SZ + Görlitz
Merken

Kommt jetzt bald die dritte Impfrunde?

Der Landkreis Görlitz verfehlt sein Ziel, bis Herbst 70 Prozent der Einwohner zu impfen. Ob das große Angebot an mobilen Impfterminen daran etwas ändert?

Von Gabriela Lachnit
 6 Min.
Teilen
Folgen
Das Impfzentrum in der Messehalle Löbau, hier der Eingangsbereich, bleibt bis Ende September geöffnet. So viel Andrang wie im Frühjahr herrscht nun nicht mehr.
Das Impfzentrum in der Messehalle Löbau, hier der Eingangsbereich, bleibt bis Ende September geöffnet. So viel Andrang wie im Frühjahr herrscht nun nicht mehr. © Matthias Weber/photoweber.de

Mit 55,3 Prozent liegt der Landkreis Görlitz bei der Impfquote gegen das Covid-19-Virus über dem sächsischen Durchschnitt. Der liegt bei 49,1 Prozent vollständig geimpfter Menschen. Wie viel Aussagekraft diese Zahlen haben, wie Obdachlose und Migranten fürs Impfen gewonnen werden, wie bisherige Impfaktionen verliefen und welche Möglichkeiten es demnächst für eine Impfung gibt, fasst die SZ zusammen.

Zahlen zu Corona-Schutzimpfungen habe ihre Tücken

Die Zahl der Impfungen bezieht sich auf die Impf-Orte, nicht auf den Wohnort des Geimpften. „Eine zuverlässige Aussage über die Durchimpfung der Bevölkerung in einem Landkreis ist damit nicht möglich“, erklärt Landkreissprecherin Julia Bjar. In Sachsen gibt es von Anfang an die Möglichkeit, seinen Impf-Ort beziehungsweise sein Impfzentrum frei zu wählen. Die Berechnung der Impfquote bezieht sich auf die Gesamtzahl vollständig geimpfter Personen und auf die Gesamtbevölkerung im jeweiligen Landkreis.

138.620 Menschen wurden am vergangenen Sonntag nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) für den Landkreis als vollständig geimpft gezählt. Diese Zahl umfasst die Geimpften, die ihre Spritze sowohl im Impfzentrum als auch bei Ärzten, in Krankenhäusern und von mobilen Impfteams bekamen. Doch gerade im Impfzentrum Löbau ließen sich auch viele Menschen aus anderen Landkreisen immunisieren. Bei den mittlerweile im Kreis angebotenen Impfterminen zum Beispiel in Kommunen, bei Festen und oder in Tierparks kann sich jeder ohne Anmeldung immunisieren lassen, auch wenn er nicht im Landkreis wohnt.

Auffrischungen der Impfungen sind wahrscheinlich nötig

In aller Munde ist die dritte Impfrunde gegen das Covid-19-Virus. Allerdings liegen derzeit laut RKI für die Covid-19-Impfstoffe aktuell noch keine Daten vor, ob und in welchem Zeitabstand eine Auffrischimpfung notwendig wird. Studien werden aktuell dazu durchgeführt. „Die Beantwortung dieser Frage hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Dauer des Impfschutzes nach den ersten beiden Impfungen, der Wirkweise des Impfstoffs, möglicher Immunitätsentwicklung gegen Impfstoffkomponenten oder der Wirksamkeit gegen neue Virusmutationen“, heißt es bereits Ende Juni beim RKI. Aktuelle Aussagen gibt es derzeit nicht.

Ob und vor allem wann es im Landkreis Görlitz zu einer dritten Impfrunde und damit zur Auffrischung des Impfschutzes gegen Covid-19 kommt, wie das ablaufen soll und wer die Impfungen macht, kann der Landkreis derzeit nicht sagen. „Grundsätzlich wird dies von den Empfehlungen des RKI abhängig sein“, erklärt die Kreissprecherin. Nach aktuellem Stand wird das Impfzentrum in Löbau bis einschließlich 26. September Impfungen verabreichen.

Obdachlose waren frühzeitig impfberechtigt

„Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften - wie Obdachlosenheime - waren bereits frühzeitig im Rahmen der Priorisierung impfberechtigt“, erklärt Julia Bjar. Ab diesem Moment wurde die Bereitschaft abgefragt und die Termine vorbereitet. Die Zuständigkeit für obdachlose Menschen liegt bei den Städten und Gemeinden. Obdachlose konnten und können weiterhin die Kommunaltermine und die freien Impftermine ohne Anmeldung für die Impfung nutzen.

In Görlitz organisierte die Beratungsstelle für Wohnungslose, die die Arbeiterwohlfahrt Oberlausitz (Awo) führt, in Zusammenarbeit mit Jana Nickolmann, Leiterin des Awo-Altenheims „Zentralhospital“ eine Impfaktion für Wohnungs- und Obdachlose. Frau Nickolmann stellte den Transport der Menschen von der Unterkunft für Obdachlose in der Rothenburger Straße zum Zentralhospital sicher. Auch der zweite Impftermin für diese Menschen war vorbereitet.

Zentrale Einsätze von mobilen Impfteams in Obdachlosenunterkünften gab es nicht und wird es nicht geben - „mangels Größe“ erklärt Frau Bjar.

Migranten haben mehr Beratungsbedarf

Der Beratungsbedarf bei Asylbewerbern und Geflüchteten ist vor allem aus sprachlichen Gründen höher. Mitarbeiter in der sozialen Betreuung für Asylbewerber, Kollegen der Ausländerbehörde im Landratsamt und ehrenamtliche Helfer vor Ort nutzen dazu unter anderem die Materialien des RKI, die in vielen Sprachen zur Verfügung stehen. Es werden Informationen vermittelt und Fragen beantwortet. Außerdem arbeiten in Arztpraxen, Krankenhäusern und im Impfzentrum viele Ärzte, die mit den Menschen in ihrer Muttersprache sprechen können. Das schaffe zusätzliches Vertrauen, erklärt Frau Bjar.

Volkshochschulen und andere Bildungsträger berichten davon, dass Kursteilnehmer von Sprach- und Integrationskursen gezielt nach Informationen in ihrer Muttersprache fragen, um die komplizierten Sachverhalte besser verstehen zu können. Auch hier helfen die Materialien des RKI.

In einer Flüchtlingsunterkunft in Zittau wurden im Juli 45 Bewohner und Personal aus beiden Unterkünften der Stadt geimpft. Bewohner anderer Gemeinschaftsunterkünfte nutzen kommunale Termine, die aus Löbau das Impfzentrum. Für die Impfangebote entstehen dem Landkreis Görlitz keine Kosten. Die Abrechnung der Impfzentren, zu denen die mobilen Teams organisatorisch gehören, läuft über den Bund, den Freistaat Sachsen beziehungsweise über die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen.

Mobile Impftermine kommen bei den Menschen an

Wegen der sinkenden Impfbereitschaft, die auch das Impfzentrum Löbau und niedergelassene Ärzte seit einigen Wochen im Kreis Görlitz deutlich an den Zahlen merken, hatte der Kreis sich entschieden, die Strategie zu ändern. Kommunale Termine zum Beispiel bei Veranstaltungen, sind jetzt die Strategie, um Menschen zu erreichen, die bisher gezögert haben, grundsätzlich aber einer Impfung positiv gegenüberstehen.

So wurde zum Beispiel vor Kurzem im Görlitzer Tierpark, an der Stadthalle, im Klinikum und in der Pfarrei Heiliger Wenzel geimpft. Der Tierpark zählte 95 Impfwillige, das Klinikum 50 und die Pfarrei 25. Ins Kunnerwitzer Kochstudio kamen am Mittwoch 57 Impfwillige. Am Rande des Tippelmarktes ließen sich an zwei Tagen 230 Menschen immunisieren. Aber auch diese Impfangebote, die zu den Menschen direkt vor Ort kommen, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sehr schwer wird, die angepeilte Immunisierung von 70 Prozent der Kreisbevölkerung bis zu diesem Herbst zu erreichen.

Beim schlesischen Tippelmarkt in Görlitz war das mobile Corona-Impfzentrum des DRK vor Ort. 230 Leute ließen sich gegen Covid-19 impfen.
Beim schlesischen Tippelmarkt in Görlitz war das mobile Corona-Impfzentrum des DRK vor Ort. 230 Leute ließen sich gegen Covid-19 impfen. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Die nächsten Impftermine stehen bereits fest

Am Freitag vermeldete das Gesundheitsamt des Kreises drei Neuinfektionen mit Sars-CoV-2 bei Erwachsenen. Die 7-Tage-Inzidenz beträgt 6,7, der Wert des RKI liegt bei 6,3. Zwei infizierte Personen sind derzeit im Krankenhaus, eine davon benötigt intensivmedizinische Betreuung. Um Menschen vor schweren Corona-Erkrankungen zu schützen, werden weitere Impftermine angeboten. Am Sonnabend und Sonntag wird jeweils 10 bis 17 Uhr im Vorraum der Schenckendorff-Halle auf der Hugo-Keller-Straße 14 in Görlitz geimpft. Hier können sich auch Bürger die Zweitimpfung abholen, die die Erstimpfung beim Tippelmarkt erhielten. Es wird der Impfstoff der Hersteller Biontech/Pfizer sowie Johnson & Johnson verimpft.

Familienimpftage gibt es seit diesem Wochenende in den sächsischen Impfzentren, darunter auch in Löbau. Sonnabends von 9 bis 12 und sonntags von 15 bis 18 Uhr können sich Familien mit Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahre ohne Anmeldung und Termin impfen lassen.