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Nachlass von Autorin aus Dittelsdorf ist jetzt in Görlitzer Bibliothek

Schriftstellerin Hannelore Lauerwald wollte gern ihre Korrespondenzen und Recherchen an die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften geben.

Von Ines Eifler
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Steffen Menzel (l.), Leiter der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften, nimmt den Nachlass der Görlitzer Schriftstellerin Hannelore Lauerwald von deren Sohn Tom Lauerwald entgegen.
Steffen Menzel (l.), Leiter der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften, nimmt den Nachlass der Görlitzer Schriftstellerin Hannelore Lauerwald von deren Sohn Tom Lauerwald entgegen. © Martin Schneider

Originalfotografien aus dem Görlitzer Kriegsgefangenenlager Stalag VIIIA, Szenen aus der bespielten Theaterbaracke, in der Olivier Messiaen sein Quartett auf das Ende der Zeit 1941 uraufführte, zahlreiche Briefe ehemaliger Kriegsgefangener und Zwangsarbeiter, aber auch Manuskripte, Recherchematerial und unvollendete Werke – all dies und vieles mehr bergen die fünf Archivkisten, die der Meißner Stadtarchivar Tom Lauerwald am Donnerstag der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften (OLB) in Görlitz übergab.

Er ist der Sohn der 1936 in Dittelsdorf bei Zittau geborenen Schriftstellerin Hannelore Lauerwald, die am 30. November 2022 in Görlitz starb. "Meine Mutter hat sich immer gewünscht, dass ihr Nachlass in dieser Bibliothek verwahrt wird", sagt Tom Lauerwald, "darüber haben wir öfter gesprochen."

Teil des Nachlasses der Schriftstellerin Hannelore Lauerwald im Lesesaal der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften.
Teil des Nachlasses der Schriftstellerin Hannelore Lauerwald im Lesesaal der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften. © Martin Schneider

Hier und im Görlitzer Ratsarchiv habe sie zu ihrem Hauptthema in den 1990er Jahren, dem Schicksal der in Görlitz stationierten Kriegsgefangenen, recherchiert. Außerdem habe sie sich durch ihre Lebensorte Dittelsbach, Hagenwerder und Görlitz mit der Oberlausitz verbunden gefühlt. Über vieles, was im Detail in den Kisten liegt, sei allerdings noch zu wenig in der Familie gesprochen worden, sagt der 64-Jährige.

Korrespondenz mit Olivier Messiaen

Steffen Menzel, Leiter der OLB, nennt den Nachlass Hannelore Lauerwalds einen "großen Schatz", den es nun zu sichten, aufzuarbeiten und zu inventarisieren gelte, damit auch andere darauf zugreifen können. "Ich habe hier mal etwas herausgegriffen", sagt er und öffnet eine DDR-Atlanta-Mappe voller Dokumente.

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Gleich eines der ersten losen Blätter ist Teil der Korrespondenz zur Einladung Olivier Messiaens 1991 in die Görlitzer Peterskirche. Der zu der Zeit 82-jährige französische Komponist sagte der Stadt Görlitz damals aus gesundheitlichen Gründen ab, machte aber auch deutlich, dass er selbst unter anderen Umständen nie mehr an den Ort seiner Gefangenschaft zurückgekehrt wäre.

Hannelore Lauerwald war die Erste, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg intensiv mit der Geschichte des Stalag VIIIA beschäftigte. Erst mit Öffnung der Grenzen war das möglich. Über mehrere Jahre knüpfte und pflegte sie Kontakt zu Messiaen und seinen Leidensgenossen, fuhr nach Italien, Frankreich und Belgien, um sie zu besuchen, und schrieb schließlich 1996 die Dokumentation "In fremdem Land". 2008 erschien noch ein Band mit Berichten von zwölf Kriegsgefangenen, darunter Messiaen.

Vieles blieb unvollendet

Für Hannelore Lauerwald hatte die Wende einen Bruch bedeutet. In der DDR hatte sie Hörspiele, Drehbücher und Erzählungen geschrieben, Thema war häufig die Emanzipation der Frau im Sozialismus. Auf einiges war sie ihr Leben lang stolz. Über anderes, etwa einen Film über die Ehe einer Ingenieurin, sagte sie später: "Den würde ich heute nicht mehr machen."

Glücklich war sie, dass in ihrem 70. Lebensjahr ihr Buch über Minna Herzlieb "Goethes Minchen in Görlitz" veröffentlicht wurde. Und an vielem hing sie, das bis zu ihrem Tod unvollendet blieb: die Tonbandprotokolle von Interviews, die sie in den 1980ern mit jungen Menschen führte, oder ihre begonnene Biografie über Clara Schumann.

Hannelore Lauerwald hätte all dies gern noch abschließen wollen. Einmal sagte sie, ihre unvollendeten Werke seien wie Türen, die sie nicht zur Ruhe kommen ließen. Jetzt ist sie 86-jährig zur Ruhe gekommen. Und was bisher unvollendet in Schüben und Schränken lag, ist bald für jeden OLB-Leser zugänglich.