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Görlitzer Wirt läuft verbal Amok gegen Corona-Politik

Die Stadt Görlitz wehrt sich gegen Gerüchte, die in sozialen Netzwerken gestreut werden. Es geht um eine Weihnachtsfeier und die Corona-Regeln.

Von Susanne Sodan
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Das Bild mit Robert Chylla entstand zur Eröffnung seiner Gaststätte. Inzwischen legt der Wirt am Telefon lieber auf.
Das Bild mit Robert Chylla entstand zur Eröffnung seiner Gaststätte. Inzwischen legt der Wirt am Telefon lieber auf. © Archiv: Pawel Sosnowsi

Bei ihm standen die Kontrolleure auch schon vor der Tür. Ob der Wirt der Gastwirtschaft "Zur Schwarzen Kunst" deshalb so sauer ist? Jedenfalls gab es voriges Wochenende eine Zweitkontrolle, teilt das Landratsamt mit. Da war die "Schwarze Kunst" bereits geschlossen. Nun hängen drei Aushänge an der Tür. Einer ist überschrieben mit "Wasser predigen und Wein saufen".

Das Gerücht, das Görlitzer Ordnungsamt habe in einer Zgorzelecer Gaststätte - wo keine 2G-Regel gilt - eine Weihnachtsfeier abgehalten, war vor einigen Tagen auch im sozialen Netzwerk Facebook aufgetaucht. Was zuerst da war, der Facebook-Beitrag oder der Aushang - wer weiß.

"Corona-Faschisten" im Landtag?

"Tagsüber wird bestimmend kontrolliert", heißt es auf dem Aushang, der fast gleich lautet zu dem Facebook-Beitrag, "sicher nicht eigenmächtig, sondern auf Befehl der Coronafaschisten im Sächsischen Landtag!" Eifrig kontrolliere das Ordnungsamt die G-Regeln bei den "heimischen Gaststättenbetreibern" und kassiere "500 Euro für jeden angetroffenen 'gesunden Gast', der nicht geimpft oder genesen ist, vom Wirt. Dem Gesunden zieht die Behörde auch gleich noch 150 Euro aus der Tasche und nach Feierabend fährt die ganze gefügige Bande über die Grenze und lässt es dort ganz unbekümmert zünftig krachen."

Stadt Görlitz wehrt sich

Welches Görlitzer Ordnungsamt gemeint ist, Stadt oder Kreis, geht nicht genau aus dem Aushang an der "Schwarzen Kunst" hervor. Der Landkreis teilt mit, in jüngster Zeit habe es keine Weihnachtsfeier gegeben.

Die Stadt Görlitz wehrt sich ebenso gegen die Anschuldigungen. "Es hat keine dienstliche Zusammenkunft oder Weihnachtsfeier des Ordnungsamtes der Stadt Görlitz in Zgorzelec stattgefunden", stellt Stadt-Sprecherin Annegret Oberndorfer klar. Ob es womöglich ein privates Zusammentreffen einiger Mitarbeiter gab, ist der Stadt Görlitz nicht bekannt. Darüber müsse die Stadt als Arbeitgeber auch nicht informiert werden. Unter dem Facebook-Beitrag war eine Diskussion entstanden, die zumindest mutmaßen lässt, dass Angestellte privat in Zgorzelec essen waren. "Das war eine ganz normale private Veranstaltung", schreibt eine Nutzerin.

Verboten ist es nicht. "Die aktuell gültigen Corona-Bestimmungen in Deutschland und Polen lassen private Zusammenkünfte in Restaurants zu", erklärt Annegret Oberndorfer. In Sachsen gilt seit Montag die 2-G-Regelung in Gastronomien, und sie müssen 20 Uhr schließen. In Polen gilt, dass maximal 75 Prozent der Restaurant-Kapazitäten besetzt sein dürfen, zwischen den Tischen soll Abstand sein. Das freilich wird in den wenigsten Lokalen eingehalten.

Die meisten zeigen Verständnis für Kontrollen

Tatsächlich können die Kontrollteams in Sachsen Bußgelder bei Verstößen gegen die Corona-Notfall-Verordnung gegen die Gastronomen auch im Kreis Görlitz verhängen. Verwarnungen habe es wohl gegeben, ließ Landrat Bernd Lange am Donnerstag bei einer Pressekonferenz anklingen. Allerdings habe es bislang noch keine Anzeigen gegeben. Vor allem nicht durch das Ordnungsamt der Stadt. Das unterstützt die Kontrollen, zu den Kontrollteams gehören aber eigentlich Mitarbeiter von Ordnungs- und Gesundheitsamt des Kreises und der Polizei. Es gebe mitunter Betreiber, die wenig Freude über die Kontrollen zeigten, insgesamt aber herrsche Verständnis, berichtete Lange.

Ob Robert Chylla, der Wirt der "Schwarzen Kunst", andere Erfahrungen gemacht hat - eine Anfrage, wie die "Schwarze Kunst" zu ihren Informationen kam, bleibt unbeantwortet. Ein weiterer Aushang an seiner Tür, der die Schließung mitteilt, endet mit: "Sagen wir 'Sachsen' dem Kretschmer-Regime endlich den Kampf an, wer dieser Diktatur noch Zuspruch schenkt, hat seine Freiheit schon längst verloren." Schließlich: "Bewegt Euern Arsch endlich für unsere Freiheit auf die Straße."

Görlitzer OB: Lage ist schlimm genug

Die Aussagen an der "Schwarzen Kunst" kann der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu nicht nachvollziehen. „Polemische Äußerungen sind nicht nur angesichts der Lage, sondern generell nicht akzeptabel. Das ist nicht die Art, wie wir miteinander umgehen wollen, und das bringt uns alle gemeinsam auch nicht weiter." Zumal es derzeit wichtigere Probleme gibt. "Die heftige vierte Welle des Coronavirus ist für jede und jeden von uns deutlich sichtbar und im eigenen Umfeld erlebbar."

Er verweist auf die Krankenhäuser, die volllaufen, das Personal, das am Limit arbeite, "viele Kinder, Nachbarn und Kollegen sind aktuell erkrankt", so Ursu. "Auch wenn es für alle derzeit in verschiedener Hinsicht eine besonders herausfordernde Zeit ist, entschuldigt dies keine falschen Anschuldigungen und die Verbreitung falscher Informationen.“