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AfD-Kundgebung vs. Familienfest: So lief der Wahlkampf in Görlitz bis zur letzten Minute

Am Freitag füllte die AfD den Marienplatz, mit XL-Polizeiaufgebot. Dagegen stand am Sonnabend ein Familienfest. Szenen von den letzten Tagen vor der Wahl.

Von Matthias Klaus & Susanne Sodan
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AfD-Spitzenpolitiker und -Anhänger kamen am Freitag in Görlitz zusammen - aber das letzte Wort in diesem Wahlkampf hatten sie nicht.
AfD-Spitzenpolitiker und -Anhänger kamen am Freitag in Görlitz zusammen - aber das letzte Wort in diesem Wahlkampf hatten sie nicht. © Martin Schneider

Der offizielle Abschluss des AfD-Wahlkampfes fand zwar auf dem Theaterplatz in Dresden statt. Aber am Freitagabend sind die wichtigsten Köpfe der Partei dann doch noch einmal in Görlitz zu Gast. Eine Stadt, die sie nach Europa- und Kommunalwahlen offenbar als eine ihrer Hochburgen sehen. Etwa 920 Zuschauer wollen die beiden Bundessprecher Alice Weidel und Tino Chrupalla auf dem Marienplatz hören. Mit dabei: die Direktkandidaten für den Landkreis, allen voran Sebastian Wippel.

Er hat in Görlitz quasi ein Heimspiel, wird als "nächster sächsischer Innenminister" angekündigt. In seinem Wahlkreis Görlitz kandidiert er direkt gegen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU). Kein Wunder, dass sich Wippel vor allem auf seinen Konkurrenten eingeschossen hat - und auf seine Koalitionspartner in der Landesregierung.

"Im kommenden Jahr machen wir den Westen blau"

Die Grünen, so Sebastian Wippel, machten ihren Gaudi-Wahlkampf. "Sie machen nichts, um das Land besser zu machen". Und Kretschmer sei auch noch stolz auf seine Kenia-Koalition. "Eigentlich müsste man sie Afghanistan-Koalition nennen", so Wippel. "Wenn Kretschmer mit den Asylfolgen um die Ecke kommt, mit einer Deckelung - mal 50.000, mal 60.000 pro Jahr - dann ist das uns zu populistisch. Unser Ziel heißt: Null Migration nach Sachsen". Derzeit gebe es hier Zustände, "die wir nicht haben wollen". Das Land müsse vom Kopf auf die Füße gestellt werden.

Die AfD-Wahlveranstaltung auf dem Marienplatz in Görlitz. Rund 920 Zuschauer zog sie an.
Die AfD-Wahlveranstaltung auf dem Marienplatz in Görlitz. Rund 920 Zuschauer zog sie an. © Martin Schneider
Sebastian Wippel Görlitzer AfD-Kandidat zur Landtagswahl, fordert "Null Migration in Sachsen." "Sachsen ist blau" bedeute, dass "wir das unseren Kindern und Enkeln schuldig sind".
Sebastian Wippel Görlitzer AfD-Kandidat zur Landtagswahl, fordert "Null Migration in Sachsen." "Sachsen ist blau" bedeute, dass "wir das unseren Kindern und Enkeln schuldig sind". © Martin Schneider
Gegen die Parteien der jetzigen Landesregierung ging es auch bei Tino Chrupalla. Sein Hauptthema: Die Wirtschaft sei wegen der hohen Energiepreise gerade in Sachsen derart abgehängt. Chrupalla fordert eine Sonderwirtschaftszone Ost: "Dann würden sich auch Unternehmen ohne große Subventionen ansiedeln."
Gegen die Parteien der jetzigen Landesregierung ging es auch bei Tino Chrupalla. Sein Hauptthema: Die Wirtschaft sei wegen der hohen Energiepreise gerade in Sachsen derart abgehängt. Chrupalla fordert eine Sonderwirtschaftszone Ost: "Dann würden sich auch Unternehmen ohne große Subventionen ansiedeln." © Martin Schneider
"Ich bin nicht im Krieg mit Russland" teilt ein AfD-Anhänger via T-Shirt-Aufschrift mit. "Stoppt den Kriegswahn", steht auf einem Plakat. Der Krieg in der Ukraine - ein Hauptthema, dieses Landtagswahlkampfes.
"Ich bin nicht im Krieg mit Russland" teilt ein AfD-Anhänger via T-Shirt-Aufschrift mit. "Stoppt den Kriegswahn", steht auf einem Plakat. Der Krieg in der Ukraine - ein Hauptthema, dieses Landtagswahlkampfes. © Martin Schneider
Ein Thema, das sie AfD auch auf dem Marienplatz aufnahmen: "Wir wollen nicht, dass deutsche Waffen und Soldaten in die Ukraine geliefert werden", so Alice Weidel in Görlitz. Es sei eine Schande, dass jetzt wieder deutsche Panzer gegen Russland fahren.
Ein Thema, das sie AfD auch auf dem Marienplatz aufnahmen: "Wir wollen nicht, dass deutsche Waffen und Soldaten in die Ukraine geliefert werden", so Alice Weidel in Görlitz. Es sei eine Schande, dass jetzt wieder deutsche Panzer gegen Russland fahren. © Martin Schneider
Nach ein paar Scherzen wurde Alice Weidel schnell ernst. Ihre Themen: Coronamaßnahmen aufarbeiten - mit Konsequenzen -, raus aus dem Kohleausstieg, russisches Erdgas, weniger Steuern und Abgaben. Themen, auf die zwar eine einzelne Landesregierung teils kaum Einfluss hat. Aber bald wolle man ja auch Westdeutschland "blau machen".
Nach ein paar Scherzen wurde Alice Weidel schnell ernst. Ihre Themen: Coronamaßnahmen aufarbeiten - mit Konsequenzen -, raus aus dem Kohleausstieg, russisches Erdgas, weniger Steuern und Abgaben. Themen, auf die zwar eine einzelne Landesregierung teils kaum Einfluss hat. Aber bald wolle man ja auch Westdeutschland "blau machen". © Martin Schneider
Hier ist es noch entspannt bei der Gegendemo. Später wurde es lautstark, als AfD-Anhänger mehr oder weniger provozierend direkt an der Gegenversammlung vorbeilaufen.
Hier ist es noch entspannt bei der Gegendemo. Später wurde es lautstark, als AfD-Anhänger mehr oder weniger provozierend direkt an der Gegenversammlung vorbeilaufen. © Martin Schneider

Ähnliche Worte findet Tino Chrupalla, angekündigt als "Michael Kretschmers schlimmster Albtraum". Chrupalla selbst bezeichnet Kretschmer als einen "Raubkopierer", der eins zu eins das Programm der AfD übernehme. Er gibt sich siegessicher: "Wir werden am 1. September in Sachsen gewinnen." Er kritisiert die angebliche Gängelei des Staates, die vor allem im Osten schlecht ankomme. "Uns braucht niemand zu sagen, welche Heizung wir haben, welches Auto wir fahren sollen", nennt er zwei Beispiele. Und positioniert sich deutlich zu einem Energiemix: Kohle, Kernkraft und Gas aus Russland. Apropos Russland: Mit einer AfD in Regierungsverantwortung werde es keine Stationierung von Langstreckenraketen geben. All das sind zwar Themen, auf die eine Landesregierung nicht allzu viel Einfluss hat - aber als Landesregierung, so Chrupalla, wolle man sich vehement für Friedenspolitik einsetzen.

Provokationen gegen Gegendemonstranten

Einen Plan hat er auch für die etwa 200 Gegendemonstranten vor dem C&A: "Für diese Faulpelze und Schulabbrecher heißt es dann arbeiten." Schon weit vor Start der AfD-Veranstaltung sah man viel Polizei in der Innenstadt, sie war mit einem großen Aufgebot vor Ort.

Beste Laune trotzdem bei Alice Weidel: "Hallo Görlitz, ist das schön hier", begrüßt sie ihr Publikum. Sie würde auch gern privat hier herziehen, sagt sie, eine Anspielung auf einen Spruch vom Dresdner Theaterplatz. Dort hatte sie gesagt: „Vielleicht ist ja mal eine Wohnung neben Tino Chrupallas Haus frei.“ In Görlitz ergänzt sie nun: "Es muss ja nicht gleich die Wohnung von Tino Chrupalla sein. Aber vielleicht die von Sebastian Wippel." Politisch zeigt Weidel derweil Härte. "Ich weiß, dass wir Thüringen und Sachsen blau machen werden. Die anderen werden ihr blaues Wunder erleben. Im kommenden Jahr machen wir den Westen blau."

Gegenprogramm: 600 bis 700 Gäste feiern Vielfalt in Görlitz

Bis gegen 20 Uhr bleibt es am Freitag weitgehend friedlich in Görlitz - auch wenn die meisten AfD-Demonstranten mehr oder weniger provozierend direkt an der Gegenversammlung vorbeilaufen. Komplett friedlich bleibt es derweil am Sonnabend. Die Polizei zieht zwar immer mal wieder Runden auf dem Görlitzer Obermarkt, bekommt aber nichts zu tun: Die Initiative "Görlitz bleibt bunt" und das Bündnis "Klare Kante" hatten unter dem Motto "Görlitzer Vielfalt" auf den Obermarkt eingeladen. Zu einer letzten Möglichkeit vor der Wahl, um zu zeigen, nicht ganz Görlitz ist "blau-braun", wie es Hauptorganisator Daniel Preißler ausdrückt, sondern sehr wohl bunt.

Am Nachmittag war am meisten los, am Abend leerte sich der Platz vor der Bühne: Rund 600 bis 700 Gäste waren bei der "Görlitzer Vielfalt" dabei.
Am Nachmittag war am meisten los, am Abend leerte sich der Platz vor der Bühne: Rund 600 bis 700 Gäste waren bei der "Görlitzer Vielfalt" dabei. © Martin Schneider
Daniel Preißler, Mitorganisator, hatte zwar 1.000 Personen angemeldet. Dennoch ist er sehr zufrieden. Wie müde werden die Menschen von dem Wahlkampf sein, um noch mal ein Zeichen zu setzen - das war schwer abschätzbar.
Daniel Preißler, Mitorganisator, hatte zwar 1.000 Personen angemeldet. Dennoch ist er sehr zufrieden. Wie müde werden die Menschen von dem Wahlkampf sein, um noch mal ein Zeichen zu setzen - das war schwer abschätzbar. © Martin Schneider
Enge Beziehung zu Görlitz hat die Banda Comunale seit 20 Jahren.  Saxophonist Michal Thoaszewski stammt aus Polen, kurz vor der Wende reiste die Familie nach Westdeutschland aus. Es seither nicht allen gut gegangen, es seien Dinge schief gelaufen - aber insgesamt gehe es den Menschen heute doch besser als vor dem Mauerfall. Für ihn persönlich ist die Grenzfreiheit durch die EU ist für ihn ein Riesenverdienst.
Enge Beziehung zu Görlitz hat die Banda Comunale seit 20 Jahren. Saxophonist Michal Thoaszewski stammt aus Polen, kurz vor der Wende reiste die Familie nach Westdeutschland aus. Es seither nicht allen gut gegangen, es seien Dinge schief gelaufen - aber insgesamt gehe es den Menschen heute doch besser als vor dem Mauerfall. Für ihn persönlich ist die Grenzfreiheit durch die EU ist für ihn ein Riesenverdienst. © Martin Schneider
EU oder ein regionaler Verein - die AfD sieht er als eine Partei, die versuche vieles von dem zu zerstören, woran andere sich über die Jahre abgearbeitet haben. Aber jetzt ist es wie es ist. Wie die Wahl auch immer ausgeht am Sonntag, er appelliert daran, nicht zu vergessen, dass die Mehrheit der Leute in Sachsen immer noch "cool und nett" ist.
EU oder ein regionaler Verein - die AfD sieht er als eine Partei, die versuche vieles von dem zu zerstören, woran andere sich über die Jahre abgearbeitet haben. Aber jetzt ist es wie es ist. Wie die Wahl auch immer ausgeht am Sonntag, er appelliert daran, nicht zu vergessen, dass die Mehrheit der Leute in Sachsen immer noch "cool und nett" ist. © Martin Schneider
Die Görlitzer Künstlerin Ilse Korzitzki und ihr Mann mittendrin: Für sie sind solche Veranstaltungen wie die "Görlitzer Vielfalt" Pflicht, sagen sie: "Solange wir die Möglichkeit noch haben, unsere Meinung zu zeigen".
Die Görlitzer Künstlerin Ilse Korzitzki und ihr Mann mittendrin: Für sie sind solche Veranstaltungen wie die "Görlitzer Vielfalt" Pflicht, sagen sie: "Solange wir die Möglichkeit noch haben, unsere Meinung zu zeigen". © Martin Schneider
Das Publikum: gemischt von Jung bis Alt.
Das Publikum: gemischt von Jung bis Alt. © Martin Schneider
Steffi Grundmann (re.) und Elke Lehmann bei einem Spiel am Stand der Caritas: "Es ist eine tolle Stimmung. Uns ist wichtig, hier zu sein", sagt Steffi Grundmann.
Steffi Grundmann (re.) und Elke Lehmann bei einem Spiel am Stand der Caritas: "Es ist eine tolle Stimmung. Uns ist wichtig, hier zu sein", sagt Steffi Grundmann. © Martin Schneider
Seit sechs Wochen gibt es auch in der Oberlausitz einen Ableger der "Omas gegen Rechts":  Brigitte Hempel aus Schlegel und Birgit Hanisch aus Zittau (v.li.) gehören zu den ersten Mitgliedern - und fanden rasch Zulauf. Inzwischen sind es schon 15 Mitglieder. Nele Götze (re.) kam als Unterstützerin nach Görlitz mit - "Oma schickt mich", heißt es auf ihrem Button.
Seit sechs Wochen gibt es auch in der Oberlausitz einen Ableger der "Omas gegen Rechts": Brigitte Hempel aus Schlegel und Birgit Hanisch aus Zittau (v.li.) gehören zu den ersten Mitgliedern - und fanden rasch Zulauf. Inzwischen sind es schon 15 Mitglieder. Nele Götze (re.) kam als Unterstützerin nach Görlitz mit - "Oma schickt mich", heißt es auf ihrem Button. © Martin Schneider
Feline Pelz, Josefa Pelz, Rebekka Pelz und Nina Rutsch waren froh, über den Zulauf zur "Görlitzer Vielfalt". Sehen, dass man nicht alleine dasteht, das sei beruhigend, finden sie.
Feline Pelz, Josefa Pelz, Rebekka Pelz und Nina Rutsch waren froh, über den Zulauf zur "Görlitzer Vielfalt". Sehen, dass man nicht alleine dasteht, das sei beruhigend, finden sie. © Martin Schneider
Katrin Treffkorn war als Projektreferentin der "Revierwende" vom Deutschen Gewerkschaftsbund vor Ort. Die Besucherzahl auf dem Obermarkt freute auch sie. "Es macht auch deutlich, dass wir hier echt was zu verlieren haben."
Katrin Treffkorn war als Projektreferentin der "Revierwende" vom Deutschen Gewerkschaftsbund vor Ort. Die Besucherzahl auf dem Obermarkt freute auch sie. "Es macht auch deutlich, dass wir hier echt was zu verlieren haben." © Martin Schneider
Von links: Philipp Tischer, Jens Bärsch, Kevin Klein und Florian Weiß: Sie spielen American Football bei den Görlitz Grizzlies: "Unsere Einstellung zu Vielfalt ist ja bekannt", sagt Tischer. Und falls doch noch nicht, die Görlitz Grizzlies nehmen gerne jede Gelegenheit wahr, sich vorzustellen, "und in diesen Rahmen machen wir es doppelt so gerne."
Von links: Philipp Tischer, Jens Bärsch, Kevin Klein und Florian Weiß: Sie spielen American Football bei den Görlitz Grizzlies: "Unsere Einstellung zu Vielfalt ist ja bekannt", sagt Tischer. Und falls doch noch nicht, die Görlitz Grizzlies nehmen gerne jede Gelegenheit wahr, sich vorzustellen, "und in diesen Rahmen machen wir es doppelt so gerne." © Martin Schneider
Jonas (10 Jahre) zeigt einen Taekwondo-Tritt. Er trainiert beim Kampfsportverein Görlitz, der von Johannes Schmidt und Dimitar Stoykows geleitet wird. Bei ihnen trainieren Kinder aus der Ukraine, Syrien, Bulgarien und Deutschland gemeinsam. Bei der "Görlitzer Vielfalt" wollen sie auch ein Zeichen dagegen setzten, dass Kampfsport nur allzu oft von der rechten Szene instrumentalisiert wird.
Jonas (10 Jahre) zeigt einen Taekwondo-Tritt. Er trainiert beim Kampfsportverein Görlitz, der von Johannes Schmidt und Dimitar Stoykows geleitet wird. Bei ihnen trainieren Kinder aus der Ukraine, Syrien, Bulgarien und Deutschland gemeinsam. Bei der "Görlitzer Vielfalt" wollen sie auch ein Zeichen dagegen setzten, dass Kampfsport nur allzu oft von der rechten Szene instrumentalisiert wird. © Martin Schneider
OB Octavian Ursu (Bildmitte) applaudiert mit seiner Tochter und seiner Frau der Banda Comunale. Später steht er selbst auf der Bühne für eine kleinen Live-Austausch mit Wiesbaden.
OB Octavian Ursu (Bildmitte) applaudiert mit seiner Tochter und seiner Frau der Banda Comunale. Später steht er selbst auf der Bühne für eine kleinen Live-Austausch mit Wiesbaden. © Martin Schneider

Bereits nach dem Potsdam-Treffen zwischen AfD-Mitgliedern, Vertretern der rechtsextremen Identitären Bewegung, der Werteunion und der CDU hatten Anfang des Jahres "Görlitz bleibt bunt" und "Klare Kante" eine Demonstration gegen Rechtsextremismus in Görlitz veranstaltet. Eine Demo, die stark von Reden geprägt war, "das wollten wir diesmal anders machen", sagt Preißler. Im Grunde: "Überzeugen werden wir jetzt niemanden mehr." Vielmehr gehe es darum, jene zusammenzubringen, die nicht AfD wählen. Ein Fest, um zu sehen: Man steht nicht alleine auf weiter Flur. Die AfD und ihre Anhänger "werden sich nicht verstecken", so Preißler. "Warum sollten wir es tun?"

Es ist ein Kommen und Gehen auf dem Obermarkt, auf dem verschiedene Bands auftreten: Banda Comunale, Unerhoert und Freunde, Strom und Wasser, der Rapper Flaiz und der Liedermacher Martin Goldbaum. Bei einem Stand der Caritas kann man Strategiespiele spielen. Nebenan laufen sich die Organisatoren des Görlitzer CSD, der Ende September stattfindet, warm und nutzen die Gelegenheit, Helfer zu suchen. Bei dem Stand von Bündnis "Klare Kante" und Linksjugend verpasst Samara Schrenk den Gästen Glitzer-Tattoos, es gibt Limo, Zuckerwatte und einen kleinen Trödelmarkt. Beim Esta-Verein wird Knüppelkuchen gebacken.

"Man sieht, dass man nicht alleine ist"

Ernster geht es bei den "Engagierte Bürger_innen Görlitz" zu. Sie haben Zitate von AfD-Politikern an ihrem Stand ausgehängt, zur Mahnung, welches Gedankengut die Partei trägt. "Das große Problem ist, dass man Hitler als das absolut Böse darstellt" - ein Zitat von Björn Höcke.

Sportvereine wie die Görlitz Grizzlies und der Kampfsportverein Görlitz sind dabei, der Deutsche Gewerkschaftsbund. Mittendrin: Aus Markersdorf sind Rebekka Pelz und ihre Töchter Feline und Josefa nach Görlitz gekommen. "Es ist eine gute Stimmung", sagt Rebekka Pelz. Mehr könne zwar immer sein, aber, "es sind doch ziemlich viele da". Es lohne sich immer, Präsenz zu zeigen gegen das Klischee der braunen Oberlausitz, findet das Trio. "Und man sieht sich", ergänzt eine Freundin der Familie, Nina Rutsch. "Man sieht, dass man nicht alleine ist."

Rückenstärkung aus Wiesbaden

Um die 600 bis 700 Gäste waren insgesamt auf dem Obermarkt, wird Daniel Preißler am Abend schätzen. Das Publikum: Viele Kinder, viele Familien, auch Stadtratsmitglieder von den Bürgern für Görlitz, CDU, Motor Görlitz, Bündnisgrünen und Linkspartei. Oberbürgermeister Octavian Ursu (CDU) sitzt mit seiner Frau und einer seiner Töchter in der ersten Reihe, als Banda Comunale aufspielen.

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Am Abend steht er dann in Funktion als OB selbst auf der Bühne: Die "Görlitzer Vielfalt" wurde ausschließlich mithilfe von Spendengeldern organisiert - Unterstützung kam gar aus Münster und der Görlitzer Partnerstadt Wiesbaden, wo am Sonnabend das 30. Jubiläum des dortigen Schlachthofes, ein soziokulturelles Zentrum, gefeierte wurde. Für ein paar Minuten feiert man gemeinsam, stärkt sich den Rücken - eine Live-Schalte zum Wiesbadener OB Gert-Uwe Mende macht es möglich.

Die Stimmung in Görlitz: Fröhlich, freundlich, aber nicht ausgelassen. Mittanzen mit den Bands, danach ist doch den wenigsten zumute. Vielleicht ist es so, wie Michal Tomaszewski von der Banda Comunale sagt: Er kritisierte die AfD deutlich. Aber, die Wahlprognosen sind, wie sie sind. Jetzt, so Tomaszewski, gehe es eher um das Danach. Darum, sichtbar zu machen, "dass die meisten Leute immer noch cool und nett sind." Das werde zu schnell vergessen.