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Museen Görlitz/Niesky: Warum die Besucher zurückkehren

Die Pandemie wirkt immer noch nach, aber die Gäste kommen allmählich wieder. Nach Niesky zieht es sogar wesentlich mehr Menschen als vor Corona.

Von Ines Eifler
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Der Leiter des Senckenberg-Museumsbereichs Axel Christian erkundet in der Grundwasserausstellung virtuell ein Höhlensystem und begegnet dabei einem Grottenolm.
Der Leiter des Senckenberg-Museumsbereichs Axel Christian erkundet in der Grundwasserausstellung virtuell ein Höhlensystem und begegnet dabei einem Grottenolm. © Martin Schneider

In das wasserdurchflutete Höhlensystem eines Karstgebirges eintauchen zu können, fasziniert Besucher der Sonderausstellung "Grundwasser lebt!" immer wieder – wie auch Axel Christian, den Leiter des Museumsbereichs bei Senckenberg.

Vorsichtig bewegt er die Joysticks, um diese fremde Welt zu erkunden, begegnet einem Grottenolm, der in den unterirdischen Flüssen Sloweniens zu Hause ist, und anderen seltenen Tieren. Und das ist nur eine der modernen Attraktionen, mit denen es die Görlitzer Museen 2022 nach zwei schweren Corona-Jahren schafften, wieder Besucher anzuziehen.

Görlitz 2022: weniger Besucher als vor Corona

Insgesamt hatten sowohl das Senckenberg Naturkundemuseum als auch die Städtischen Sammlungen und das Schlesische Museum weniger Besucher als in früheren Jahren bis 2019, was nicht verwundert.

Anfang 2022 waren alle drei großen Görlitzer Museen noch geschlossen. Im Frühjahr konnte man die Ausstellungen zwar wieder besuchen, doch das Masken-, Abstands- und Impfgebot oder auch die Sorge vor einer Ansteckung hielt noch viele Gäste davon ab.

Marie Karutz, die neue Museumspädagogin der Görlitzer Sammlungen, führt seit November Gruppen durchs Städtische Museum.
Marie Karutz, die neue Museumspädagogin der Görlitzer Sammlungen, führt seit November Gruppen durchs Städtische Museum. © Martin Schneider

Danach aber ging es allmählich aufwärts. Dank so großartiger Sonderschauen wie "Weltenwanderer" ab April oder "Silber für Sklaven" ab Juli im Kaisertrutz, "Porzellanland Schlesien" zur gleichen Zeit im Schlesischen Museum und jener spektakulären Ausstellung "Grundwasser lebt!" bei Senckenberg stiegen die Besucherzahlen mit Aufhebung der Corona-Maßnahmen im Laufe des Jahres.

Niesky 2022: mehr Gäste durch MDR-Film und ein Fest

Andere Erfahrungen machte das Nieskyer Museum mit dem Johann-Raschke- und dem Konrad-Wachsmann-Haus sowie der Heimatstube Kosel. Hier lagen die Besucherzahlen 2022 weit über denen früherer Jahre. Zum einen regte der seit November 2021 neue Museumsleiter Jan Bergmann-Ahlswede viele neue Veranstaltungen an, unter anderem das Holzhausfest, zu dem im September zahlreiche Besucher kamen.

Jan Bergmann-Ahlswede fühlt sich als neue Leiter des Museums Niesky gut angekommen. Er sorgte für zahlreiche neue Veranstaltungen, sodass mehr Besucher kamen als in früheren Jahren.
Jan Bergmann-Ahlswede fühlt sich als neue Leiter des Museums Niesky gut angekommen. Er sorgte für zahlreiche neue Veranstaltungen, sodass mehr Besucher kamen als in früheren Jahren. © André Schulze

Besonders geholfen habe dem Museum auch ein Dokumentarfilm, der im Mai im MDR ausgestrahlt wurde, in dem Holzhäuser und Museum vorgestellt wurden. "So wurden zahlreiche Menschen aufmerksam und besuchten Niesky", sagt Bergmann-Ahlswede. "Davon profitieren wir noch immer." Lagen die Besucherzahlen in den Jahren vor der Pandemie bei durchschnittlich 6000, waren es 2022 fast 10.000.

Neue Museumspädagogin im Städtischen Museum

Beim Städtischen Museum Görlitz erholten sich die Zahlen im Sommer auf Vor-Corona-Niveau, sagt Museumsdirektor Jasper von Richthofen. Auch konnten in der Adventszeit noch einmal sehr viele Menschen erreicht werden, als die neue Museumspädagogin Marie Karutz begann, zahlreiche Kindergruppen durchs Museum zu führen.

So kamen ins Museum mit Kaisertrutz, Barockhaus, Reichenbacher Turm und Nikolaiturm 27.000 Gäste – mehr als etwa 2018, aber weniger als in Spitzenjahren wie 2017, als DDR- und Millionenwunderausstellung 38.000 Menschen anzogen.

Porzellan und Schlesien nach 1945 im Schönhof

Das Schlesische Museum machte 2022 nicht nur mit den großen Porzellanausstellung auf sich aufmerksam, sondern erweiterte auch seine Dauerausstellung. Seit September kann man sich auf Tablets über zahlreiche Aspekte zu Schlesien seit 1945 informieren.

"Porzellanland Schlesien" ist noch bis Ende Februar im Schlesischen Museum zu sehen. Alexander Szalapski (l.) und Martin Kügler zeigen in zwei Ausstellungen so viel schlesisches Porzellan wie nie zuvor.
"Porzellanland Schlesien" ist noch bis Ende Februar im Schlesischen Museum zu sehen. Alexander Szalapski (l.) und Martin Kügler zeigen in zwei Ausstellungen so viel schlesisches Porzellan wie nie zuvor. © Paul Glaser/glaserfotografie.de
Museumsleiterin Agnieszka Gasior (r.) eröffnete die von Martina Pietsch (l.) erarbeitete erweiterte Dauerausstellung des Schlesischen Museums. Markus Bauer hatte es als bisheriger Direktor angeregt.
Museumsleiterin Agnieszka Gasior (r.) eröffnete die von Martina Pietsch (l.) erarbeitete erweiterte Dauerausstellung des Schlesischen Museums. Markus Bauer hatte es als bisheriger Direktor angeregt. © Martin Schneider

Das Schlesische Museum hatte mit 16.000 Gästen zwar doppelt so viele Besucher wie 2021, aber weniger als in früheren Jahren, als die Zahl bei 26.000 bis 30.000 lag. Museumsleiterin Agnieszka Gasior ist dennoch zuversichtlich: "Wir konnten dafür wesentlich mehr polnische Besucher als bisher begrüßen." Mehrere Werbemaßnahmen in Polen von Großplakatierungen bis zur Ansprache von Schulen taten ihre Wirkung.

Erleichterungen für Blinde im Senckenberg Museum

Das Senckenberg Museum ging 2022 einige neue Schulkooperationen ein, sodass mehr Kinder und Jugendliche die Angebote nutzen. Insgesamt hatte es rund 28.000 Besucher – in den Jahren vor Corona lag die Zahl bei bis zu 36.000.

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Auch Senckenberg hat in die Dauerausstellung investiert, und zwar durch zahlreiche Maßnahmen, die Blinden, Hörgeschädigten und Rollstuhlfahrern den Zugang erleichtern. Es gibt mehr Hör- und Duftstationen, Elemente zum Berühren, einen Audioguide, der erkennt, wo im Raum sich der Besucher befindet, ein Leitsystem am Boden sowie mehr Komfort für Rollstuhlfahrer.

Das neue Bodenleitsystem für Menschen mit Seheinschränkungen im Senckenberg Naturkundemuseum.
Das neue Bodenleitsystem für Menschen mit Seheinschränkungen im Senckenberg Naturkundemuseum. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Görlitzer Traditionen ums Essen im Kaisertrutz

In diesem Jahr öffnet auch das Städtische Museum den Zugang für besondere Besuchergruppen, indem es das Programm für demente Personen 'Fenster zur Vergangenheit' wieder aufnimmt.

Ein besonderer Höhepunkt ist ab September die Sonderausstellung geplant "Prost Mahlzeit. Essen und Trinken und Görlitz" geplant, in der es um kulinarische Traditionen in der Region gehen und die außer Touristen auch viele Görlitzer anziehen soll. Ab März werden im Kaisertrutz zeitgenössische Druckgrafiken aus Sachsen und der Lausitz zu sehen sein, das Graphische Kabinett bietet mehrere Sonderschauen.

Kunstwerke und Eisenbahn im Schlesischen Museum

Einen Blick ins eigene Depot gewährt 2023 auch das Schlesische Museum. Weil einige Bereiche gut 17 Jahre nach der Eröffnung einer Überholung bedürfen, bleibt es ab März zunächst für einige Zeit geschlossen. Bis dahin sind die Porzellanausstellungen noch zu sehen.

Auch Sebastian Gemkow, Staatsminister für Wissenschaft in Sachsen, probierte die Virtual-Reality-Brille bei Senckenberg aus. In den Winterferien wird die Begegnung mit der Bodenwelt wieder angeboten.
Auch Sebastian Gemkow, Staatsminister für Wissenschaft in Sachsen, probierte die Virtual-Reality-Brille bei Senckenberg aus. In den Winterferien wird die Begegnung mit der Bodenwelt wieder angeboten. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Nach der Wiedereröffnung werden besondere Kunstwerke gezeigt, die in den vergangenen Jahren angekauft wurden, im September eröffnet eine Ausstellung zur enormen industriellen Entwicklung Schlesiens, außerdem ist ein digitaler Rundgang durch den Schönhof in Arbeit.

Der Preis, den Vögel an Glasfassaden zahlen

Bei Senckenberg ist "Grundwasser lebt!" noch bis Mitte der Sommerferien zu erleben. Danach thematisiert die Ausstellung "Der Preis des Glases" das Vogelsterben an Glasfassaden. Zwei Fotoausstellungen führen bis zu den höchsten Gebirgen der Welt und geben Einblicke in die jahrelange Forschungsarbeit des Naturkundemuseums in der Mongolei. In den Winterferien kann man die Welt des Bodens wieder per VR-Brille erkunden.

Das Nieskyer Museum will 2023 weiter auf den Erfolgen von 2022 aufbauen, hat ein reiches Veranstaltungsprogramm aus Vorträgen und Führungen und für Mitte Juni ist wieder ein Holzhausfest geplant. Im Wachsmannhaus wird eine Architekturausstellung zu landwirtschaftlichen Holzbauten zu sehen sein sowie die Präsentation zum Wachsmannpreis, ins Raschkehaus kommt eine Schau zur Holzhaussiedlung in Ödernitz sowie eine Kunstausstellung.