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So lesen wir die SZ

Der Medienwandel ist in Görlitz zu spüren. Der eine hält an seiner Printausgabe fest, der andere liest Zeitung im Internet. Sie vereint: Ohne SZ würde ihnen was fehlen.

Von Ingo Kramer & Gabriela Lachnit
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Eberhard Bischoff liest die SZ seit 74 Jahren – natürlich die gedruckte Zeitung. Er lebt im Seniorenzentrum am Stadtpark im Görlitzer Ständehaus.
Eberhard Bischoff liest die SZ seit 74 Jahren – natürlich die gedruckte Zeitung. Er lebt im Seniorenzentrum am Stadtpark im Görlitzer Ständehaus. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Mittlerweile muss es nicht mehr die gedruckte Zeitung sein, in der sich der Leser über das Geschehen in seinem Ort, seinem Landkreis, dem Freistaat, Deutschland und der Welt informiert. Es gibt gleich drei Möglichkeiten. Neben der gedruckten Zeitung können Interessenten auch das E-Paper bestellen oder die SZ online lesen. Zwei Leser erzählen, was sie bevorzugen und warum.

Eberhard Bischoff liest seit 1947 SZ

Zeitung lesen gehört für Eberhard Bischoff aus Görlitz einfach dazu. In der gedruckten Variante, versteht sich. Und das auch jetzt noch, wenige Wochen vor seinem 95. Geburtstag. Schon am Vormittag sitzt er gern an seinem Fenster im Seniorenzentrum am Stadtpark im Görlitzer Ständehaus – und liest. „Ich fange immer mit dem Görlitzer Lokalteil an“, berichtet er. Wie viel Zeit er am Tag mit seiner Zeitung verbringt, kann er aber nicht so genau sagen: „Manchmal mache ich auch zwischendurch etwas anderes und lese dann weiter.“

Bischoff ist einer von denen, die die SZ quasi „schon immer“ lesen. Wobei: Im April 1946, als sie zum ersten Mal erschien, konnte er sie nicht lesen: „Da war ich noch in Kriegsgefangenschaft.“ Erst ein Jahr später, 1947, konnte er in seine Geburtsstadt Görlitz zurückkehren – und wurde zum Dauerleser. Am 16. Mai 1926 war er hier geboren worden, 1942 hatte er hier die Schule abgeschlossen, später musste er in den Krieg. „Eigentlich wollte ich gern Förster werden, aber in dieser Zeit gab es keine Forstschulen“, erinnert er sich.

Also wurde er nach dem Krieg das, was in seiner Familie auch schon vier Generationen vor ihm waren: Uhrmacher. Alten Görlitzern ist Uhren-Bischoff in der Elisabethstraße bis heute ein Begriff. Ursprünglich wurde die Firma östlich der Neiße, im heutigen Zgorzelec, gegründet. „Aber ich habe mein gesamtes Berufsleben in dem Laden auf der Elisabethstraße verbracht“, berichtet er. Später habe sein Sohn das Unternehmen in sechster Generation weitergeführt. Der sei dann aber in den Westen gegangen und später in die Schweiz, wo er heute in einer Uhrenfabrik arbeitet.

„Die Zeitung hatten wir immer zu Hause, nicht im Geschäft“, sagt Eberhard Bischoff. Er habe sie stets zusammen mit seiner Familie gelesen: Seine Frau Margarete heiratete er 1949, sie starb im April 2016 – nur ein halbes Jahr, nachdem beide gemeinsam ins Ständehaus eingezogen waren. Die drei Kinder wurden zwischen 1954 und 1966 geboren, leben aber inzwischen allesamt nicht mehr in Görlitz.

Früher habe er immer den Sportteil zuerst gelesen. Vor allem Schwimmsport hat ihn interessiert. Für Politik hingegen hatte er nie etwas übrig: „Das habe ich schon damals kaum gelesen – und auch heute nicht.“ Selbst die Corona-Politik lässt ihn eher kalt. Dann doch lieber Sport, auch heute noch. Oder eben Lokales. Und Rätsel: „Die löse ich gern, um meinen Geist ein bisschen zu schulen.“ Durch den Laden hatte Eberhard Bischoff immer mit vielen Leuten Kontakt. Über manche davon liest er bis heute in der Zeitung. Darüber freut er sich. Aber auch sonst interessiert ihn vieles, was in Görlitz und im Landkreis passiert: „Hier kenne ich mich ja aus.“ Auch aktuelle Debatten verfolgt er bis heute, etwa um das Kaufhaus oder die Stadthalle.

Dass die SZ mit den Jahren mehr Seiten bekommen hat, dass die Bilder heute bunt sind, dass sich das Aussehen und die Inhalte über die 75 Jahre sehr stark verändert haben – all das hat Eberhard Bischoff eher unbewusst mitbekommen. Wichtig sind ihm Informationen über Görlitz und über den Sport. Und die bekommt er bis heute.

Frank Siwek liest seit 2019 online

Frank Siwek liest die Sächsische Zeitung seit anderthalb Jahren online, noch bevor die gedruckte Ausgabe erscheint.
Frank Siwek liest die Sächsische Zeitung seit anderthalb Jahren online, noch bevor die gedruckte Ausgabe erscheint. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Frank Siwek ist einer der ersten, der täglich die Sächsische Zeitung liest – und zwar schon am Vorabend des Erscheinungstages. Möglich ist das, weil der Görlitzer die SZ als E-Paper abonniert hat, das im Internet abgerufen und online am PC, am Tablet oder auch auf dem Smartphone gelesen werden kann.

Das E-Paper ist das komplette und genaue elektronische Abbild der gedruckten SZ, die am nächsten Morgen von den Zeitungsausträgern in die Briefkästen der Abonnenten gesteckt oder im Presseshop zum Verkauf angeboten wird. Bis die meisten Abonnenten ihre SZ zu Hause haben, ist Frank Siwek allerdings schon bestens informiert, denn das E-Paper wird bereits 20 Uhr am Vortag für Abonnenten im Internet freigeschaltet. Das nutzt der Görlitzer und weiß am Abend schon, was am nächsten Tag in der Zeitung steht. Es stört ihn dabei auch nicht, wenn mitunter eine Baustelle auf der Seite steht. Der Mann aus Weinhübel weiß, dass da noch eine Aktualisierung des Textes kommt.

Die elektronische Ausgabe der gedruckten Zeitung liest der 59-Jährige auf einem Tablet. Vor etwa anderthalb Jahren kam der Elektroingenieur auf die Idee, die gedruckte Zeitung abzubestellen und stattdessen die gleiche Zeitung im elektronischen Format zu lesen. „Die Erhöhung des Abo-Preises spielte dabei eine kleine Rolle, das elektronische Abo ist ja günstiger“, erklärt Frank Siwek.

Viel gewichtiger war für ihn dieser Grund: Als Mitarbeiter im Vertrieb eines großen Görlitzer Unternehmens war er häufig unterwegs, auch im Ausland, und konnte so die gedruckte Zeitung oft gar nicht oder erst mit viel Verspätung und dann als Sammlung von vielen Tagesausgaben lesen. „Jetzt kann ich tagesaktuell online lesen, was zu Hause los ist und verpasse nichts, was in der Stadt wichtig ist. Da spielt es keine Rolle, wo ich gerade bin, Hauptsache ich habe einen Internetzugang“, erklärt der Görlitzer, der pandemiebedingt jetzt allerdings seltener unterwegs ist und seit einem Jahr im Homeoffice arbeitet.

Es sei nur eine Gewöhnungsfrage, ob man die Zeitung in Papierform oder auf dem Tablet liest, sagt Frank Siwek. Allerdings schätzt er die Vorteile des E-Papers sehr: „Ich kann einzelne Artikel als PDF speichern und es gibt eine super Such-Funktion nach Beiträgen“, sagt er, „das gibt’s bei der gedruckten Zeitung nicht, da müsste ich mir die einzelnen Beiträge ausschneiden, sammeln und dann bei Bedarf wohl lange suchen.“ Außerdem könne er auf dem Tablett die Beiträge und Fotos auch in der Größe heranzoomen, wie er es benötige, sagt er.

Frank Siweks Frau liest die SZ ebenfalls auf dem Tablet. Beide sind sich einig: Das Lesen des E-Papers empfinden sie als eine gute Sache. „Mit dem Wegfall des Zeitungspapiers leisten wir einen kleinen Beitrag für die Umwelt“, sagt der Görlitzer. Und falls doch mal etwas Papier für eine Sache gebraucht werde, sei genug vorhanden: Es gebe ja genügend Werbeprospekte und -blätter, die zuhauf in den heimischen Briefkasten gelangen, meint Frank Siwek.

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