Für die drei großen Görlitzer Museen ist eines der besucherschwächsten Jahre zu Ende gegangen. Kamen in den vergangenen Jahren durchschnittlich 90.000 Besucher pro Jahr in die Museen, waren es im Jahr der Schließungen und Beschränkungen insgesamt nur etwa 54.000, wobei das Schlesische Museum mit etwa 10.000 statt 25- bis 30.000 Besuchern am meisten eingebüßt hat.
"Es war ein schwerer Einbruch", sagt Museumsdirektor Markus Bauer, "die Lockdowns fielen genau in die Zeiten, in denen wir sonst die meisten Besucher haben." Auch dass der Christkindelmarkt mitsamt dem Kunsthandwerkermarkt im Schönhof ausfiel, machte sich deutlich bemerkbar. Über den Sommer hätten sich die Zahlen zwar normalisiert, aber mehr Leute als sonst in diesen Monaten seien nicht dagewesen.
Sommertouristen besuchten Kaisertrutz
Anders im Kulturhistorischen Museum. Dort kamen im Sommer deutlich mehr Besucher als üblicherweise in dieser Zeit. Der Ansturm der Touristen, die mehrtägigen Aufenthalte von Familien wirkten sich aus. "Das Haus war voll", sagt Museumsdirektor Jasper von Richthofen, "die Besucherzahlen waren Mitte des Jahres doppelt so hoch wie sonst."

So sanken in Kaisertrutz und Barockhaus Neißstraße 30 die Zahlen auf zwei Drittel im Vergleich zum Durchschnitt der vergangenen Jahre. Genauso war es bei Senckenberg.
"Das Görlitzer Naturkundemuseum ist aber nur zum Teil ein Schaumuseum", sagt dessen Direktor Willi Xylander. Auch wenn es im "schwierigen Jahr" 2020 weniger Einnahmen aus Eintrittsgeldern hatte – der weitaus größere Forschungsbereich laufe nach wie vor erfolgreich: "Wie wir uns das gewünscht haben." Forschungsgelder seien weiter und neu bewilligt worden, sodass Mitarbeiter weiterbeschäftigt werden und einige neu eingestellt werden konnten.
"Dennoch sind wir traurig, dass wir unsere Aufgabe der Vermittlung unserer Forschungsergebnisse in die Gesellschaft kaum wahrnehmen konnten", sagt Willi Xylander. Nicht nur das Museum sei viele Wochen geschlossen gewesen, auch die Wanderausstellungen "Die dünne Haut der Erde" konnte auswärts nur wenig gezeigt werden und Veranstaltungen wie Vortragsreihen fielen aus.
Riesengebirge als Kunstlandschaft und mehr Schlesien
Manche der ausgefallenen oder nur kurz gezeigten Ausstellungen wird man nach dem aktuellen Lockdown vielleicht noch sehen können, andere nicht. Die Schau zum Schlesischen Glas im Schönhof etwa war kaum öffentlich zu sehen und konnte auch nicht verlängert werden, weil Leihgaben an ihre Herkunftsorte zurückkehren mussten. "Das hat uns sehr geschmerzt", sagt Markus Bauer.
Die darauffolgende Kunstausstellung "Nicht nur romantisch" war ebenfalls nur kurz zu sehen, ist aber bis August 2021 verlängert worden. Danach wird das große Interreg-Programm des Schlesischen Museums mit dem Nationalpark Riesengebirge Früchte tragen. Zum einen mit der großen Kunstausstellung "Riesengebirge als Kunstlandschaft" ab September.
Zum anderen wird die schon länger geplante Erweiterung der Dauerausstellung zur schlesischen Geschichte im Erdgeschoss umgesetzt. Ab dem Spätherbst wird man im Lichthof des Schönhofs, wo die Bildschirme bereits 2018 für die Ausstellung zum "Breslauer Psalter" medial genutzt wurden, vor allem digital in die Geschichte Schlesiens nach 1945 eintauchen können.
Wer waren Beutelwolf und Dodo?
Bei Senckenberg war die Ausstellung "Abenteuer Neiße", die ab Februar als Preview im Dom Kultury gezeigt wurde und nach der Grenzschließung im Frühjahr zunächst nicht zurückgeholt werden konnte, nur wenige Monate statt einem Dreivierteljahr zu sehen. Sie wurde bereits abgebaut, weil sie – sobald möglich – noch in anderen Orten gezeigt werden soll.
Die Dauerausstellung des Naturkundemuseums wird sich bei ihrer Wiedereröffnung nach dem Lockdown zugänglicher für Menschen mit Einschränkungen zeigen: durch Taststationen und Audioguides sowie Erklärungen in einfacher Sprache.

In der nächsten größeren Sonderausstellung im Naturkundemuseum wird es um ausgestorbene Arten gehen: etwa den Beutelwolf oder "tasmanischen Tiger", dessen letzter Vertreter 1936 in einem australischen Zoo starb; oder den Dodo, einen flugunfähigen Vogel, den Seefahrer auf Mauritius entdeckten, als Proviant mitnahmen und damit sein Aussterben um 1690 bewirkten, nur 100 Jahre nach seiner Entdeckung.
950 Jahre Görlitz im Städtischen Museum
Im Kaisertrutz wurde der kulturhistorische Teil von "Abenteuer Neiße" bis zum 2. Mai 2021 verlängert. "Wir hoffen, dass wir bald wieder öffnen und sie noch weiter zeigen können", sagt Jasper von Richthofen. Hier musste die Ausstellung "Silber für Sklaven. Schätze des Mittelalters" ausfallen und verschoben werden. Weil es wegen der Lockdowns unmöglich war, bestimmte Leihgaben, auch aus dem Ausland, rechtzeitig nach Görlitz zu bekommen, wurde sie nun auf Mitte 2022 verschoben.
In diesem Jahr aber wird sich das Städtische Museum ab Juni dem großen Jubiläum "950 Jahre Görlitz" zuwenden. Dabei soll die Görlitzer Geschichte vor allem anhand ihrer Wendepunkte erzählt werden, ob sie sich nun positiv oder negativ auf die Stadtentwicklung auswirkten, bedeutende Entwicklungen zur Folge hatten oder als verpasste Chancen gelten können. Hier wird es wenige Exponate zu sehen geben, es wird mehr eine mediale Ausstellung sein, etwa mit Filmen, in denen gespielte Zeitzeugen auftreten.
Museen virtuell
Filme sollen in Zukunft auch bei der Präsentation des Schlesischen Museums Einsatz finden. Etwa könnte die Geschichte Schlesiens in kleinen Filmen über einzelne Objekte erzählt werden, sagt Markus Bauer. Damit ließe sich Schlesien unabhängig vom Museum erleben, aber es könne auch die Lust auf einen Museumsbesuch geweckt werden.
Virtuelle Rundgänge bieten das Städtische Museum für Barockhaus und Kaisertrutz sowie Senckenberg. Gemeinsam haben beide Museen auch einen virtuellen Neißeüberflug entwickelt, der die Veränderung von Görlitz seit dem Jahr null simuliert. Er ist bereits Teil der Ausstellung "Abenteuer Neiße", wird aber noch erweitert. Sicher wird er auch im Zusammenhang mit 950 Jahre Görlitz eine Rolle spielen.