Wie junge Görlitzer über Schönheit denken

Von Joana Winkelmann
Alex ist ein 19-jähriger Görlitzer. Seit dem Sommer macht er eine Ausbildung zum Industriemechaniker bei Görlitz. Auf sein Äußeres legt er Wert, was am frühen Morgen schon mal dazu führen kann, dass er einen Moment länger vor dem Spiegel verweilt: Haare legen, bisschen Gel. Was man so macht, um gut durch den Tag zu kommen. Doch wenn es um seine Traumfrau geht, steht Natürlichkeit bei ihm ganz oben. „Ich finde es schöner, wenn sich Frauen ungeschminkt aus dem Haus trauen. Das natürliche Gesicht ist meistens viel hübscher“, sagt er.
Das sieht Alina ähnlich. Sie geht in eine elfte Klasse an einem Görlitzer Gymnasium und ist an Mode interessiert. Doch ganz auf die Natur verlässt sie sich nicht. Um sich morgens zu schminken, benötigt sie ein Viertelstündchen. „Für mich ist es wichtig, gut auszusehen, damit ich mich selbst wohlfühle“, äußert sie. Ein eigener Style ist für sie ein „gewisser Ausdruck von Kreativität“.
Wenn junge Menschen erwachsen werden, steigt auch ihr Interesse an Aussehen und Mode. Schönheitsideale, häufig genug über Medien vermittelt, tun ihr übriges. In dieser Altersklasse spielt auch Heidi Klums Show „Germanys Next Topmodel“ eine große Rolle, die auch in diesen Tagen wieder über den Fernsehsender Pro7 ausgestrahlt wird. Das bestätigt auch Helene, eine weitere Görlitzer Schülerin. „Vor allem Werte, wie das Jung- und Schlanksein und Sportlichkeit“, fügt sie hinzu.
Die Formen mögen sich geändert haben, aber neu ist diese Entwicklung nicht. „Vor allem in der Pubertät beginnen viele Jugendliche sich Gedanken um ihr äußeres Erscheinungsbild zu machen“, sagt Ellen Hüller. Sie ist die Gründerin des Kosmetikstudios „Haus der Schönheit“ in Görlitz, das sie auch heute noch betreibt. Dass ihr Aussehen aber auch Erwachsene umtreibt, bestätigt die Medizinkosmetikerin zugleich. „Wir behandeln Jung und Alt aus Görlitz und dem Umland“, so Hüller. Der jüngste Kunde sei sogar erst zwölf gewesen. Träumen aber die Görlitzer von bestimmten Schönheitsidealen? „Nein, das gibt es nicht, dafür aber Trends. Dunkle kantige Augenbrauen und der Lidstrich sind zurzeit besonders nachgefragt“, sagt Ellen Hüller.
In Friseurgeschäften weiß man auch um die Vorlieben der Kunden. Haarverlängerungen, künstliche Wimpern und unechte Nägel seien besonders bei jungen Leuten populär, erklärt Ivonne. Sie ist Mitarbeiterin des Friseursalons „Coiffeur la fleur d’or“, der sich auf der Elisabethstraße befindet. Es seien „eher die jungen Leute, die wöchentlich eine andere Haarfarbe oder Frisur wollen. Meistens, um bestimmten Idolen nachzueifern“. Glaubt man den sozialen Netzwerken und welcher Prominente da die meisten Follower auf sich vereint, dann sind solche Idole momentan Sängerin Ariana Grande, Schauspielerin Selena Gomez oder Fußballstar Christiano Ronaldo bei den Jungs.
Mode ist auch immer eine Frage des Geldes
Doch gehen die Meinungen da eben auch sehr auseinander. Das fängt schon bei der Haarfarbe an. „Mir gefallen rothaarige Frauen. Auf bestimmte Ideale lege ich keinen Wert“, erklärt der 18-jährige Mateusz. Seinem ehemaligen Klassenkameraden Alex ist die Haarfarbe bei Frauen egal. „Wenn ich mich aber entscheiden müsste, würde ich sagen, blond ist für mich am attraktivsten.“ Andere legen mehr Make-up auf. Mateusz, der aus Polen stammt, aber seit Jahren mit seiner Familie in Görlitz lebt, hat das bei seinen Landsfrauen beobachtet.
Schönheit und Mode sind aber auch immer eine Frage des Geldes. Ihre Kunden sind durchaus bereit, viel Geld für ein besseres Hautbild auszugeben, bestätigt Studio-Betreiberin Ellen Hüller. Und auch die Jugendlichen selbst können davon ein Lied singen. „Wenn ich mir zum Beispiel neue Schuhe kaufe, setze ich auf gute Qualität und habe deshalb auch schon über 100 Euro dafür ausgegeben“, erzählt Alina. Sie ist der Meinung, wenn man mit sich selbst zufrieden ist, strahlt man automatisch mehr Selbstbewusstsein aus. Der 19-jährige Alex hingegen findet, dass Klamotten nichts mit dem Selbstbewusstsein zu tun haben. „Als selbstbewusst empfinde ich Mädchen, die nicht immer den neuesten Trends nacheifern müssen. Auch Trends, wie lange Wimpern finde ich nicht besonders schön, sondern eher unnatürlich“, fügt er hinzu.

Viele junge Menschen ziehen ihr Selbstbewusstsein aber auch über einen attraktiven Körper. Deswegen sind sie oftmals auch in Sport- oder Fitnessstudios zu finden. Das bestätigt auch eine Mitarbeiterin des Görlitzer Studios Fitinn. „Die jüngsten Kunden sind um die 16. Vereinzelnd kommen aber auch noch jüngere Kinder, dann allerdings in Begleitung der Eltern.“ Auch Kunden über 80 würden regelmäßig trainieren kommen. „Viele Kunden melden sich mit dem Ziel an, abzunehmen, viele aber auch einfach um gesund zu bleiben oder sich zu bewegen“, so die Mitarbeiterin.
Auch Alex trainiert mehrmals wöchentlich. Ihm geht es jedoch nicht darum abzunehmen oder dergleichen. „Mein Ziel war es von Anfang an, Muskeln aufzubauen und an Masse dazuzugewinnen. Mit seinen Freunden trainiert er in einem eigenen kleinen Fitnessstudio, das sie sich zusammen eingerichtet haben. Um sich neue Geräte zu kaufen, legen sie jeden Monat Geld zusammen.
Die frühere Görlitzer Friseurin Christina Liebscher ist nun schon einige Jahre in Rente. Trotzdem beobachtet sie noch gerne, wie sich bestimmte Haartrends immer wieder verändern „Schon früher war den Leuten ihr Äußeres wichtig. Besonders oft habe ich jungen Damen die Haare geschnitten, aber ich hatte auch Männer als Kunden.“ Auf irgendwelche Ideale legt sie keinen Wert. „Ich finde es viel schöner, wenn jeder einen kleinen Makel hat“, erzählt sie. „Das macht einen Menschen erst besonders.“
Joana Winkelmann ist Görlitzer Gymnasiastin und hat in den Februar-Ferien ein lang geplantes Praktikum in der Görlitzer SZ-Redaktion absolviert, das durch Corona immer wieder verschoben wurde, aber jetzt stattfinden konnte.