre ohne finanzielle Hilfe nicht möglich gewesen. Der Eigenanteil, den die Stiftung als Antragsteller für Fördermittel selbst aufbringen muss, wurde beispielsweise auch mit Einnahmen aus Führungen erwirtschaftet. "Es ist schon erstaunlich, was alles möglich war, trotz des geringen Stiftungskapitals", erinnert sich Frau Kempgen.

Sie denkt dabei aber auch an die Unterstützung vieler Ehrenamtlicher sowie der vom Jobcenter. Minijobber, die zur Stiftung geschickt wurden, um zu helfen, seien fast alle anfangs skeptisch, am Ende ihrer Tätigkeit aber sehr begeistert für die Stiftung gewesen. Manche von ihnen engagieren sich ehrenamtlich weiter.

Hans Wissel schuf einst zwei Skulpturen für die Nikolaikirche. Doch der Künstler ist kaum bekannt. Das wollte 2018 eine Schau ändern. Auf dem Foto: Margrit Kempgen, damals Geschäftsführerin der Evangelischen Kulturstiftung und Christian Wissel, Sohn des Künstlers.
Hans Wissel schuf einst zwei Skulpturen für die Nikolaikirche. Doch der Künstler ist kaum bekannt. Das wollte 2018 eine Schau ändern. Auf dem Foto: Margrit Kempgen, damals Geschäftsführerin der Evangelischen Kulturstiftung und Christian Wissel, Sohn des Künstlers. © Pawel Sosnowski/Archiv
Epitaph von Georg Emmerich in der Familiengruft der Emmerichs auf dem Görlitzer Nikolaifriedhof.
Epitaph von Georg Emmerich in der Familiengruft der Emmerichs auf dem Görlitzer Nikolaifriedhof. © SZ-Archiv
Die Grufthäuser auf dem Nikolaifriedhof bieten interessante Fotomotive.
Die Grufthäuser auf dem Nikolaifriedhof bieten interessante Fotomotive. © SZ-Archiv
Margrit Kempgen von der Evangelischen Kulturstiftung freut sich, dass das Kustoshaus am Heiligen Grab saniert werden konnte.
Margrit Kempgen von der Evangelischen Kulturstiftung freut sich, dass das Kustoshaus am Heiligen Grab saniert werden konnte. © SZ-Archiv
Kustoshaus Heiliges Grab in Goerlitz.
Foto: Pawel Sosnowski
Kustoshaus Heiliges Grab in Goerlitz. Foto: Pawel Sosnowski © Archivfoto: Pawel Sosnowski
Heiliges Grab,
"Originaler" als das Original: Die Grab-Kapelle ist eine Kopie des Heiligen Grabes in Jerusalem, wie es vor 500 Jahren aussah. Im Vordergrund ist der Grabstein zu sehen.
Foto: SZ-Thomas Lehmann, Görlitz, 31.03.2004
Foto: / /
Heiliges Grab, "Originaler" als das Original: Die Grab-Kapelle ist eine Kopie des Heiligen Grabes in Jerusalem, wie es vor 500 Jahren aussah. Im Vordergrund ist der Grabstein zu sehen. Foto: SZ-Thomas Lehmann, Görlitz, 31.03.2004 Foto: / / © Thomas Lehmann

Auszeichnung für ein großes Team

Janet Conrad, die aktuelle Geschäftsführerin der Evangelischen Kulturstiftung Görlitz, sähe es gern, wenn ein Teil dieser Mitarbeiter, die über das Jobcenter finanziert werden, bei der Kulturstiftung angestellt werden könnten. Das gäbe den Menschen, die zum Großteil lange arbeitslos waren, eine Perspektive, wieder im ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Die Stiftung hat allerdings dafür kein Geld. Janet Conrad sieht hier ein strukturelles Problem, das die Stiftung hat: "Über die Jahre haben wir uns übers Ehrenamt gerettet", sagt sie. Die Stiftung benötige eine solide, kontinuierliche Finanzierung, eventuell über eine institutionelle Förderung. Das Potenzial, Langzeitarbeitslose wieder in einen sozialversicherungspflichtigen Job zu bringen, sei vorhanden. "Und es sind auch immer fähige Menschen da, die wir gern einstellen würden, aber nicht können", erklärt die Geschäftsführerin.

Auch wenn mit der Auszeichnung keine finanziellen Mittel verbunden sind, freut sich Janet Conrad über die Aufmerksamkeit, die der Görlitzer Stiftung nun zuteil wird. Denn die Stiftung, die als Team erfolgreich ist, hat noch viel vor. Gerade erst wurde die Neubauer-Gruft saniert, die Schrickelsche Grabstätte erhält derzeit ein neues Geländer. Peter Mitsching, vormals Leiter der Görlitzer Unteren Denkmalbehörde und nun Rentner im Unruhestand, restaurierte eben erst Schilder am Beinhaus und am Epitaph Hesse auf dem Nikolaifriedhof, sodass man die Schrift wieder lesen kann.

In der Nikolaikirche gehen die Malerarbeiten weiter, denn die Kirche soll auch künftig Ausstellern einen Raum geben. Sie soll zudem ein Lernort für den Frieden werden, betont Frau Conrad. Die Aufmerksamkeit, die die Kulturstiftung bundesweit mit der Preisübergabe im Oktober in Berlin erfährt, sieht die Geschäftsführerin sehr positiv. Bereits am 19. September rückt die Kulturstiftung ins Licht der Öffentlichkeit, wenn am Tag der Via Sacra auch am Heiligen Grab in Görlitz, das Bestandteil dieser Heiligen Straße ist, eine besondere Veranstaltung stattfindet.

Im nächsten Jahr ist die Kulturstiftung vom 24. bis 26. Juni beim Lausitz-Kirchentag mit einer Station am Heiligen Grab an der Ausgestaltung dieses Festes dabei. Namhafte Persönlichkeiten, wie der Archäologe und Theologe Professor Dieter Vieweger, Direktor eines wissenschaftlichen Instituts in Jerusalem, sind dann nach Görlitz eingeladen.