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Neu-Görlitzer will Studenten mit Theater-Freude anstecken

Eike Zastrow studiert an der Hochschule Zittau/Görlitz Kultur und Management und ist Gründer des Studierenden-Ensembles. Woher er kommt und was er erreichen will.

Von Marc Hörcher
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Eike Zastrow, Leiter des Görlitzer Studierenden-Ensembles, steht vor dem Apollo-Theater. Dort hatte die Gruppe jüngst ihre Premieren-Vorführung.
Eike Zastrow, Leiter des Görlitzer Studierenden-Ensembles, steht vor dem Apollo-Theater. Dort hatte die Gruppe jüngst ihre Premieren-Vorführung. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Der tyrannische Herrscher drückt die Gesichter seiner Senatoren in einen riesigen Kopierer, wenn er sie hinrichten lässt. Ihre verzerrten in Schwarz-Weiß abgelichteten Fratzen hängt er an den Rand der Theaterbühne. Im Publikum sitzt der damals noch jugendliche Eike Zastrow, der zu dem Zeitpunkt eine Ausbildung an der Freien Schauspielschule Hamburg absolviert. Er ist begeistert vom Bühnenbild, von dessen Einfachheit. Bis auf das Kopiergerät gibt es nämlich keine Requisiten. "Dadurch hatten die Schauspieler so viel Raum, den sie einnehmen konnten", schwärmt Zastrow, der heute 27 und Leiter des Studierenden-Ensembles am Gerhart-Hauptmann-Theater in Görlitz ist. Es sind diese Bilder aus der damaligen Inszenierung des Stücks "Caligula" von Jette Steckel am Thalia-Theater in der Elbestadt, die er heute immer noch im Kopf hat. In diesem Moment wird ihm klar: Er möchte an seine Schauspielausbildung gleich noch ein Regiestudium dranhängen. Das absolviert er später mit 20 in Regensburg an der Akademie für Darstellende Künste.

Später führen die Wege des mittlerweile 27-Jährigen an die Hochschule Zittau/Görlitz. Dort studiert er seit mittlerweile eineinhalb Jahren Kultur und Management. "Eines meiner Lebensziele ist es, Leute fürs Theater zu begeistern", sagt er. So gelangt er über ein Praxissemester an das Gerhart-Hauptmann-Theater, wo er seit März als studentische Hilfskraft arbeitet. Dort ruft er im Herbst vergangenen Jahres das Studierenden-Ensemble ins Leben. Kürzlich brachte die Gruppe unter seiner Regie an zwei Abenden ihre erste Inszenierung im Apollo-Theater auf die Bühne: "Kasimir und Karoline und was davon übrig blieb". Die Vorlage, ein Volksstück von Ödön von Horváth, erzählt ein Beziehungsdrama vor der Kulisse des Münchner Oktoberfestes. Party-Atmosphäre und streitende, deprimierte Akteure - dieser Kontrast macht die Handlung aus.

Auf die Idee, ausgerechnet dieses Stück umzusetzen, kommt der Jungregisseur ganz assoziativ, als er auf einer Bank am Postplatz sitzt, während der bekannte Görlitzer Drehorgelspieler Pierre Pilz dort musiziert. Gleichzeitig ist eine Reisegruppe zu beobachten, die dort ankommt, mit lauter "abgekämpft aussehenden Leuten", wie er schildert. Deren schlechte Stimmung kann er förmlich spüren. Und im Hintergrund eben die fröhliche Orgelmusik - der Geistesblitz, in dieser Stadt einmal "Kasimir und Karoline" auf die Bühne zu bringen, ist sofort da.

Nutzen, was da ist: offenbar entstand das Foto des Studierenden-Ensembles, das Eike Zastrow leitet, auf dem Rummel im Kidrontal.
Nutzen, was da ist: offenbar entstand das Foto des Studierenden-Ensembles, das Eike Zastrow leitet, auf dem Rummel im Kidrontal. © Hochschule Görlitz/Zittau

Deutschunterricht hemmt Lust an Schiller

Theaterpädagogische Angebote wie das Studierenden-Ensemble sind es, mit denen der Neu-Görlitzer das Feuer fürs Theater, das nach eigenen Angaben in ihm brennt, an andere weitergeben möchte. Das ging bereits in der Grundschule los, als er erste Rollen in traditionellen Weihnachtsmärchen übernahm. Der Deutschunterricht in der Realschule hemmt dann seine Freude an Theater-Klassikern etwas - zumindest Werkanalyse und lange Diskussionen darüber, was beispielsweise Friedrich Schiller mit dieser oder jener Szene aus "Die Räuber" gemeint haben könnte, ermüden ihn. Gleichwohl bleibt er stets und ständig am Ball, was das Theatermachen angeht.

"Erst später in der Schauspielausbildung habe ich dann gelernt, dass auch klassische Stücke Spaß machen können" - nämlich durch den kreativen Umgang mit dem Skript, indem man einzelne Stellen herausnimmt, streicht, kürzt, verändert und den Schauplatz in die moderne Zeit versetzt, schwärmt er begeistert. Während seiner Zeit in Regensburg inszeniert er die Stücke "Welche Droge passt zu mir?", "Das schwarze Wasser" sowie den Sprechkunstabend "Menschsein bis zur Unverschämtheit".

Nun ist er also am Görlitzer Haus angekommen, und freut sich über die Zusammenarbeit mit Intendant Daniel Morgenroth, den er zusammen mit dem gesamten Leitungsteam als "extrem passioniert" erlebt. Er findet es spannend auf ein solch "relativ junges Team" zu stoßen. Nach der ausverkauften Premiere soll die Arbeit des Studierenden-Ensembles fortgesetzt werden mit einer weiteren Produktion, erklärt Zastrow. Beim Ensemble mitmachen kann jeder Studierende, ob mit oder ohne Theater-Erfahrung. Welches Stück die Studenten dann auf die Bühne bringen, darüber wird er sich in den nächsten Tagen mit der Theaterleitung abstimmen.