Den Einwanderer hat Uwe Bartholomäus zum ersten Mal im Kiefernwald zwischen Krauschwitz und Gablenz entdeckt. Da stand der "Amerikaner“ zwischen den Bäumen. "Die Falsche Rotkappe ist nun auch bei uns in der Region angekommen“, sagt der Pilzberater aus Hähnichen. Das ist noch nicht so lange her, knapp zwei Jahre gerade mal. Ob die Sporen durch die menschliche Mobilität übertragen wurden, ob Klimaveränderungen eine Rolle spielten, das sei noch nicht abschließend geklärt, so der Experte.
Mittlerweile, so erzählt der 70-Jährige, werde die Falsche oder Amerikanische Rotkappe auch auf dem Polenmarkt in Bad Muskau zum Verkauf angeboten, oftmals als angeblicher Steinpilz, wahlweise als Rotkappe, was er aber eben nicht ist. "Nur ein Verkäufer klärte darüber auf, was das tatsächlich für ein Pilz ist“, so die Beobachtung des Pilzkenners. Die Falsche Rotkappe stammt offenbar aus Nordamerika, ist seit knapp zehn Jahren in Deutschland erstmals nachgewiesen worden.
In die Pfanne kam die neue Pilzart bei Uwe Bartholomäus bisher noch nicht. Er rät zu etwas Vorsicht, auch wenn der Pilzkörper als essbar gilt. Und einladend ausschaut: Die Art erinnert sehr an einen Steinpilz, der Hut ist rotbraun. "Besser ist jedoch, nur eine kleine Menge zu probieren, ob man die Falsche Rotkappe verträgt“, sagt Bartholomäus. Denn Langzeitstudien gebe es noch nicht.
Das lehrt auch die Geschichte. In alten Pilzbüchern aus DDR-Zeiten ist beispielsweise der Kahle Krempling als Speisepilz zu finden", der war sogar als Handelspilz aufgeführt“, erinnert sich der Hähnichener. Das änderte sich in den 1970er Jahren, als feststand, dass der Kahle Krempling schwerste Vergiftungen - bis hin zum Tod - auslösen kann. Ähnliches galt für den Grünling, einen in der Lausitz vor nicht allzu langer Zeit gern gesammelten Pilz. "Seit einigen Jahren ist auch der Grünling als Giftpilz eingestuft worden, sein Verzehr kann zur Muskelzersetzung führen“, sagt Uwe Bartholomäus. Und selbst beim Butterpilz, der teils in Scharen in den hiesigen Wäldern zu finden ist, sei Vorsicht angesagt. Manche Menschen reagierten allergisch auf die Art.
Ohne Fichten in den Königshainer Bergen keine Pilze
Bislang landeten in diesem Jahr nur wenige Pilzexemplare bei der fachkundigen Begutachtung des Beraters. Fehlende Feuchtigkeit im Kreisnorden ist einer der Gründe, dazu sind die Temperaturen nicht ideal. Es ist zu warm. "Optimal sind etwa 20 bis 25 Grad.“ Und genügend Bäume, die braucht es auch. Weil in den Königshainer Bergen die Fichten verschwinden, habe dies Auswirkungen auf die beliebte Marone. Weniger Fichten - gleich weniger Maronen bedeute das, erklärt der Pilzfachmann. Waldpilze bilden mit Bäumen eine besondere Symbiose. Mykorhiza ist der Fachbegriff dafür, der aus dem Griechischen stammt und "Pilzwurzel“ bedeutet, wie beispielsweise beim bayrischen Landwirtschaftsministerium nachzulesen ist.
Uwe Bartholomäus benennt gleichfalls Parks und Friedhöfe als Pilzstellen mit erstaunlicher Artenvielfalt. Er kennt Friedhöfe, wo Sommersteinpilze, echte Rotkappen und Rotfüßchen wachsen. Essbar ja. Aber wer sammelt schon Pilze auf dem Friedhof? Ethisch unbedenklicher dagegen sind die Pilzausflüge rund um Rietschen und Hähnichen bis Bad Muskau. Noch sei Geduld gefragt. Die Pilzsaison startet theoretisch jetzt, habe sich aber im Laufe der letzten Jahre auf etwa Mitte September verschoben. Grund: Trockenheit und es bleibt länger wärmer.
Die Erfahrung macht Jürgen Marschner aus Reichenbach auch. Der Rentner geht seit seiner Kindheit in die Pilze, wie er erzählt. Der Kanonenbusch zwischen Markersdorf und Königshain ist "Pilzjagd-Gelände“, gilt schon längst nicht mehr als Geheimtipp, sondern beliebtes Sammelgebiet. Aber auch da ist aktuell eher "tote Hose“ im Körbchen. Jürgen Marschner suchte lange für eine eher magere Ausbeute: "Ein Steinpilz, eine Marone, ein Birkenpilz, Perlpilz und Grauer Wulstling“, zählt der Reichenbacher auf. "Es ist einfach zu trocken“, schätzt der Sammler ein.
Das sieht Bernd Müller, Pilzberater aus Gersdorf, ähnlich. Ob es besser wird? Da sei keine genaue Voraussage möglich. Bernd Müller hat in diesem Jahr drei Beratungen durchgeführt", sonst waren das in dieser Zeit bereits etwa 20 gewesen“, sagt er. Vielleicht wird es besser. Worauf beide Pilzberater hinweisen ist, dass die als essbar geltenden Champignon-Arten auf der Wiese und in den Parks nicht selten mit Schwermetallen belastet sind. Verwechslungsgefahr mit giftigen Champignons, wie dem Karbol-Egerling, besteht auch. Solche Exemplare fischten die Pilzberater bereits aus zu ihnen gebrachten Sammelkörbchen. Was wäre eine Alternative? Uwe Bartholomäus überlegt nicht lange und empfiehlt Champignon-Fans den Gang in den Supermarkt.