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Görlitz: Kaum versteigert, schon wieder auf dem Markt

Die Bismarckstraße 18 war am Montag an einen Römer gegangen. Doch an dessen Seriosität gibt es erhebliche Zweifel.

Von Ingo Kramer
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Das Haus Bismarkstraße 18 in Görlitz steht jetzt im Internet für knapp 100.000 Euro zum Weiterverkauf.
Das Haus Bismarkstraße 18 in Görlitz steht jetzt im Internet für knapp 100.000 Euro zum Weiterverkauf. © nikolaischmidt.de

Keine 24 Stunden nach der Zwangsversteigerung steht das Haus Bismarckstraße 18 in Görlitz schon wieder zum Verkauf. Auf der Internet-Plattform immobilienscout24.de will eine Frau namens Anastasia Spettmann 99.999 Euro dafür haben. Die Anzeige ist garniert mit zahlreichen Rechtschreibfehlern, aber auch 23 Fotos, die das ruinöse, aber notgesicherte Gebäude von innen und außen zeigen.

Damit nimmt die Geschichte eine schnelle, wenngleich nicht überraschende Wendung. Am Montag hatte Leonardo Spettmann aus Düsseldorf in der Zwangsversteigerung bei 70.101 Euro den Zuschlag erhalten. Er war gemeinsam mit seinem gleichnamigen Vater erschienen.

Käufer will angeblich sanieren

Spettmann hatte aber nach eigener Aussage nicht für sich geboten und auch nicht für seinen Vater, sondern für einen 48-jährigen Mann namens Roberto Petrucci, der in Rom lebt und in Deutschland nur eine Postadresse im nordrhein-westfälischen Geldern hat. „Wir sind ein Fonds aus Düsseldorf“, sagte Spettmann der SZ: „Wir haben einen Pool an Leuten, die denkmalgeschützte Häuser kaufen und sanieren.“ Einer davon sei Petrucci. Der Römer habe in Görlitz schon mehrere Häuser – und einen Bautrupp, mit dem er sie saniere. Auch die Bismarckstraße 18 wolle er möglichst schnell sanieren – als Wohn- und Geschäftshaus. Sie äußerten sich zuversichtlich, dass das gelingen wird.

Die SZ erkundigte sich daraufhin bei einigen Görlitzern, die einen guten Einblick in die Szene haben. Der Name Roberto Petrucci sagte niemandem etwas. So kamen erste Zweifel auf, ob er in Görlitz tatsächlich Häuser und einen Bautrupp hat. Verstärkt wurden die Zweifel durch die Internetseite der Spettmanns. Auf leodami.de handeln sie nicht mit Immobilien, sondern mit Steinfiguren und Buddha-Statuen.

Verkauf läuft über Düsseldorfer Firma

Der Hausverkauf im Internet läuft nun über Anastasia Spettmann und die Gelago Immobilien GmbH. Sie hat in Düsseldorf die gleiche Postadresse wie Leodami, auch die Telefonnummer ist identisch. Somit ist klar: Petrucci wird das Haus nicht sanieren.

Stattdessen wollen es die Spettmanns so schnell wie möglich mit Gewinn weiterverkaufen – im besten Fall noch vor dem Verteilungstermin der Versteigerung, also dem Termin, bis zu dem der Bieter sein Gebot spätestens bezahlen muss. Über diesen Termin hatten die Spettmanns gleich am Montag vor Gericht verhandelt – mit dem Ziel, ihn möglichst weit hinauszuzögern. Sie erklärten dort, dass Petrucci persönlich nach Deutschland kommen wolle, um zu bezahlen. Wegen Corona sei das aber im Moment nicht möglich. Als das Gericht argumentierte, er könne das Geld auch aus Italien überweisen, lehnten die Spettmanns ab: Er wolle selbst kommen. Letztlich einigten sich beide Seiten auf den 30. Juni als Verteilungstermin.

Bieter will hohen Gewinn erzielen

Nun bleiben also dreieinhalb Monate, um das Haus noch vor dem Termin weiterzuverkaufen. Dann kann der Bieter seine 70.101 Euro an das Gericht bezahlen und knapp 30.000 Euro einstreichen. Im schlimmsten Fall bezahlt der Bieter sein Gebot nicht und die Stadt muss in die Wiederversteigerung gehen. Bis zu dem neuen Versteigerungstermin kann er weiter versuchen, das Haus frei zu verkaufen und den Anspruch der Stadt daraus zu bezahlen.

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