Görlitzer Kulturabgabe wird verschoben

Update: Offenbar soll die Entscheidung um ein Jahr verschoben werden. In einem Änderungsantrag, der der SZ vorliegt, heißt es seitens der Fraktion Bürger für Görlitz, dass die Einführung der Kulturabgabe mit Rücksicht auf pandemiebedingte Rahmenbedingungen und erforderliche Vorlaufzeiten erst 2022 erfolgen soll. Darüber soll am Donnerstagabend abgestimmt werden. Zudem gibt es in dem Änderungsantrag den Passus, dass der Stadtrat sich grundsätzlich zur Einführung einer Übernachtungssteuer bekennen soll.
Touristen sollen in Görlitz zur Kasse gebeten werden, die Stadt soll sich damit zusätzliche Einnahmen sichern. Keine neue Idee in Görlitz, aber am Donnerstag steht sie wieder einmal als Beschlussvorlage auf der Tagesordnung des Stadtrats. Diesmal unter dem Begriff Kulturabgabe.
Die Bürger für Görlitz sind es, die erneut mit der Idee eine Mehrheit erreichen wollen. 500.000 Euro wollen sie für die Kultur in der Stadt einnehmen. Wofür ganz konkret wird noch nicht benannt. Auch möchte die Bürgerfraktion kein Rechenbeispiel nennen, etwa, wie viel eine dreiköpfige Familie, die vier, fünf Tage in Görlitz ist, bezahlen würde.
Allerdings wird in der Beschlussvorlage auf die Stadt Weimar verwiesen, nach deren Vorbild man gern vorgehen würde. Seit 2005 gibt es hier eine ähnliche Abgabe, die die sehr hohen Aufwendungen der Stadt für die Kultur kompensieren soll. Weimar hat 65.000 Einwohner und war 1999 Kulturhauptstadt Europas. Zum Thema Kultur sagt die Stadt selbst über sich: „Weimar ist eine Kleinstadt, hat aber Kulturaufwendungen einer Großstadt.“ Um die zehn Millionen Euro gebe man jährlich für die Kultur aus, heißt es. 500.000 Euro nimmt die Stadt durch die Kulturförderabgabe ein. Zahlen müssen alle Übernachtungsgäste, die mindestens 18 Jahre alt sind. Fürs Kassieren der Abgabe sind die Hotels und Pensionen zuständig. So ist das beispielsweise auch an der Ostsee, wo die Kurtaxe an den Vermieter der Urlaubsunterkunft zu entrichten ist. Der Betrag in Weimar richtet sich nach Übernachtungsart und Standard der Herberge und liegt zwischen 0,75 Cent und drei Euro pro Person und Nacht.
Letzter Vorstoß war 2017
In Görlitz nun soll am Donnerstag beschlossen werden, dass eine solche Abgabe eingeführt wird, dass der Oberbürgermeister eine entsprechende Satzung vorzulegen hat und dass geprüft werden soll, ob auch Camping- und Tagestouristen die Kulturabgabe zahlen müssen. Geschäftlich Übernachtende sollen von der Abgabe ausgenommen sein.
Ob die Bürgerfraktion mit ihrem Vorschlag eine Mehrheit erringen kann, bleibt abzuwarten. Gerade auch im Hinblick auf die teilweise doch überraschenden Abstimmungsergebnisse und Streitigkeiten in den vergangenen Stadtratssitzungen. In der Vergangenheit waren Vorstöße Richtung Gästeabgabe immer wieder gescheitert. Zuletzt im Jahr 2017, als der damalige Oberbürgermeister Siegfried Deinege eine Gästetaxe oder Bettensteuer einführen wollte. Nachdem das Kommunalabgabengesetz in Sachsen geändert worden war, hatte Deinege diese Idee wieder ins Spiel gebracht. Damals ging man von etwa 225 000 Euro jährlichen Einnahmen aus.
Die Hoteliers in Görlitz konnten sich für die Sache schon damals kaum begeistern. Und auch diesmal sagen Hoteliers wie etwa Burkhard Kämmerer vom „Silesia“, dass die Kulturförderabgabe eine Zumutung für Hoteliers sei - vor allem jetzt, da Hotels und Pensionen so gut wie keine Gäste beherbergen. Roland Marth vom „Goldenen Strauß“ und dem „Gut am See“ beklagt den hohen Verwaltungsaufwand.
Die Bürgerfraktion hat vor einigen Wochen ihren Vorschlag noch verteidigt. Angesichts knapper Kassen im Rathaus sei es eine Möglichkeit, freiwillige Aufgaben der Stadt, wie es eben die Kultur ist, künftig finanziell zu sichern, sagte Yvonne Reich, Fraktionsvorsitzende der BfG. So kurz vor der Stadtratssitzung nun will man sich nicht mehr dazu äußern. Erst in der Sitzung wird die Vorlage vorgestellt und begründet, so Prof. Joachim Schulze von den BfG. Grund für die Zurückhaltung ist eine aktuelle Debatte unter den Fraktionen - darüber, wie die Sächsische Zeitung über Stadtratsthemen im Vorfeld berichtet und ob Informationen aus Vorberatungen schon öffentlich gemacht werden sollen oder dürfen.