In der vergangenen Woche feierte der frühere Siemens-Chef Heinrich von Pierer seinen 80. Geburtstag. Er rettete nach der friedlichen Revolution durch die Übernahme den Görlitzer Maschinenbau vor dem Fall in die Bedeutungslosigkeit.
So ging es vielen ostdeutschen Firmen: Ihr Überleben hing vom persönlichen Einsatz weniger ab. So erlebte auch Dr. Götz Pahl die Entwicklung beim Hirschfelder Spülmittelhersteller fit. Dr. Wolfgang Groß wollte das Unternehmen aus dem Leuna-Kombinat „Walter Ulbricht“ herauskaufen, erhielt aber keine Unterstützung von Großbanken in Frankfurt/Main. Erst als er sich auf Verweis der Commerzbank an den Görlitzer Filialdirektor Götz Pahl wandte, fand er einen Partner für die Re-Privatisierung.
Doch selbst Pahl, der der erste Ostdeutsche als Filialleiter bei der Commerzbank war, musste erhebliche Widerstände aus dem Weg räumen. Manche werfen ein bezeichnendes Schlaglicht auf die Aufbaujahre: Die Dresdner Commerzbank wollte Pahls Finanzierungsvorschlag nicht genehmigen, weil bei einer Umfrage unter den Mitarbeiterinnen in Dresden kaum einer fit kannte – sie kamen allesamt aus den alten Bundesländern, wo fit bis 1990 keine Rolle spielte. Heute ist fit – nachdem es bekannte westdeutsche Marken wie rei gekauft hat – aus den Regalen großer Einkaufsmärkte nicht mehr wegzudenken.
Geschichte zeigt wie fragil der Wiederaufbau lief
Pahls Mitwirkung an der fit-Rettung ist die bekannteste Leistung des Görlitzer Bankdirektors, der an diesem Dienstag seinen 80. Geburtstag feiert. Sein Lebenslauf zeigt, wie das Flüchtlingskind aus Ostpreußen – er war das jüngste von neun Kindern – zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Notenbank, anschließend eine Karriere bei der Landwirtschaftsbank machte und schließlich kaufmännischer Geschäftsführer der Luft- und Wärmetechnik GmbH in Görlitz-Weinhübel wurde.
Doch gerade die Geschichte des mittelständischen Görlitzer Unternehmens zeigt auch, wie fragil sich der Wiederaufbau entwickelte. Als der frühere Eigentümer den Görlitzer Betrieb übernahm, führte er ihn nur noch wenige Jahre weiter und schloss ihn dann selbst. Wiederum wenige Jahre später war auch die westdeutsche „Mutter“ pleite.
Er ließ das Bankgebäude sanieren
Doch da war Pahl längst Chef der Commerzbank in Görlitz. Es standen ihm auch andere Wege offen. Eine Offerte als Chef der Niederschlesischen Sparkasse nahm er beispielsweise nicht wahr. Für die Commerzbank war das ein Segen. Denn Pahl, der ein großer Musik-Kenner und Beethoven-Liebhaber ist, baute die Bank zielstrebig aus. Dazu zählte auch die Sanierung ihres Gebäudes auf der Berliner Straße mit den unübersehbaren Figuren an der Fassade.
Dieser Beitrag für ein freundlicher wirkendes Görlitz war ihm genauso wichtig wie sein soziales Engagement, beispielsweise für das Malteser-Krankenhaus St. Carolus. Dass er zu seinem 80. Geburtstag nicht eine Veranstaltung durchführen und seine Gäste um eine Spende für einen besonderen gemeinnützigen Zweck bitten kann, schmerzt ihn sehr. Aber wer Götz Pahl auch jetzt noch über die Berliner Straße schreiten sieht, der wird hoffen, dass sich solche Gelegenheiten in der Zukunft noch ergeben werden.
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