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Sehnsucht nach Farbe und Blumen

Gärtnereien in Görlitz und Niesky starten mit Tausenden Frühblühern. Die müssen raus. Denn schon ziehen Gärtner die Sommerblüten heran.

Von Gabriela Lachnit
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Uwe Jonathan und Tochter Elisa Wohlfahrt mit den ersten Frühblühern in der Gärtnerei Jonathan an der Friedhofstraße in Görlitz.
Uwe Jonathan und Tochter Elisa Wohlfahrt mit den ersten Frühblühern in der Gärtnerei Jonathan an der Friedhofstraße in Görlitz. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Hornveilchen, Stiefmütterchen, Primeln, Himmelschlüssel, Tulpen und andere Frühblüher soweit das Auge reicht: In den Gärtnereien in Görlitz, Niesky und dem Umland ist der Frühling längst angekommen. Die passenden Temperaturen und viel Licht gab es in dieser Woche gratis dazu.

Die Gärtnereien stehen in den Startlöchern und warten darauf, dass die Frühblüher zu den Kunden kommen. Zwar dürfen Gärtnereien während des Lockdowns geöffnet bleiben, wenn sie selbst produzieren. Aber viele produzieren ja nicht ausschließlich für den Verkauf im eigenen Hause, sondern auch für Blumenläden.

Uwe Jonathan beim Gießen von Stiefmütterchen und Hornveilchen in der Gärtnerei an der Friedhofstraße in Görlitz.
Uwe Jonathan beim Gießen von Stiefmütterchen und Hornveilchen in der Gärtnerei an der Friedhofstraße in Görlitz. © Paul Glaser/glaserfotografie.de
Es ist Frühling in der Gärtnerei von Toralf Friedrich in Trebus. Darüber freut sich auch Mitarbeiterin Adelheid Thiel.
Es ist Frühling in der Gärtnerei von Toralf Friedrich in Trebus. Darüber freut sich auch Mitarbeiterin Adelheid Thiel. © André Schulze
Farbenfrohe Primeln wachsen in der Gärtnerei von Knut Miethe in Niesky/See. Auch andere Frühblüher sorgen für gute Laune.
Farbenfrohe Primeln wachsen in der Gärtnerei von Knut Miethe in Niesky/See. Auch andere Frühblüher sorgen für gute Laune. © André Schulze
Tulpen in Töpfen, soweit das Auge reicht. Gezogen werden sie in der Gärtnerei Miethe. Vor dem Verkauf müssen diese noch etwas wachsen.
Tulpen in Töpfen, soweit das Auge reicht. Gezogen werden sie in der Gärtnerei Miethe. Vor dem Verkauf müssen diese noch etwas wachsen. © André Schulze

Blumen aus der Gärtnerei für Blumenläden

Toralf Friedrich zum Beispiel beliefert normalerweise mehrere Blumengeschäfte mit Frühlingsblumen. Aber Blumenläden sind im Lockdown geschlossen. Also nehmen deren Inhaber derzeit auch keine Blumen von der Gärtnerei in Trebus ab. Der Gärtnermeister ist froh, dass bereits im ersten Lockdown im Vorjahr viele Kunden sich daran erinnert hätten, "dass da hinten weit ab vom Schuss ja noch eine Gärtnerei ist", sagt der Blumenfachmann. Das half ihm damals, die Umsatzrückgänge zu minimieren. Und darauf setzt Toralf Friedrich auch diesmal und hofft, dass die Kunden den Weg in die Gärtnerei auf sich nehmen. Denn allein 18.000 Stiefmütterchen warten darauf, ihre Köpfchen bald unter freiem Himmel der Sonne entgegen zu strecken. Diese und andere Blumen zogen die Mitarbeiter selbst auf.

Frühblüher müssen Platz machen für Sommerware

In der Gärtnerei Jonathan in der Görlitzer Friedhofstraße sind ab kommender Woche wieder alle Mitarbeiter sozusagen am Beet. Die Produktion der Frühblüher ist nahezu abgeschlossen, jetzt geht es an die Sommerblumen wie Pelargonien und Petunien. Die werden jetzt herangezogen. Auch deswegen müssen die Frühblüher raus und Platz machen. Für die Mitarbeiter von Uwe Jonathan stehen aber schon in der nächsten Woche Arbeiten an, auf die sich die Gärtnerei mit spezialisiert hat: Die Mitarbeiter betreuen einige hundert Gräber auf Friedhöfen. "Zunächst beseitigen wir Laub, das über den Winter auf die Gräber geweht wurde. Aber schon bald entfernen wir die winterliche Grabeindeckung und pflanzen Frühlingsblumen", erklärt Uwe Jonathan.

Eine Woche Kälte gut überstanden

Knut Miethe kam das warme Frühlingswetter in dieser Woche wie gerufen. "Das wirkt sich gleich auf die Vermarktung aus, die Leute haben regelrecht Sehnsucht nach Farbe und frischen Blumen", sagt der Inhaber der Gärtnerei Miethe im Nieskyer Ortsteil See. Er sieht es gern, wenn die Kunden mit Freude in den Augen beim Anblick von bunten Farben und dem Duft der Blumen die Kümmernisse des Alltages für einen kurzen Moment vergessen. Etwa 50.000 Frühblüher zogen die Gärtner in See heran.

Der Kälteeinbruch vor zwei Wochen überraschte die Gärtner allerdings. Denn in den letzten zwei, drei Wintern gab es ja kaum Schnee und wenn Kälte angesagt war, dann waren das nur mäßige Minusgrade. Aber vor zwei Wochen gab es wieder einmal richtig Winter: mit viel Schnee und Temperaturen von bis zu minus 20 Grad Celsius. "Bei mehr als minus zehn Grad Celsius könnte man schon graue Haare kriegen, weil man hofft, dass die Technik in den Gewächshäusern funktioniert. Wir haben das aber gut hingekriegt", sagt nicht nur Knut Miethe. Die Gärtner mussten mehr als in den Vorjahren in den Gewächshäusern heizen. Hier und da ging auch mal eine Scheibe vom Gewächshaus unter der Schneelast zu Bruch und musste ersetzt werden.

Den Frühblühern in den Gärtnereien hat der Kälteeinbruch nicht geschadet. "Die vertragen kurzzeitige Kälte", sagt Gärtnermeister Miethe. Er geht fest davon aus, dass die fast sommerlichen Temperaturen wie diese Woche nicht anhalten. "Wir haben ja erst Februar, und das ist nun mal ein Wintermonat", sagt er.

Tomatenpflanzen in der €žKinderstube. Stefan Jung von der gleichnamigen Gärtnerei und Landwirtschaftsbetrieb in Hilbersdorf vereinzelte das beliebte Gemüse in mühevoller Handarbeit.
Tomatenpflanzen in der €žKinderstube. Stefan Jung von der gleichnamigen Gärtnerei und Landwirtschaftsbetrieb in Hilbersdorf vereinzelte das beliebte Gemüse in mühevoller Handarbeit. © Archivfoto: Constanze Junghanß

Winterzeit ist Arbeitszeit

Bei Stefan Jung in Hilbersdorf blühen keine Blumen. Die Gärtnerei Jung baut Obst und Gemüse an, vieles davon im Feldbau und nicht im Gewächshaus. Fast alle Pflanzen ziehen die Mitarbeiter selbst heran. "Das beginnt schon mit der Aussaat im November", sagt Stefan Jung. Die Gurkenpflanzen stehen schon, Tomatenpflanzen sind noch klein. Auch Paprika, Kohlrabi und vieles mehr werden gezogen. Die meisten Pflanzen sind für die eigene Produktion vorgesehen, sie werden aber auch verkauft.

Anders, als vielleicht manche Menschen glauben, haben Gärtner im Winter nicht generell frei. Klar können Mitarbeiter im Winter auch Überstunden abfeiern, die sich im Sommer angesammelt haben, aber Arbeit gibt es im Winter genug für Gärtner. Zum Einen macht die Bürokratie auch um die Gartenbaubetriebe keinen Bogen, zum anderen fallen Arbeiten an, die sonst nicht gemacht werden - Bäume und Sträucher sind zu verschneiden, die Aussaat steht an, die Pflanzen müssen gehegt und gepflegt und später eingetopft werden. Das ist alles Handarbeit.

Qualität aus der Region

Und die hat Folgen: Gärtnereien stechen mit hoher Qualität ihrer kultivierten Pflanzen hervor. Viele Kunden schätzen diese Gärtnerware und sind bereit, dafür auch ein paar Cent mehr als für Ware aus dem Baumarkt auszugeben - abgesehen davon, dass die gerade nichts verkaufen dürfen. Knut Miethe sieht die Gärtner dabei sogar in einer besonderen Position: Sie produzieren ökologisch in der Region für die Region.

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