Jeden Tag ein Konzert

Zeiten, in denen ein Fest das nächste ablöst und mehrere Konzerte am gleichen Tag stattfinden, hat es immer wieder gegeben. Viele Veranstalter im Kreis haben sich schon daran gewöhnt, dass sie nicht sie einzigen sind, wenn sie etwas planen.
Aber so viel auf einmal wie in diesem Herbst wird selten in und um Görlitz geboten. Das liegt zum Teil daran, dass wegen der Pandemie manches Fest von Mai auf den September verlegt wurde. Aber einiges, etwa das Schlesische Musikfest, kommt in diesem Jahr neu hinzu. Und das größte Fest von allen, das Lausitz-Festival ist von rund 50 auf über 80 Veranstaltungen zwischen Zittau und Guben gewachsen.

Der Kartenvorverkauf dafür läuft gut, das erste Konzert mit Elina Garanca am Mittwoch in Cottbus war ausverkauft, und auch für Martha Argerich am 9. September im Görlitzer Theater kann man online bereits keine Tickets mehr bestellen. "Viele andere Veranstaltungen müssen sich noch herumsprechen", sagt Sprecher Friedrich Carl, "doch wir sind guter Dinge."
Jazztage: Weitere Angebote tun der Szene gut
Die 25. Görlitzer Jazztage hatten ihr Auftaktkonzert Ende Juli im Hof der Post. Der Verein Kulturzuschlag hofft, dass die Begeisterung bei den Hauptkonzerten ab 30. September ähnlich groß sein wird. Bis dahin wird das Lausitz-Festival auch einige Jazzkonzerte veranstaltet haben. Friedemann Dreßler von den Jazztagen ist jedoch entspannt: Das Tingvall Trio, das am 29. August in Zittau auftritt, sei vor acht Jahren bereits am Fischmarkt zu Gast gewesen.
"Andere Künstler verkörpern andere Stilrichtungen oder lagen immer über unseren Budgets. Schön, wenn sie nun von einem millionenschwer dotierten Festival eingeladen werden können." Dass durch andere Veranstalter weitere Jazz-Angebote im Herbst 2021 zu erleben sind, tue der Szene gut, solange das Publikum neugierig bleibe, sagt Dreßler. "Kulturelle Lebendigkeit macht Görlitz anziehend. Besseres kann uns nicht passieren."

Ähnlich sehen das auch die Veranstalter des 18. Neiße-Film-Festivals, das am 16. September beginnt und eine Woche lang im Süden des Kreises, Polen und Tschechien, aber auch in den beiden Görlitzer Programmkinos stattfindet. Festivalleiterin Ola Staszel sagt, die Filmveranstaltungen des Lausitz-Festivals seien kein Hindernis. "Wir verantworten dessen Filmprogramm zum Teil selbst. Die Filmreihe in Boxberg haben wir zusammen mit dem Filmfestival Cottbus kuratiert." Und ein Teil der Kieslowski-Dekalog-Reihe, die beim Lausitz-Festival läuft, finde im Kunstbauerkino Großhennersdorf statt, dem Veranstalter des Filmfestivals.
Außerdem sei Boxberg zu weit entfernt vom Zittauer Raum, als dass sich das Publikum entscheiden müsse. Genau wie die Jazztage hätte das Filmfest normalerweise vor dem Sommer stattgefunden. "So sind die Monate, in denen Veranstaltungen wieder erlaubt sind, für das Publikum sehr voll", sagt Ola Staszel. "Zum anderen sind sicherlich noch viele verunsichert, ob sie mit Blick auf Corona überhaupt an Veranstaltungen in Räumen teilnehmen sollen."
Publikum, Corona – man muss es nehmen, wie es kommt
Die Kulturmacher müssen sich wohl überraschen lassen, wie viel Publikum zu ihren Angeboten kommt. Dazu äußern sich alle ähnlich. Sowohl für die Frage, inwieweit Veranstaltungen durch Corona beeinträchtigt sind: Geimpft, genesen, getestet ist überall die Maßgabe, großen Einfluss nehmen könne man sowieso nicht. Und auch, wofür sich das Publikum bei der Fülle entscheidet – man müsse es nehmen, wie es kommt.
Das empfindet auch Andreas Wenske so, Mitorganisator des Schlesischen Musikfestes, das erstmals nach zwölf Jahren als "Präludium" wieder stattfindet. Es beginnt am 18. September im Kloster Kreszow/Grüssau mit einem Ludwig-Güttler-Konzert und endet am 26. September in der Görlitzer Stadthalle. Dazwischen finden Konzerte auch in kleineren Orten wie Reichenbach, Markersdorf oder Ebersbach statt.

"Das Lausitz-Festival ist dann schon fast vorbei", sagt Wenske. Hier gab es im Vorfeld terminliche Absprachen, damit sich die Veranstaltungen nicht überschneiden. Inhaltlich ähnlich gelagert wie das Schlesische Musikfest ist das Kammermusikfest Oberlausitz, das vom 10. bis 17. September in Schlössern kleiner Orte der Landkreise Bautzen und Görlitz Konzerte bietet. "Es ist schön, wenn eine Region viel Kultur hat", sagt Andreas Wenske. "Man kann erst danach sagen, ob die Ballung gut ist oder sich die Feste zukünftig in ihrer Programmatik mehr unterscheiden müssten."
Kleines Oberlausitzer Festival – zu wenig Gäste
Das Sechsstädtebundfestival "Kommen und Gehen" hat in diesem Sommer bereits seine Erfahrungen gemacht. Das Team organisiert auch die "Oberlausitzer Perspektiven" auf "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland". Kommen und Gehen fand ab 9. Juli in Bautzen, Zittau, Löbau, Görlitz, Luban und Liberec statt, am 12. September erklingt das Abschlusskonzert in Krobnitz. Ein Teil der jüdischen Veranstaltungen war bereits zu erleben, weitere folgen ab 9. September bis in den November hinein.

"Wie sind insgesamt nicht zufrieden mit der Resonanz", sagt Festivalleiter Hans Narva. "Zwar sind wir im vierten Jahr ein noch junges Festival, haben aber dennoch auf mehr Publikum gehofft, trotz Corona." Lediglich das Klavierkonzert mit Jascha Nemtsov in der Löbauer Klaviermanufaktur August Förster und eine Veranstaltung in der Gedenkstätte Bautzen waren ausverkauft, auch der jüdische Spaziergang durch Zittau war sehr gut besucht.
Noch bessere Absprachen nötig
Genau wie das Lausitz-Festival möchte "Kommen und Gehen" mit besonderen Veranstaltungen in der Fläche wirken und Einwohner wie Gäste anziehen. "Ich möchte das Lausitz-Festival wirklich nicht kritisieren", sagt Narva. "Es ist toll, wenn der Blick auf die Lausitz gelenkt wird, das nützt am Ende uns allen." Aber es sei deutlich, dass man mit kleinerem Budget kleinere Plakate hängen muss, die weniger auffallen als große. Auch habe das Lausitz-Festival teilweise für dieselben Veranstaltungsorte teurere Künstler gebucht, sodass sich mancher Zuhörer lieber dafür entscheide.
"Deshalb möchten wir für die Zukunft mit den Veranstaltern ins Gespräch kommen und auch unser Profil nachschärfen", sagt Hans Narva. Besonders an dem jüdischen Programm wolle der Verein in jedem Fall festhalten. Denn in diesem Bereich gebe es bislang keine inhaltlichen Überschneidungen mit anderen Festivals.