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Der Görlitzer Hardy Kliese massiert Top-Sportler

Der Physiotherapeut ist bei den European Championships in München im Medical Team dabei. Auf die Hände des Spezialisten vertrauen viele.

Von Gabriela Lachnit
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Physiotherapeut Hardy Kliese in seiner Praxis in Görlitz. Den Faszienstab nimmt er vielleicht mit nach München.
Physiotherapeut Hardy Kliese in seiner Praxis in Görlitz. Den Faszienstab nimmt er vielleicht mit nach München. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Die Vorfreude ist groß. Ab diesem Sonntag ist der Görlitzer Hardy Kliese in München. Eine Woche lang trifft er dort auf Europas beste Sportler. Aber er misst sich nicht im Wettkampf mit ihnen.

2009 mit dem Betreuer-Virus infiziert

Hardy Kliese ist Spezialist für Laufgesundheit. Der 58-jährige Physiotherapeut, Sport-Osteopath und Diplom-Ökonom für Gesundheitswesen ist sportbegeistert durch und durch. Vor allem die Leichtathletik und das Laufen haben es ihm angetan. Kein Wunder, war er doch in seiner Jugend selbst aktiver Leichtathlet, stellte sogar einmal einen DDR-Rekord über 800 Meter auf.

2009 war er zum ersten Mal bei einer Leichtathletik-Weltmeisterschaft dabei, als Leiter eines Teams von Physiotherapeuten. "Eigentlich wollte ich auf der Internetseite der WM nur schauen, wie ich an Karten fürs Stadion komme und fand dort den Hinweis, dass Helfer gesucht werden", erinnert er sich. Er bewarb sich, wurde angenommen und kann seither von den Einsätzen als Physiotherapeut bei Sportereignissen nicht lassen.

Ab Sonntag ist er in München als Physiotherapeut bei den European Championships dabei. Bis zum 21. August kämpfen dort Europas beste Athleten in den Sportarten Beachvolleyball, Kanu-Rennsport, Klettern, Leichtathletik, Radsport, Rudern, Tischtennis, Triathlon und Turnen im Olympiapark um die begehrten Goldmedaillen. Einigen von ihnen steht Hardy Kliese als Physiotherapeut bei.

Hardy Kliese vor seiner Sportlerwand. Hier hängen Trophäen, die er in den vergangenen Jahren bei Sportevents bekommen konnte, darunter zahlreiche Fotos mit prominenten Sportlern, darunter Läufer Usain Bolt und Formel-1-Pilot Jenson Button.
Hardy Kliese vor seiner Sportlerwand. Hier hängen Trophäen, die er in den vergangenen Jahren bei Sportevents bekommen konnte, darunter zahlreiche Fotos mit prominenten Sportlern, darunter Läufer Usain Bolt und Formel-1-Pilot Jenson Button. © Foto: SZ/gla

Er kommt den besten Sportlern nah

Die Begeisterung, die er 2009 spürte, das Flair hinter den Kulissen kennenzulernen und mit Sportlern in Kontakt zu kommen, die er sonst nur von der Zuschauertribüne aus oder im Fernsehen erleben konnte, "das ist einmalig", sagt er. Schon wenn er den Tartan, die Laufbahn, rieche, sei das etwas Besonderes. Zu erleben, wie junge Trainer aus seiner Jugendzeit heute sozusagen Kollegen sind, dafür begeistert er sich.

Hardy Kliese ist einer, der Sportlern nahe kommt: Er massiert sie nach dem Wettkampf, macht die Muskeln wieder weich. Doch allein Muskeln und Knochen in den Fokus zu stellen, reiche nicht. "Die Gesamtkonstellation des Sportlers, bei dem alle Organe, das Nervensystem sowie Stoffwechsel und Psyche einwirken, ist zu beachten", sagt Kliese. "Ich sehe den Sportler als Persönlichkeit im Ganzen, den ich auch im Training unterstützen möchte."

Ein Foto für die Ewigkeit: Hardy Kliese traf den achtfachen Olympiasieger Usain Bolt.
Ein Foto für die Ewigkeit: Hardy Kliese traf den achtfachen Olympiasieger Usain Bolt. © privat

Sport-Stars sind auch nahbar

Doch es sind vor allem die Begegnungen mit Sportlern aus aller Welt, die Hardy Kliese so faszinieren. Patienten seiner Physiotherapie können sich davon ein Bild im Eingangsbereich der Einrichtung machen. Dort ist unter anderem ein Foto zu sehen, das Hardy Kliese mit dem achtfachen Olympiasieger Usain Bolt zeigt. "Als Kind habe ich mir gern Autogramme von Sportlern geholt. Dass ich sie heute so hautnah erleben und ihnen sogar noch mit Physiotherapie helfen kann, macht mich stolz", sagt Kliese und findet es total cool, dass die Sportler so nett, angenehm und nahbar sind. "Dabei hatte ich anfangs ganz schön Gamaschen, weil mein Englisch ausbaufähig war und ich weder Französisch noch Spanisch spreche."

Mittlerweile klappt das mit dem Englisch gut, nur das "Berlinern", das aufzugeben, hat sich der in Brandenburg an der Havel geborene Kliese abgewöhnt. "Ich halte auch Gesundheits-Vorträge, unter anderem an der Polizeiakademie in Bautzen, bei der Volkshochschule, in Firmen und bilde Physiotherapeuten aus. Aber wenn ich dann ins Hochdeutsche komme, dann bin das eigentlich nicht mehr ich. Meine Zuhörer haben sich an das Berlinern gewöhnt, das macht mich authentisch."

Team zu Hause gibt ihm Rückhalt

Drei feste Termine gibt es für Hardy Kliese jedes Jahr: zwei Marathon-Veranstaltungen in Berlin und dann noch einen großen weiteren Wettkampf.

Darüber hinaus betreut der 58-Jährige viele Leichtathleten beim Dresdner Sportclub (DSC) und hilft bei vielen kleineren Laufsportevents, vor allem in Sachsen. Das alles macht Hardy Kliese im Ehrenamt, für eine Aufwandsentschädigung. "Das, was mir die Begegnung mit den Sportlern gibt, wäre mit Geld gar nicht aufzuwiegen", betont er.

Möglich ist sein wochenlanges Fernbleiben von der Görlitzer Praxis im Mühlweg aber nur, "weil ich mich auf mein Team hier verlassen kann", sagt er. Und das fiebert jedes Mal mit dem Chef mit und wartet gespannt darauf, welches Foto wohl bald im Eingangsbereich zu Usain Bolt, Jenson Button und den anderen hinzukommen wird.