Manche Jugendliche haben es schwer, ihren Weg ins Leben zu finden. Vielleicht weil sie nicht so behütet aufwachsen wie andere, vielleicht weil etwas sie auf die schiefe Bahn gebracht hat, vielleicht weil sie irgendwann in der Schule nicht mehr mitkamen, den Anschluss verpassten und deshalb keinen Schulabschluss haben.
Im Lebenshof in Görlitz-Ludwigsdorf können junge "gestrauchelte" Menschen eine Chance bekommen. Hier können sie sich in kleiner Gruppe auf einen Schulabschluss vorbereiten oder handwerkliche Fähigkeiten erwerben, die ihre Voraussetzungen für eine Lehrstelle verbessern.

Im Moment arbeiten 24 Jugendliche zwischen 15 und 27 Jahren in der Keramikwerkstatt, im Garten, der Holzwerkstatt – wo man auch Tischlerarbeiten bestellen kann – oder der Küche des Lebenshofes. Acht von ihnen holen in der "Produktionsschule" Wissen nach, das sie für einen Schulabschluss brauchen.
Lebenshof konnte durch Spende Personal halten
Dieses Anliegen des Lebenshofes, Jugendlichen den Start in ein selbstbestimmtes Leben zu erleichtern, hat jetzt die ökumenische Fastenaktion von vier Görlitzer Christen unterstützt. Gabi Kretschmer vom Seelsorgeamt des Bistums, der evangelische Pfarrer Albrecht Bönisch, Frank Seibel, Leiter des St.-Wenzeslaus-Stifts in Jauernick, und der Künstler Andreas Neumann-Nochten haben in enger Zusammenarbeit mit der Druckerei Augusta-Druck von Rainer Niemann auf der Augustastraße jede der sieben Wochen vor Ostern "Fastenpost" zur geistlichen Begleitung in der Fastenzeit verschickt.
Die vom Bonifatiuswerk unterstützte Aktion hatte so viele Anhänger, die auch ein "Fastenopfer" brachten, dass für den Lebenshof bisher eine Spende von 7.500 Euro zusammenkam. "Besonders in dieser Zeit sind wir auf Hilfe angewiesen", sagt Lebenshof-Leiter Enrico Schneider. Im ersten Lockdown sei der Lebenshof komplett geschlossen gewesen, dann war ein Teil der Mitarbeiter in Kurzarbeit. Über lange Wochen hinweg konnten die Jugendlichen nicht im Lebenshof zusammentreffen, dann nur vereinzelt.

"Aber man muss zu ihnen Kontakt halten!", sagt Enrico Schneider. Von Kollegen in Großstädten wisse er, dass manche Jugendliche nach Monaten des Lockdowns unauffindbar waren. Das sei hier zum Glück nicht geschehen, im Gegenteil, die Jugendlichen hätten immer wieder gefragt, wann es weitergehe. Mithilfe von Spenden sei es möglich gewesen, Personal zu halten und damit Kontakt zu den jungen Menschen.
Weitester Brief ging ins Ostfriesland
Gabi Kretschmer sagt, für das Fastenpost-Team sei es zunächst nicht einfach gewesen, ein Anliegen zu finden, für den die über 600 Empfänger der Briefe bereit sein würden, ein Opfer zu bringen. "Denn die meisten Adressaten kennen wir gar nicht." Nur ein Teil davon lebe in Görlitz, den weitesten Weg habe jede Woche ein Brief ins ostfriesische Emden zurückgelegt. Doch Jugendliche mit gebrochenen Lebensläufen kenne sicherlich jeder, sagt Frank Seibel, sodass die Empfänger der Fastenpost gern das Opfer für den Lebenshof brachten.
Mit den Briefen, die jede Woche bewusst nicht digital verschickt wurden, konnte man sich Tag für Tag durch die Beschäftigung mit Kunst, Bibeltexten und geistlichen Gedanken seine Fastenzeit gestalten: um Jesus nahe zu sein, um eine Pause einzulegen, aber auch um sich mit anderen verbunden zu fühlen. War das Team gleich zu Beginn von der Vielzahl der Interessierten überrascht, sind auch die Rückmeldungen überaus positiv.
Noch mehr Spenden erwartet
"Viele nutzen die Briefe, um sich in kleinen Gruppen mit den Inhalten zu beschäftigten", sagt Gabi Kretschmer. "Sicher haben sich somit über 1.000 Menschen an unserer Aktion beteiligt." Entsprechend hoch war die Bereitschaft für das "Fastenopfer". 7.500 Euro sind erst ein Zwischenstand. Das Team rechnet damit, dass bis Ostern noch mehr für den Lebenshof zusammenkommt.