Immobilienpoker: Spettmann bezahlt Häuser in Görlitz

Große Überraschung für die Stadt Görlitz: Familie Spettmann aus Geldern, die für den angeblichen Römer Roberto Petrucci drei Görlitzer Häuser bei Zwangsversteigerungen im hiesigen Amtsgericht erwarb, hat auch das zweite und dritte Haus bezahlt. Das bestätigt Richter Ulrich von Küster, Pressesprecher des Amtsgerichts. Nach der Bahnhofstraße 54, für die Sohn Leonardo Spettmann 46.000 Euro geboten hatte, sind nun auch das mit 70.101 Euro deutlich teurere Haus Bismarckstraße 18 und die 70.001 Euro teure Ruine Rauschwalder Straße 53 bezahlt. „Das Geld wurde überwiesen“, bestätigt von Küster.

Überraschungen sind die jetzigen Zahlungen aus mindestens zwei Gründen: Einerseits hatte Vater Karl Leo Spettmann bei früheren Versteigerungen in anderen Orten die Beträge teilweise nicht bezahlt. So musste beispielsweise der Bahnhof in Forst vor Jahren ein zweites Mal versteigert werden. Andererseits hat Spettmann die Bismarckstraße 18 bei seiner Internet-Auktion am 15. Mai bereits weiterverkauft: für gerade einmal 28.000 Euro. Somit hätte er allein mit diesem Haus mehr als 42.000 Euro minus gemacht. Bei den anderen Häusern sieht es teilweise nicht besser aus.
Die Frage ist aber, wie seriös die Internet-Auktion war. Angeblich wurden fünf Görlitzer Häuser versteigert. Doch schon kurz darauf standen drei der fünf im Internet erneut zum Verkauf – auf der Seite von Tochter Anastasia Spettmann. Dort sind alle drei bis heute zu finden – zu weitaus höheren Preisen als denen aus der Zwangsversteigerung und denen aus der Internet-Auktion. Gut möglich also, dass die Internet-Auktion nicht ernst zu nehmen ist. Vielleicht waren Spettmanns Kinder die Bieter. Im Internet ist das nicht zu sehen.
Die Bismarckstraße 18 ist bisher nicht wieder im Internet aufgetaucht. Doch ob Spettmann sie wirklich mit 42.000 Euro Verlust weiterverkauft hat oder ob er das Haus nach wie vor besitzt oder ob er es zwischenzeitlich an Dritte weiterverkauft hat, ist derzeit völlig unklar. Auch, ob er von vornherein geplant hatte, die Summe aus der Zwangsversteigerung zu bezahlen, oder ob der Druck durch die permanente Medienberichterstattung einfach zu groß wurde, lässt sich nicht sagen.
Billig-Angebote im Netz
Letzteres vermutet der Görlitzer Rechtsanwalt Frank Heinrich, ein Experte für Zwangsversteigerungen. „Anfangs hatte ich vermutet, dass Spettmann kaufen und ganz schnell wieder verkaufen will“, sagt Heinrich. Dann sei das Ganze durch die Medien beobachtet worden: „Es kann sein, dass der Plan dadurch nicht aufgegangen ist.“ Bei der Internet-Auktion wurden die Häuser zum Startpreis von je 500 Euro angeboten. Auch das ließ Heinrich aufhorchen. „Man kann mit Billig-Angeboten im Netz viele Interessenten einsammeln und dann versuchen, mit Gewinn zu verkaufen“, sagt er. Das sei zwar unseriös, „wird aber seit Ewigkeiten so gemacht.“
Einen wirklichen Geldwäsche-Verdacht, den Dritte bereits ins Spiel gebracht hatten, sieht Heinrich eher nicht: „Das hat bei Ruinen nicht viel Sinn.“ Um Geld zu waschen, wäre es aus seiner Sicht besser, teure Häuser zu kaufen, bei denen „richtig was rumkommt.“ Doch völlig ausschließen würde Heinrich diese Option nicht: „Das Geld bei Zwangsversteigerungen geht an die Landesjustizkasse – und die fragt in der Regel nicht, wo es herkommt.“
Nach Aussage von Tim Hofmann, Geschäftsführer der Notarkammer Sachsen, sind Sachverhaltsmeldungen zu Geldwäsche-Verdachtsfällen zahlenmäßig gestiegen. Der Grund ist simpel: Seit Oktober gelten für Notare neue Regeln. Eigentlich sind sie zur Verschwiegenheit verpflichtet. Bis September hieß das: Sie durften nur Meldungen abgeben, wenn sie wussten, dass Geldwäsche betrieben wird. „Das erfahren sie aber ganz selten“, so Hofmann. Seit Oktober geben Notare nun „Sachverhaltsmeldungen“ ab, sagt Hofmann: „Das Bundesfinanzministerium hat Sachverhalte benannt, die typischerweise mit Geldwäsche einhergehen.“ Die Zahlung an eine dritte Person, die nicht zum engsten Familienkreis gehört, gehöre ebenso dazu wie beispielsweise Barzahlungen ab 10.000 Euro aufwärts oder Zahlung vor Beurkundung oder Zahlung aus Risikostaaten. All das melden die Notare nun an den Zoll: „Es ist letztlich nur eine Spur, muss aber keine Geldwäsche sein.“
Vollmacht ist neun Jahre alt
Spettmanns erwerben die Häuser mit Vollmachten, die Petrucci 2012 bei einem Notar in Moers ausgestellt hatte, der heute im Ruhestand ist und mit dem sie auch sonst viel gemeinsam gemacht haben. „Eine Vollmacht verliert ihre Gültigkeit nicht, solange sie nicht widerrufen wird“, so Hofmann. Insofern sei es nicht ungewöhnlich, das alte Dokument bis heute zu nutzen.