Kreis Görlitz: Erst 600 von 3.000 Flüchtlingen registriert

Die Arbeit der Ausländerbehörde im Kreis Görlitz wird von Hilfsorganisationen immer häufiger kritisiert. Die Registrierung der ukrainischen Flüchtlinge dauere viel zu lange, manche warteten vier Wochen und länger darauf und sind in dieser Zeit von allen Hilfen und Geldern des deutschen Sozialstaates abgeschnitten. So lauten die Vorwürfe, die gegenüber Sächsische.de täglich geäußert werden.
Problem ist größer als gedacht
Vor Journalisten am Mittwoch räumte nun Landrat Bernd Lange in Görlitz erstmals die stockenden Verfahren ein, zugleich sieht er darin auch ein Zeichen für die noch nicht funktionierende Aufgabenteilung zwischen Bund, Land und Kommunen. Er brauche mehr Kapazitäten für die Registrierung.
Wie groß das Problem ist, machen erste Daten der Görlitzer Kreisverwaltung deutlich. Über private Initiativen sind im Landkreis Görlitz rund 3.000 ukrainische Flüchtlinge in Privatunterkünften untergebracht. Von ihnen sind erst 600 registriert. Nur vier Mitarbeiter der Ausländerbehörde arbeiten gegenwärtig für die Registrierung. Auch, wegen eingeschränkter technischer Möglichkeiten.
Nachdem Landrat Lange vergangene Woche vor dem Kreistag die Prüfung eines Zwei-Schicht-Systems angekündigt hat, konnte er nun nach einer Woche erklären, dass dieses System eingeführt und die Mitarbeiter für die Registrierung auf acht erhöht werden. Insgesamt sind 30 Mitarbeiter des Landratsamtes mit der Bearbeitung der Anliegen der ukrainischen Geflüchteten beschäftigt, etwa die Unterbringung und Sozialleistungen.
Große Städte wie Köln arbeiten nach Medienberichten bereits seit Wochen im Drei-Schicht-System, um die Flüchtlinge schnell zu registrieren.
Technik für Registrierung fehlt
Aber selbst der höhere Personaleinsatz wird das Problem nicht sofort beheben. Denn es gebe nach Angaben von Landrat Lange nur ein Gerät, einen Zugang zur Registrierung. Ein zweiter sei gleich in der ersten Woche nach dem Beginn des Russland-Feldzuges in der Ukraine bestellt, aber bislang nicht geliefert worden.
Um den Frust nicht weiter wachsen und die Lage für die Flüchtlinge nicht eskalieren zu lassen, schließt der Landkreis mit interessierten Städten Vereinbarungen ab, dass Abschlagszahlungen an ukrainische Flüchtlinge möglich sind. Über eine solche Vereinbarung berichtete jetzt die Oberbürgermeisterin von Niesky, Kathrin Uhlemann, gegenüber Sächsische.de. Landrat Lange bestätigt dieses Vorgehen. So können Kommunen Flüchtlinge erst mal mit den wichtigsten Daten aufnehmen und erste finanzielle Mittel an sie ausgeben.
Den Unmut der vielen freiwilligen Helfer will Lange nicht wachsen, die Bereitschaft zur Hilfe nicht kippen sehen. "Diese Hilfe ist unheimlich wertvoll. Die Kritik nehme ich wahr, sie ist auch verständlich."
Weil im Landkreis Görlitz so viele ukrainische Flüchtlinge bereits durch private Initiativen untergebracht wurden, verzichtet Sachsen zunächst auf die Zuweisung weiterer Flüchtlinge aus der Erstaufnahme in Leipzig. Das sicherte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer dem Görlitzer Landrat zu, wie Lange in dem Pressegespräch mitteilte. Offenkundig sind die Probleme im Kreis Görlitz sachsenweit mit am größten. Darauf lässt auch schließen, dass Kretschmer nach einem Gespräch mit Helfern sachsenweit persönlich bei Lange angerufen und seine Hilfe angeboten hat.
Kreis zögert bei der Anmietung von Wohnraum
Welche Folgen die schwer abzuschätzende Entwicklung haben, macht die Zuweisung von Wohnraum an die Flüchtlinge deutlich. Im Landkreis Görlitz sind rund 1.400 Unterkünfte mit rund 5.000 Betten gemeldet worden. Zum anderen schließt der Landkreis Görlitz derzeit Rahmenverträge mit Wohnungsgesellschaften ab. Doch das seien schwierige Verhandlungen aus zwei Gründen. Zum einen erhalte der Landkreis nur Geld für Flüchtlinge, die auch im Kreis verbleiben. Ukrainer können sich aber mit dem entsprechenden Pass europaweit frei bewegen.
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Zum anderen traut sich der Landkreis nicht recht, mit den Großvermietern wie bei der Flüchtlingswelle 2015 langfristige Verträge abzuschließen. Sollten die Wohnungen dann nicht gebraucht werden, weil die Flüchtlinge entweder weiterziehen oder wieder in ihre Heimat zurückkehren, dann müsste der Kreis die Verträge mit den Wohnungsanbietern erfüllen - bekäme dieses Geld aber nach Darstellung des Görlitzer Landrates von niemandem erstattet. Die sicherere Variante sei, dass Geflüchtete selbst, mithilfe der Kosten für Unterkunft, Wohnungen anmieten. Um Leistunge wie die Kosten der Unterkunft zu erhalten, ist aber die Registrierung Voraussetzung - womit alle wieder am Anfang stehen.