Görlitzer Veolia-Stiftung soll aufgelöst werden

Die Stadt könnte auf einen Schlag 1,5 Millionen Euro mehr Geld haben. Das Geld würde sie gern verwenden, um die desolate Haushaltslage zumindest ein bisschen zu mildern und damit die Chancen zu erhöhen, dass der Haushalt auch von der Kommunalaufsicht genehmigt wird.
Doch im Grunde hat die Stadt diese 1,5 Millionen Euro schon längst: Es ist das Stiftungsvermögen der Veoliastiftung. Aus dessen jährlichen Zinserträgen hat die Stadt jahrelang Projekte und Vereine gefördert, vor allem im sozialen und für die Umwelt. So gehörten der Meetingpoint Music Messiaen, der Kunstkoffer vom Lutherplatz oder das Cyrkus-Projekt zu den Nutznießern. Grüne Klassenzimmer wurden ebenso gefördert wie Ferienfreizeiten oder Erste Hilfe-Kurse. Im Mehrgenerationenhaus Weinhübel konnten beispielsweise Spielgeräte mit Geld aus der Veoliastiftung angeschafft werden.

Zuletzt haben drei Projekte zu 950 Jahre Görlitz von der Stiftung profitiert. Bei dem durch den Aktionskreis Görlitz initiierten Ideenwettbewerb zum Stadtjubiläum konnten von 160 Vorschlägen nur 35 durch städtische Gelder gefördert werden, weil dafür eben „nur“ 65.000 Euro im Haushalt eingestellt worden waren. Drei weitere Projekte, die sich mit der jüdischen Kultur und Geschichte von Görlitz befassen, bekamen ebenfalls finanzielle Unterstützung - durch die Veoliastiftung, insgesamt etwa 10.000 Euro.
Doch die Projektförderung soll enden. Nicht weil die Stadt das gern möchte, sondern weil sie händeringend nach Möglichkeiten sucht, das Haushaltsloch zu stopfen. Lange vor Corona hätte es Überlegungen gegeben, wie es mit der Stiftung weitergehen soll, erzählt Bürgermeister und Stiftungs-Vorstandsvorsitzender Michael Wieler. Nach der Finanzkrise und aufgrund der schlechten Zinsentwicklungen hatte die Stiftung kaum noch Zinserträge und damit kaum noch Einnahmen. „Wir waren schon froh, nicht noch draufzahlen zu müssen, so Wieler ironisch.

Deshalb findet sich im aktuellen Haushaltsentwurf nun der Vorschlag der Auflösung der Stiftung. Die Fraktion Motor Görlitz hat sich dazu bereits zu Wort gemeldet. Ihr schmeckt der Vorschlag überhaupt nicht. „Uns ist klar, dass wegen der Zinsentwicklung kaum noch dem Stiftungszweck gefolgt werden kann“, teilt Motor Görlitz mit. Die jährlich zur Verfügung stehende Summe werde immer geringer. Statt einer Auflösung schlägt Motor Görlitz allerdings eine Umwandlung in eine Verbrauchs-Stiftung vor. Für eine Laufzeit von 20 Jahren könne so das Vermögen von 1,5 Millionen Euro satzungsgemäß ausgegeben werden. Damit stünden bis 2042 jährlich 75.000 Euro zur Verfügung, um Projekte von Vereinen und Initiativen zu unterstützen. Eine schöne Idee, findet auch Bürgermeister Wieler. „Aber das löst nicht unser aktuelles Problem.“
Und das ist groß. So groß wie nie sogar. Ein Grund dafür ist die Pandemie, die in die Stadtkasse ein sieben Millionen Euro-Loch riss. Das ist mit fehlenden Steuereinnahmen und Einnahmeverlusten zu begründen. Auch gibt es weniger Schlüsselzuweisungen, Gewerbe- und Einkommenssteuer sanken. Deshalb ist nicht nur Sparen angesagt, sondern neue Kredite werden aufgenommen, Guthaben, wie eben jenes aus der Veoliastiftung aufgelöst werden müssen. 2002 war sie ins Leben gerufen worden - nach dem Verkauf der Stadtwerke-Anteile. Damals hieß sie noch „Ars Vivendi“, abgeleitet vom früheren Unternehmen „Vivendi Umwelt“, das sich später in Veolia umbenannte.