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Handball-Görls überraschen trotz Personal-Sorgen

Beim Spiel in Rückmarsdorf hatte der Trainer eigentlich nur gehofft, die Niederlage in Grenzen zu halten. Am Ende feierte Görlitz sogar den Sieg.

Von Frank Thümmler
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Wiktoria Blaszczyk war in Rückmarsdorf sie überragende Görlitzer Spielerin. „Ihre Entwicklung ist beeindruckend“, sagt Trainer Jörg Adam.
Wiktoria Blaszczyk war in Rückmarsdorf sie überragende Görlitzer Spielerin. „Ihre Entwicklung ist beeindruckend“, sagt Trainer Jörg Adam. © Hans-Ernst Friedrich

Leipzig. Die Oberliga-Handballerinnen des Görlitzer HC haben das wichtige Spiel im Kampf um den Klassenverbleib bei der HSG Rückmarsdorf mit 33:30 gewonnen, nun fünf Punkte auf dem Konto und ihre Chancen auf den Ligaverbleib wesentlich verbessert. Der Grund: In der noch anstehenden Abstiegsrunde werden sich die Görlitzerinnen mit vier weiteren Teams auseinandersetzen müssen – und Rückmarsdorf ist ein direkter Konkurrent. Da die Punkte aus den Vergleichen der regulären Saison in diese Play-down-Runde mitgenommen werden, war der Sieg am Sonnabend besonders wichtig. Dabei waren die Hoffnungen auf einen solchen Erfolg vor der Partie nicht allzu groß gewesen.

Die Hiobsbotschaften bei den Görls schlugen am Freitag ein. Zunächst wurde klar, dass Anne Neumann, obwohl nach einer Corona-Infektion freigetestet, aus Vorsichtsgründen am Sonnabend wohl besser nicht mitspielen sollte. Dann wurde Marzena Hochman, die erfahrene Spielmacherin der Görls, beim Abschlusstraining immer blasser. Sie musste abbrechen, und es war schnell klar, dass auch sie gegen Rückmarsdorf fehlen würde.

Ohne die zwei wichtigsten Rückraumspielerinnen lag die Last auf der vor der Saison nach Görlitz gewechselten Clara Pechnig, die schon vor einer Woche stark gespielt hatte, Jenny Lindner, die noch Probleme hat, ihre Trainingsleistungen auch im Spiel aufs Feld zu bringen, und Anna-Maria Glatz, der jungen Spielmacherin.

Nach einer Viertelstunde dreht Görlitz auf

Die Startphase ließ dann Görls-Trainer Jörg Adam das Schlimmste befürchten: „Die Gastgeberinnen spielten mit einer extremen Frequenz: schnell, präzise, einer extrem offensiven Deckung und körperlich präsent. Wir hatten erstmal Probleme und ich dachte erstmal, hier ginge es nur darum, das Unheil in Grenzen zu halten“. Dazu kassierte Jenny Lindner zwei schnelle Strafen, wurde durch Leonie Dahm ersetzt.

Nach rund 15 Minuten veränderte sich das Spiel. Die Gastgeberinnen zahlten dem für sie wohl zu hohen Anfangstempo Tribut, das Angriffsspiel wurde deutlich einfallsloser. Die Görls fanden jetzt Mittel dagegen, zumal auch die eingewechselte Torhüterin Anna-Marie Ressel ein ganz starkes Spiel machte. Den zwölf Gegentreffern der ersten 14 Spielminuten folgten nur 18 in den verbleibenden 46 Minuten.

Und weil die Abwehr Zugriff hatte – mit einer wieder sehr starken Frieda Thiemann auf der Spitze der 5:1-Abwehr –, gab es viele Ballgewinne und Tempogegenstöße, bei denen sich vor allem die in diesem Spiel überragende Wiktoria Blasczyk hervortat. Die fünf Tore Rückstand nach 14 Minuten wurden in eine 17:16 Führung zur Halbzeitpause umgewandelt, wobei Johanna Girbig den Führungstreffer per Siebenmeter mit dem Halbzeitpfiff erzielte.

Das Zwischenergebnis machte den Görls natürlich Mut. Jörg Adam war klar, dass es nach der Pause ein Verschleißkampf werden würde. Auf „seine Frauen“ war aber Verlass: „Egal welche Entscheidung wir getroffen haben, wen wir auf welche Position gebracht haben, alles hat funktioniert“, sagte er. Zum Beispiel setzte er den polnischen Neuzugang Zuzanna Szramik, eigentlich für den Rückraum geholt, auf Linksaußen ein, weil die Polin dort auch schon mal gespielt hatte und Johanna Girbig Entlastung brauchte.

Dann erzielte Szramik sechs Feldtore und war wesentlich mitverantwortlich dafür, dass die Görlitzerinnen im Angriff unberechenbar blieben. Dazu gehörte auch Szramiks Gegenpart Frieda Thiemann auf der anderen Angriffsseite, die ihre sieben Feldtore fast allesamt aus dem Positionsangriff erzielte. Clara Pechnig (vier Feldtore) war aus dem rechten Rückraum ebenfalls ein wichtiger Faktor.

Die Görlitzerinnen bauten ihre Führung so nach der Pause auf drei Tore aus und hatten immer wieder, wenn die Gastgeberinnen herankamen, die richtigen Antworten parat. So auch 90 Sekunden vor Schluss, als die Randleipzigerinnen auf 30:31 verkürzten. Beim nächsten Angriff schien Wiktoria Blaszczyk schon in einer ausweglosen Situation und musste einen Wurf im Fallen nehmen, hatte aber noch den Überblick und die Abgezocktheit, gegen die Bewegungsrichtung der Torhüterin zu werfen – 32:30 für Görlitz, die Entscheidung war gefallen. Die damit erzielten drei Punkte Vorsprung in der Tabelle auf Rückmarsdorf könnten sich am Ende der Saison als goldwert erweisen.

Jetzt haben die Görls drei Wochen Zeit bis zum nächsten und zugleich letzten Hinrundenspiel zu Hause gegen den HBV Jena. Kein Grund für Trainer Jörg Adam, die Zügel schleifen zu lassen: „Wir machen zwar am Freitag einen Mannschaftsabend, zuvor aber eine Laufeinheit. Ansonsten werden wir diese drei Wochen wie eine Minivorbereitung nutzen: Um auszukurieren, aber auch, um athletisch wieder auf Topniveau zu sein“, sagte der Trainer.

In den fünf Spielen danach, so ist er überzeugt, wird seine Mannschaft voll gefordert werden, um den Klassenerhalt zu schaffen. Ein Nachteil: Die Görls müssen in der Rückrunde – mit Ausnahme Rückmarsdorfs – bei allen weiteren Konkurrenten auswärts antreten.

HC Görlitz: Barth, Ressel – Glatz (3), Thiemann (7), Szramik (6), Puschmann, Lindner, Pechnig (4), Blaszczyk (8), Zychniewicz,, Dahm (1), Girbig (4/2)