SZ + Görlitz
Merken

Kommt in Görlitz eine Verpackungssteuer?

Tübingen verlangt 50 Cent für Einwegverpackungen und Einweggeschirr. McDonald’s zeigt sich nicht erfreut. Die Stadt Görlitz hat eine Meinung dazu.

Von Ingo Kramer
 4 Min.
Teilen
Folgen
Müll von McDonald’s und Burger King findet sich in Görlitz oft an Straßenrändern. Vor allem – wie auf diesem Bild – nahe der Restaurants.
Müll von McDonald’s und Burger King findet sich in Görlitz oft an Straßenrändern. Vor allem – wie auf diesem Bild – nahe der Restaurants. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Die Summen klingen auf den ersten Blick ziemlich gepfeffert. 50 Cent netto müssen Verkaufsstellen in Tübingen seit 1. Januar für Einwegverpackungen wie Kaffeebecher und für Einweggeschirr wie Pommesschalen zahlen. 20 Cent netto werden fällig für Einwegbesteck und andere Hilfsmittel wie Trinkhalme oder Eislöffel.

„Verpackungssteuer“ nennt sich das Unterfangen, mit dem Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) vor allem eines will: Das Müllaufkommen in der Stadt senken. Wie die FAZ kürzlich berichtete, geht es Palmer nicht darum, mit der Steuer Einnahmen zu erzielen. Stattdessen will er Umwelt- und Entsorgungskosten vermeiden. „Wenn die Lenkungssteuer wirkt, sparen wir die Kosten der Müllentsorgung“, zitiert die FAZ den OB. Erste Erfolge zeichnen sich in Tübingen ab: Im Januar, dem ersten Monat mit Verpackungssteuer, sei 15 Prozent weniger Abfall in städtischen Mülleimern entsorgt worden, heißt es in einer Zwischenbilanz der Stadtverwaltung.

McDonald’s ist in Görlitz in der Nähe von Roller zu finden – und damit unweit des Neißeparks.
McDonald’s ist in Görlitz in der Nähe von Roller zu finden – und damit unweit des Neißeparks. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Zahlen müssen laut Tübinger Satzung die „Endverkäufer“, also Betriebe, „bei denen die verpackten Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle oder als mitzunehmendes Take-away-Gericht oder -Getränk verkauft werden.“ Das seien Imbisse, Cafés, Bäckereien und auch Tankstellen, „sofern sie solche Getränke und/oder Speisen mit Besteck und/oder warm, aufgewärmt oder gekühlt verkaufen.“

Gerade Fast-Food-Restaurants zeigen sich über die neue Steuer höchst unerfreut. Susanne Heppert, Franchisenehmerin der Tübinger Filiale von McDonald’s, klagt beim Mannheimer Verwaltungsgerichtshof gegen die Abgabe, schreibt die FAZ. Und sie ergänzt, dass Kassel 1991 als erste deutsche Stadt eine Verpackungssteuer einführte. Diese aber wurde sieben Jahre später durch das Bundesverfassungsgericht nach einer Klage von McDonald’s gekippt.

Wird McDonald’s also auch die Tübinger Verpackungssteuer zu Fall bringen? Palmer ist zuversichtlich, dass das nicht passiert: „Wir haben ein Rechtsgutachten und wissenschaftliche Literatur, die für mich überzeugend darlegen, dass das Abfallgesetz heute eine solche Steuer erlaubt.“

Doch was ist mit Görlitz? Erwägt das Rathaus eine Verpackungssteuer wie in Tübingen? „Der Stadt Görlitz ist der jetzige Vorstoß der Stadt Tübingen bekannt“, sagt Rathaussprecherin Annegret Oberndorfer. Die Verpackungssteuer sei bereits in den 1990er Jahren von mehreren Städten erhoben worden, neben Kassel unter anderem auch Chemnitz. Allerdings sei das eben vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden. Die Kommunen hätten damals lenkend in die Abfallwirtschaft eingegriffen, die per Bundesgesetz geregelt war. Das hatte das Bundesverfassungsgericht als nicht zulässig erachtet, so die Sprecherin.

Die Görlitzer Filiale von Burger King wurde im Neißepark in Königshufen errichtet.
Die Görlitzer Filiale von Burger King wurde im Neißepark in Königshufen errichtet. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Zwar hätten sich die gesetzlichen Grundlagen im Abfallrecht in den vergangenen 20 Jahren geändert. „Ob aber nach heutiger Gesetzeslage eine solche kommunale Verbrauchssteuer zulässig ist, bleibt abzuwarten“, so Annegret Oberndorfer. Zu dem derzeit beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg anhängigen Verfahren zur Tübinger Verpackungssteuer solle es in diesem Jahr eine erste Entscheidung geben. „Vorher ist eine Diskussion hierzu aufgrund der rechtlichen Problemstellung nicht sinnvoll“, sagt Annegret Oberndorfer. Das zeige sich auch daran, dass neben Tübingen keine weitere Stadt bekannt sei, die diese Steuer wieder eingeführt hat.

Die beiden Fast-Food-Ketten McDonald’s und Burger King äußern sich zum Thema Verpackungssteuer in Görlitz eher zurückhaltend. „Wir begrüßen national umsetzbare, verhältnismäßige und vor allem im Sinne des Umweltschutzes zielführende Maßnahmen“, erklärt eine McDonald’s-Sprecherin. Die Tübinger Steuer berücksichtige nicht den ökologischen Fußabdruck einer Verpackung. Ihre Firma beschäftige sich mit dem Thema Verpackung: „Ein Beispiel ist die Umstellung einiger Produkte auf dünnes Wrapping-Papier, das rund 70 Prozent weniger Material benötigt als die Kartonbox oder die Nutzung von Graspapier.“ Beim Wrapping-Papier sei McDonald’s aber noch in der Testphase. Erst nach dem Testende werde feststehen, welche Produkte umgestellt werden. Zu der Frage, ob McDonald’s in Görlitz klagen würde, könne sie nichts sagen.

Eine Sprecherin von Burger King sagt: „Die neue Verordnung zur Verpackungssteuer in Tübingen stellt alle Gastronomen vor bürokratische, hygienische, logistische und finanzielle Herausforderungen.“ Burger King setze zum Schutz der Mitarbeiter und Gäste hohe Hygienevorschriften um, die die Nutzung von Mehrweglösungen erschweren würden. Des Weiteren beobachte das Unternehmen genau, wie die juristische Überprüfung der Verpackungssteuer in Tübingen ausfällt. Umweltfreundliche Verpackungen und Mehrwegsysteme seien aber auch aus Sicht von Burger King ein essenzieller Schritt für mehr Nachhaltigkeit in der Gastronomie: „Wir arbeiten bereits an einem System für Mehrweglösungen und werden dieses in den kommenden Wochen testen.“ Nach erfolgreichem Test sollen Mehrwegalternativen flächendeckend bis 2023 angeboten werden.