In diesem Motel kann wieder übernachtet werden

In Schmetterlingsform liegen die Handtücher auf den frisch bezogenen Betten. Duschen und Sanitär sind neu. Platz ist in den 25 Quadratmeter großen Holzbungalows auch für eine gemütliche Fernsehecke. Der Blick durch die Fenster geht hinaus ins Grüne. Matthias Mersiowsky und seine Frau Iriyna freuen sich auf Besucher im ehemaligen Motel Schlesierland an der B6 zwischen Reichenbach und Markersdorf.
Die Bungalowsiedlung stand einige Jahre leer, zuletzt und bis Ende 2017 war das Motel eine Flüchtlingsunterkunft, betrieben vom DRK. Eigentümer war damals noch die Reichenbacher Bauen und Wohnen (BuW) GmbH. Von der BuW hat der Sohländer das Motel 2020 gekauft und nicht nur mit "Kanone Markersdorf“ einen neuen Namen eingeführt, sondern auch kräftig zusammen mit seiner Frau angepackt: Das Ehepaar erweckt die Siedlung wieder zum Leben. Der Name Kanone deshalb, weil das rund 6.000 Quadratmeter große Areal an den Kanonenbusch - ein Waldstück – angrenzt, erklärt der Eigentümer.
Eine Mammutaufgabe hat sich Matthias Mersiowsky vorgenommen, wie sich nach dem Kauf herausstellte: „Wir mussten zuerst die Bungalows ausräumen“, erzählt der 56-Jährige. So, wie die Flüchtlinge sie verlassen hatten, fanden Mersiowkys das Areal auch vor. Ordentlich zwar, aber ausstaffiert mit Doppelstockbetten und einfachen Schränken, dazu im ehemaligen Sozialtrakt zehn Herde und ebenso viele Spülen in der Gemeinschaftsküche.
Da die Ausstattung noch gut in Schuss und zu Schade zum Entsorgen war, spendeten die Sohländer die Gegenstände für soziale Zwecke nach Polen und an die Görlitzer Sapos gGmbH. „Der Sozialtrakt allerdings war ziemlich müllig“, erinnert sich Matthias Mersiowsky. Das ist nun Geschichte, ebenso die vielen Trennwände in dem Haupthaus. Die wurden herausgerissen – ein großer lichtdurchfluteter Raum entstand. In dem soll künftig eine Gaststätte mit traditionell deutscher und ukrainischer Küche Einzug halten, die Sanierungsarbeiten – 90 Prozent davon in Eigenleistung – sind in vollem Gange.

Ukrainische Familie wohnt auch hier
Zur Ukraine hat der Versicherungsunternehmer einen besonderen Bezug. Seine Frau Iryna stammt aus dem Land, in dem aktuell der Krieg wütet. Verwandtschaft seiner Frau haben Mersowskys in Hagenwerder in Wohnungen untergebracht. Und auch in der „Kanone Markersdorf“ leben sechs ukrainische Flüchtlinge: Großvater und Großmutter, zwei Enkel, Mutter und die Tante der Kinder. Helfen in der schwierigen Situation war dem Ehepaar wichtig.
Und ursprünglich, so sagt Matthias Mersiowsky, sollten im Motel auch noch mehr Geflüchtete ein vorübergehendes Zuhause finden können. Die Stadt Reichenbach habe ihn dazu angefragt. Mit Zeit- und vor allem finanziellem Aufwand sanierte er insgesamt zehn der 19 Bungalows komplett und richtete diese ein. Doch weitere Geflüchtete kamen nicht. Geld als Vermieter für die sechs von ihm aufgenommenen Ukrainer gab es auch nicht. „Sie können selbstverständlich so lange bleiben, wie sie möchten“, bekräftigt Matthias Mersiowsky. Nur müsse er auch das investierte Geld wieder reinholen.

Deshalb startet der Motel-Eigentümer nun mit der Vermietung der Bungalows an Touristen – obwohl er ursprünglich noch gern damit bis zur Eröffnung der Gaststätte gewartet hätte. Die soll, wenn alles nach Plan läuft, zum Jahresende in Betrieb gehen und auch Arbeitsplätze schaffen. In der Zwischenzeit können Touristen, Naturliebhaber, Bikergruppen und alle, die in der Region Urlaub machen möchten, schon jetzt gern kommen und den Fernblick bis ins Riesengebirge genießen. Für die Kinder gibt es eine große Wiese zum Toben, Basketball kann gespielt, am Lagerfeuer geklönt werden.
Modern ausgestattete Bungalows
Die Bungalows sind mit allem ausgestattet, internetfähiger Fernseher und WLAN inklusive. Nur die Verpflegung muss in diesem Jahr noch als Selbstversorgung erfolgen, wobei Kaffeemaschine, Kühlschrank und Wasserkocher für jedes Häuschen neu gekauft wurden und eine Miniküchenecke entstand. Auch wenn sich Matthias Mersiowsky ärgert, dass ihm die Banken für die Gaststättenidee aufgrund der damaligen Corona-Situation eine Absage möglicher Förderungen und Kredite erteilten, blickt er nach vorn. „Wir bauen Schritt für Schritt weiter, werden den Gastraum später auch für Feierlichkeiten bereitstellen“, sagt er. Und ebenso in Planung ist, weitere Bungalows mit Solaranlagen auszustatten.