Görlitz
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Tierpark setzt sich für bedrohte Schweine ein

Der Görlitzer Zoo macht sich für das Zootier des Jahres stark: Das Pustelschwein. Schuld an der Bedrohtheit ist die Schweinepest, aber nicht nur.

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So schön ist ein Pustelschwein.
So schön ist ein Pustelschwein. © Naturschutz-Tierpark Görlitz

Mit der Kampagne „Zootier des Jahres“ sammelt der Tierpark Görlitz in diesem Jahr Spenden für bedrohte Pustelschweinarten. „Aufgrund der sich immer weiter ausbreitenden Afrikanischen Schweinepest und der zusätzlichen Gefährdungen, ist es höchste Zeit zu handeln, bevor es für die asiatischen Pustelschweine zu spät ist“, sagt Tierarzt Dr. Sven Hammer, Tierpark-Direktor und Vorstandsmitglied der Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz.

Mit den gesammelten Spenden soll etwa auf der indonesischen Insel Java in einer Erhaltungszuchtstation eine Reservepopulation von Bawean-Pustelschweinen gebaut werden. Auch dem Schutz der seltenen Java-Pustelschweine und der bedrohten philippinische Visayas-Pustelschweine soll das Geld zugutekommen.

Viele wild lebende südostasiatische Schweinearten sind bedroht, weil ihr Lebensraum verschwindet. Schuld ist das zum Teil illegale Abholzen von Bäumen; außerdem dringt der Mensch immer weiter in ihre Gebiete vor. Ihre Restbestände sind daher in räumlich getrennte Populationen zersplittert. Ein weiteres Problem ist, dass sich die Schweine mit frei lebenden oder verwilderten Hausschweinen sowie eurasischen Wildschweinen paaren und so ihre Gene untereinander vermischen. Zudem werden die Schweine stark bejagt, zum einen, weil sie in einigen Regionen als bevorzugte Nahrungsquelle dienen und ihr Fleisch auf dem Markt oft einen höheren Preis als das der Hausschweine erzielt und zum anderen, weil sie vor allem durch Lebensraumverlust Ernteschäden verursachen.

Aktuell kommt noch eine weitere große Bedrohung für die Pustelschweine hinzu - die „Afrikanische Schweinepest“. Hierbei handelt es sich um eine hochansteckende Viruserkrankung, die in den meisten Fällen tödlich für die befallenen Schweine verläuft - und auch im Landkreis Görlitz bereits angekommen ist. Für Menschen ist das Virus ungefährlich. Während die Infektionskrankheit für die Fleischindustrie zu immensen Verlusten führt, kann die Seuche insbesondere für Pustelschweinarten, die nur in sehr begrenzten Gebieten, etwa auf kleineren Inseln leben, zur kompletten Ausrottung des Bestandes führen.

Manche Zoos können derzeit nicht züchten

Neben dem Schutz in den Ursprungsgebieten der Pustelschweine, möchte die „Zootier des Jahres“-Kampagne auch auf die missliche Lage von Schweinen in europäischen Zoos aufmerksam machen. Schon jetzt ist die Situation in Zoos durch die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest angespannt. In einigen wurde bereits eine langfristige Stallpflicht für Schweine angeordnet.

Manche Zoos müssen auf die Nachzucht sogar seltenster Schweinearten verzichten, weil vor dem Hintergrund tierseuchenrechtlicher Auflagen, die zunächst nicht zwischen Nutztieren und bedrohten Schweinearten unterscheiden, eine langfristige Haltung in zoologischen Gärten gegebenenfalls nicht mehr gewährleistet werden kann. „Wir müssen mit den Behörden, Wissenschaftlern und Entscheidungsträgern unbedingt zeitnah zusammen nach praktikablen Lösungen suchen, damit die für die Arterhaltung so wertvollen und unwiederbringlichen Zuchtbestände keinen radikalen Maßnahmen zum Opfer fallen“, sagt Tierärztin Dr. Viktoria Michel, Projektkoordinatorin der „Zootier des Jahres“-Kampagne und Zootierärztin in Görlitz.

"Pustelschweine sind nicht unbedingt Schönheiten"

"Aus der Sicht mancher Menschen sind Pustelschweine nicht unbedingt Schönheiten", gibt Michel zu. Ihren Namen verdanken sie drei Paar warzen- oder pustelartigen Schwellungen im Gesicht, die bei älteren Ebern zum sehr prägnanten Aussehen beitragen. In Gebieten, in denen wilde Schweinearten natürlicherweise vorkommen, sind diese großen, allesfressenden Landschaftsingenieure ökologische Schlüsselarten. Durch ihr Fress- und Wühlverhalten, aber auch als Beutetiere für andere bedrohte Arten und Ernährungsgrundlage indigener Völker, haben Schweine wesentliche Funktionen in großen und kleinen Ökosystemen.

Die „Zootier des Jahres“-Artenschutzkampagne wurde vor sechs Jahren mit dem Ziel ins Leben gerufen, sich für gefährdete Tierarten einzusetzen, deren Bedrohung bisher nicht oder kaum im Blick der Öffentlichkeit steht. So werden für den Titel „Zootier des Jahres“ Tierarten ausgewählt, die teils kurz vor der Ausrottung stehen, jedoch bisher keine oder eine nur sehr geringe Lobby haben und auch oft nicht im Fokus anderer Naturschutzorganisationen stehen. Hinter der Kampagne stecken vier Vereine: die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz, die Deutsche Tierpark-Gesellschaft, der Verband der zoologischen Gärten und die Gemeinschaft der Zooförderer. (SZ)