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Kreis Görlitz: Grenzkontrollen halbieren illegale Einwanderung

Jetzt liegen Zahlen über die illegale Einreise in einzelnen Bundespolizei-Inspektionen vor. Sie zeigen: Die Entlastung in diesem Jahr ist deutlich. Aber auch, wie 2023 der Kreis zum Hotspot für die illegale Einwanderung wurde.

Von Matthias Klaus
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Eine Dolmetscherin spricht mit Geflüchteten in der Erstaufnahme-Station für Geflüchtete auf dem Gelände der Bundespolizei in Ludwigsdorf.
Eine Dolmetscherin spricht mit Geflüchteten in der Erstaufnahme-Station für Geflüchtete auf dem Gelände der Bundespolizei in Ludwigsdorf. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Der letzte größere Aufgriff von Geflüchteten liegt im Kreis Görlitz erst ein paar Tage zurück. Am vergangenen Freitagvormittag gegen 10.30 Uhr kontrollierte die Bundespolizei Ebersbach (Oberland) in Ostritz zehn Männer. Sie konnten sich nicht ausweisen. Ihren Angaben nach handelte es sich um neun Syrer und einen Iraker im Alter zwischen 25 und 49 Jahren. Sie wurden zunächst mit in die Dienststelle genommen, von dort ging es dann weiter zu einer Erstaufnahme.

Unerlaubte Einreise - immer wieder ist die Bundespolizei damit im Landkreis Görlitz konfrontiert, ob die Beamten in Ebersbach oder in Ludwigsdorf. Es ist, schaut man sich die Statistik der vergangenen Jahre an, ein Auf und Ab der Zahlen, aber mit einem Trend. Bis zur Einführung der Grenzkontrollen im vergangenen Herbst. Stiegen die Zahlen bis zu diesem Zeitpunkt, so gehen sie nun wieder zurück - liegen aber immer noch höher als in "normalen" Jahren in der Vergangenheit.

Die Bundespolizei hat deutschlandweit im vergangenen Jahr einen Höchststand der unerlaubten Einreisen seit 2016 verzeichnet. Insgesamt 127.549 Menschen kamen über die Grenzen. Das geht aus dem Jahresbericht hervor, den Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) jetzt vorstellte.

Die meisten unerlaubten Einreisen registrierten die Beamten demnach im vergangenen Jahr an der Landesgrenze zu Polen: 32.893. Es folgen Österreich mit 28.099, die Schweiz mit 18.539 und die Grenze zu Tschechien mit 16.700.

Allein im Bereich der Bundespolizeidirektion Pirna - sie umfasst die Bundesländer Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt - wurden im vergangenen Jahr 32.468 unerlaubte Einreisen registriert, 29.744 entfielen davon auf den Freistaat Sachsen und hier wiederum 10.301 auf die Inspektion Ludwigsdorf. Sie ist mehr oder weniger für die sächsisch-polnische Grenze zuständig.

Das bedeutet demnach: Etwa ein Drittel aller unerlaubten Einreisen an der polnischen Grenze deutschlandweit fand im Landkreis Görlitz statt.

Kreis Görlitz ist ein Hotspot der unerlaubten Einreise

Im Vergleich zu 2022 registrierte die Bundespolizei deutschlandweit einen Anstieg um 39 Prozent. In Ludwigsdorf sieht es noch anders aus. Denn 2022 entfielen auf den Zuständigkeitsbereich der Inspektion "nur" 4.796 unerlaubte Einreisen. Das heißt, die Zahl hat sich innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt, also über 100 Prozent mehr illegale Einreisen. In ganz Sachsen wurden 2022 18.490 Fälle von unerlaubter Einreise festgestellt.

In Ludwigsdorf nahm die Zahl jedenfalls von Jahr zu Jahr zu. 2021 lag sie noch bei 3.438. Weiter zurück kann die Bundespolizei keine Daten nennen. Grund sei eine Änderung in der statistischen Erhebung zum Jahr 2021, begründet Bundespolizeisprecher Axel Bernhardt. Damit sei eine "Vergleichbarkeit mit früheren Daten nicht gegeben".

Laut SZ-Archiv wurden 2016 immerhin 877 Fälle von unerlaubter Einreise in Ludwigsdorf behandelt. Damals kamen die Flüchtlinge meist aus dem Irak und Russland. Ein Jahr später waren es bereits 1.117 Menschen, die in Ludwigsdorf Zwischenstation machten. Darunter: 43 Schleusungen mit 237 Geschleusten.

Doch mit den Grenzkontrollen an der deutsch-polnischen und deutsch-tschechischen Grenze ist diese Entwicklung vorerst gestoppt worden. In diesem Jahr liegt die Zahl der unerlaubten Einreisen innerhalb der Direktion Pirna bei 6.069, Stand Ende Mai. Zum Vergleich: 2023 lag sie zu diesem Zeitpunkt bei 10.425. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sieht Gründe für den Rückgang zum einen in den stationären Grenzkontrollen. In Görlitz kündigte sie erst vor wenigen Tagen an, sie auch so lange beibehalten zu wollen, wie sie benötigt werden und die europaweit getroffenen Absprachen zur illegalen Migration wirken. Zudem haben europäische Nachbarn ihre Kontrollen an den Grenzen verstärkt.

Innenministerin verspricht 1.000 neue Stellen

Außerdem kündigt Nancy Faeser an, die Bundespolizei mit zusätzlich 1.000 Stellen personell aufzurüsten und das bereits im kommenden Jahr. Kommen die neuen Kräfte auch nach Ludwigsdorf und Ebersbach? Dazu liegen zumindest bei der Bundespolizeidirektion Pirna noch keine Informationen vor. Auch das Sächsische Innenministerium weiß davon noch nichts, verweist auf Berlin.

Neu sind die von Nancy Faeser angekündigten Stellen dabei nicht. Denn schon seit einigen Jahren betreibt die Bundespolizei eine Ausbildungs- und Einstellungsoffensive. Die geht über die Deckung des Bedarfes infolge von Altersabgängen und Fluktuation deutlich hinaus, so Britta Beylange-Haarmann, Sprecherin des Bundesinnenministeriums.

Die 1.000 zusätzlichen Planstellen, die in diesem Herbst voraussichtlich im Bundeshaushaltsplan 2025 veranschlagt werden, dienen demnach vor allem der dauerhaften Übernahme der derzeit bereits zusätzlich in Ausbildung befindlichen Beamtinnen und Beamten.

"Der konkrete Personaleinsatz hängt von der jeweils aktuellen Lagebeurteilung der Bundespolizeibehörden ab", so Britta Beylange-Haarmann.

Zu einer neuen Sächsischen Grenzpolizei, wie sie Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) anstrebt, äußert sich die Bundespolizei in Pirna nicht. Nur soviel lässt sie über ihren Sprecher Axel Bernhardt wissen: "Die Bundespolizei arbeitet bereits seit vielen Jahren eng und vor allem erfolgreich mit der Polizei des Freistaates Sachsen im Rahmen unterschiedlicher Kooperationen zusammen - zum Beispiel in Form der Gemeinsamen Fahndungsgruppen oder der Fahndungs- und Kompetenzzentren."

Kretschmers Beispiel macht übrigens Schule. Auch die Brandenburger CDU fordert vor der Landtagswahl in dem Bundesland eine "märkische Grenzpolizei". So ist es auf Plakaten im nördlich angrenzenden Landkreis Spree-Neiße zu sehen.