Das große Impfen läuft

Als Hausarzt ist Dr. Leonhard Großmann derzeit noch mehr von seinen Patienten gefragt. Seit dem 9. April wird in seiner Görlitzer Praxis auf der Goethestraße gegen das Corona-Virus geimpft. "Wir haben in den letzten zwei Wochen 130 bis 150 Patienten pro Woche impfen können", erklärt der Allgemeinmediziner. Für diese Woche sind insgesamt etwa 170 Impfungen geplant.
Verimpft wird sowohl der Impfstoff von AstraZeneca als auch der von Biontech/Pfizer. "Wochenweise wird er uns zugeteilt", erklärt Großmann und verweist darauf, dass die Skepsis bezüglich des Impfstoffs von AstraZeneca groß sei. Dementsprechend ist es auch der Erklärungsbedarf. "Im vertrauensvollen Gespräch mit dem Patienten können zumeist die vorgetragenen Sorgen und Bedenken umfänglich ausgeräumt werden", sagt Großmann, "zumal die meisten Patienten gar keinen individuellen, auch keinen medizinischen Ablehnungsgrund benennen können, sondern zumeist die in den vergangenen Wochen in den Medien vermittelte Verunsicherung im Umgang mit dem AstraZeneca-Impfstoff anführen."
Impfgipfel: Priorisierung fällt voraussichtlich im Juni
So geht es derzeit schon in vielen Hausarztpraxen im Landkreis. 110 Hausärzte im Kreis impfen gegenwärtig gegen das Corona-Virus. Insgesamt gibt es im Kreis 169 Hausärzte, wie die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen informiert. Noch impfen also nicht alle, aber es werden mehr. Und das wird sich nach dem Impfgipfel am Montag auch noch verstärken. Ab Juni soll die Impf-Priorisierung aufgehoben werden. Dann könne sich jeder um einen Impftermin bemühen, auch bei seinem Hausarzt. Allerdings wurde beim Impfgipfel darauf verwiesen, dass ab Juni nicht jeder tatsächlich geimpft werden kann, weil auch dann noch nicht genügend Impfstoff zur Verfügung stehen wird.
So bereiten sich immer mehr Hausärzte auf die Impfung vor. Auch in Görlitz. Am kommenden Mittwoch gibt es die "Impfpremiere" in der Arztpraxis von Dr. Konstantinos Georgiou. "Wir sind eine kleine Praxis, aber die Nachfrage nach der Impfung ist bei uns groß", heißt es aus der Praxis. Hier wird die Impfung künftig mittwochs außerhalb der regulären Sprechstunde angeboten. In der Praxis von Dr. Georgiou gab es im März 2020 den ersten Corona-Verdachtsfall in Görlitz.
Geimpft wird außerhalb der Sprechzeit
Auch Leonhard Großmann führt die Impfungen meist außerhalb der regulären Sprechzeiten durch, da der sonstige Praxisbetrieb darunter nicht leiden soll. Praxisabläufe beim Impfen seien andere als das übrige Praxisgeschehen, beides sei nicht miteinander vereinbar, erklärt der Arzt. Hausbesuchspatienten werden bisher im Anschluss an eine nachmittägliche Impfaktion in der Praxis geimpft.
Die Nachfrage nach den Corona-Schutzimpfungen schätzt Dr. Großmann als groß ein. Er sieht zudem derzeit ausreichend vorhandenen Corona-Impfstoff. Ähnlich wie im Impfzentrum sind für ihn jedoch keine patientenbezogenen Impfstoffwünsche maßgeblich, sondern die Auswahl des jeweiligen Impfstoffes nimmt er nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) und der Impfpriorisierung vor.
"Wir sprechen die Patienten gezielt an und unterbreiten ihnen ein Impfangebot." Zudem rufen Patienten an und erkundigen sich nach den Impfungen und dem Prozedere. Manche Kontakte laufen über E-Mail. "Wir vergeben die Impftermine zumeist auf telefonischem Wege oder per E-Mail", sagt Dr. Großmann.
Sollte es im Mai mehr Impfstoff geben, könnten in seiner Praxis in Abhängigkeit von der dann bestehenden Impfpriorisierung noch mehr Impfungen pro Woche stattfinden. Und es sieht ganz danach aus. Nach den aktuellen Prognosen des Bundes soll Sachsen von April bis Juni für Impfzentren und mobile Teams insgesamt 1,5 Millionen Impfdosen erhalten. Den sächsischen Hausärzten und ab Juni auch den Betriebsärzten stehen in diesem Zeitraum nach aktuellen Angaben des Bundes darüber hinaus mindestens 1,3 Millionen Impfdosen zu.
Mehraufwand an Zeit von bis zu 30 Prozent
Das Interesse an Corona-Schutzimpfungen in Görlitz und Niesky scheint zudem groß zu sein. Denn auf SZ-Nachfrage war keiner der befragten weiteren acht Allgemeinmediziner bereit, Auskunft zu geben. In erster Linie, weil die Ärzte schlicht keine Zeit hatten.
Mit dem Praxisbetrieb und den Impfungen sind sie mehr als sonst ausgelastet. Dr. Großmann schätzt den Mehraufwand, der durch die Corona-Schutzimpfung entsteht, auf etwa 25 bis 30 Prozent zur sonst üblichen Praxistätigkeit. Das eigentliche Impfen mache dabei eher einen geringen Anteil aus, sondern der Erklärungsbedarf sowie die teils aufwendige Patientenakquise und Terminvergabe bedeuten den deutlich größeren Anteil. "Der aktuelle Dokumentionsaufwand sowie die hierfür notwendigen Formulare fallen nicht nennenswert ins Gewicht", erklärt der Arzt.