Kodersdorferin übernimmt älteste Görlitzer Apotheke

Die am längsten in Görlitz tätige Apotheke bleibt auch weiterhin ein Dienstleister für die Patienten: Die Humboldt-Apotheke am Görlitzer Demianiplatz hat ab 1. September eine neue Inhaberin.
152-jährige Apothekengeschichte wird fortgesetzt
Stefanie Scheibe-Mimus übernimmt die Humboldt-Apotheke von Brigitte Westphal. Die hatte die Humboldt-Apotheke Anfang Januar 1998 übernommen. Nun geht die 68-Jährige in den Ruhestand. Sie ist "sehr, sehr froh", dass die Apotheke weitergeführt und damit die 152-jährige Geschichte dieser Einrichtung fortgesetzt wird.
Für die Apothekerin Stefanie Scheibe-Mimus ist die Humboldt-Apotheke eine Filiale. Die 41-jährige gebürtige Görlitzerin, die in Kodersdorf aufwuchs und heute mit ihrem Mann und zwei Kindern dort lebt, führt aber den Namen Humboldt-Apotheke weiter. Ihre Hauptfiliale, die Fortuna-Apotheke, befindet sich in Rauschwalde, direkt am Einkaufszentrum Rewe.
Ein Glücksfall: Bewerbungen von PTA
Zunächst wird sich in der Humboldt-Apotheke nicht viel ändern. Aber es gibt neue Mitarbeiter. Die zwei Mitarbeiterinnen von Frau Westphal gehen mit ihr in den Ruhestand, eine weitere studiert in Berlin. Stefanie Scheibe-Mimus benennt es als Glück, dass ihr gerade jetzt einige Bewerbungen zur Mitarbeit in der Apotheke vorlagen. "Sonst hätte ich die Humboldt-Apotheke wahrscheinlich nicht übernehmen können, denn ich suche trotzdem noch Pharmazeutisch-Technische Assistenten (PTA)", sagt sie.
Am 31. August schließt Brigitte Westphal ihre Apotheke 17 Uhr zum letzten Mal zu. Dann kommen sofort Techniker, die das System der Fortuna-Apotheke in der Humboldt-Apotheke aufspielen. "Das ist kein Problem, denn das System, das Frau Westphal nutzt, ist mit dem in meiner Apotheke kompatibel", erklärt Frau Scheibe-Mimus. Und schon einen Tag später öffnet die Humboldt-Apotheke unter neuer Inhaberin zunächst zu den bis jetzt üblichen Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 9 bis 17 Uhr.
Ziel: Gesundheitsstandort
Doch mit der Übernahme der kleinen Apotheke am Demianiplatz verbindet Stefanie Scheibe-Mimus große Pläne. Denn sie erwarb auch das Gebäude, in dem sich die Humboldt-Apotheke befindet, von einem Mann aus Irland, der es bislang vermietete. Die Apothekerin plant, dort einen Gesundheitsstandort zu etablieren. Sie möchte das ganze Haus sanieren und dabei die Apotheke erweitern und modernisieren. Für die oberen Etagen wünscht sie sich den Einzug von kleineren oder auch größeren Arztpraxen, für die sie die Räume passgenau sanieren möchte. Auch einen Aufzug will sie einbauen. "Vielleicht entstehen auch noch ein paar Ferienwohnungen", sagt sie.
Ob sie ihre Vorstellungen verwirklichen kann, hängt jedoch davon ab, wie die Finanzierung letztlich geklärt werden kann.

Bedingungen für Apotheker werden schwieriger
Für die 41-jährige Apothekerin ist die Übernahme der Humboldt-Apotheke auch ein Wagnis. Denn die Bedingungen für Apotheker haben sich in der Vergangenheit zunehmend verschlechtert. Brigitte Westphal kann das nur bestätigen. "Die Bürokratie beispielsweise hat sich vervielfacht", sagt sie. Politische Entscheidungen wie erst jüngst die Erhöhung des Kassenabschlags, bei dem Apotheken für jedes Rezept einen höheren Abschlag an Krankenkassen leisten müssen, führen dazu, dass Apotheker immer weniger verdienen können. Im Gegenzug werden jedoch die Dienstleistungen der Apotheken immer umfangreicher. Beispielsweise stellten Apotheker selbst Desinfektionsmittel her, weil es zu Beginn der Corona-Krise zu Lieferengpässen kam. Gewinn machten Apotheken damit nicht, im Gegenteil. Der Beratungsaufwand stieg Pandemie-bedingt erheblich an, viele Fragen haben Patienten zum Beispiel zum Thema Impfen. Die Inflation tut jetzt ihr Übriges.
Doch davon lässt sich Stefanie Scheibe-Mimus nicht abschrecken. Voller Elan geht sie mit ihrem Team daran, die Humboldt-Apotheke fortzuführen und zu entwickeln. "Wir freuen uns alle auf die neue Herausforderung", sagt sie und unterstreicht, dass es ihr viel Spaß macht, mit so einem Super-Team zusammenzuarbeiten. "Die Apotheke am Demianiplatz hat Potenzial", sagt sie und freut sich darüber, dass schon viele Stammkunden von Frau Westphal versicherten, auch künftig der Humboldt-Apotheke die Treue zu halten.
Zeit für Ehrenämter
Brigitte Westphal wird ihren Ruhestand dem Reisen widmen, Afrika ist eines ihrer Ziele. Darüber hinaus freut sie sich, mehr Zeit für ihre Ehrenämter in Görlitz zu haben. Sie ist Vorstandsmitglied in der Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz und erledigt dort die Redaktionsarbeit. Sie will weiter in Görlitz mit Lesungen an den Görlitzer Kabarettisten Werner Finck erinnern, "vielleicht sogar mit Stefanie Scheibe-Mimus zusammen", sagt sie. Werner Fincks Vater führte lange die Humboldt-Apotheke, der Sohn wuchs praktisch hier auf. Ein Schaufenster der Apotheke gibt zu dieser Historie Auskunft. Im Vorjahr erinnerte Brigitte Westphal mit mehreren Veranstaltungen an den 120. Geburtstag von Werner Finck.