Gold, Gold und nochmals Gold. In welchem Reichtum die einstige Jüdische Gemeinde von Görlitz ihre 1911 geweihte Synagoge im Jugendstil erbauen ließ, war viele Jahrzehnte lang nicht mehr vorstellbar.
Jetzt ist alles wieder da: die mit Blattgold verzierten Löwen, Blüten und Ranken an der Decke des Kuppelsaals, die umlaufenden Reliefbänder, die Ornamente an der Empore, die prunkvollen Leuchter, die vergoldeten Wandgitter, der kunstvoll ausgemalte Thoraschrein und der Almemor aus poliertem grünen und roten Kalkstein.

Fast 30 Jahre hat die umfassende Restaurierung der früheren Synagoge – mit Unterbrechungen – gedauert. Etliche Restauratoren haben über die Jahrzehnte daran gearbeitet, den Originalzustand zu entdecken, zu bewahren und wiederherzustellen. Fast zehn Millionen Euro sind in das Vorhaben geflossen. Ohne Lockdown hätte jeder ab 6. Dezember 2020 die vollendete Pracht bewundern können.
Nur wenig ist noch original erhalten
Gleich Anfang der 1990er hatte ein Restaurator den Zustand der Synagoge bis ins Detail dokumentiert. Auf Basis seiner Befunde und Fotografien konnte das städtische Gebäude nach und nach wiederhergestellt werden. Tatsächlich erhalten ist aber nur ein sehr geringer Teil der Ausgestaltung. Als dunklere Stellen im Zierrat, im Gestein, im Putz erinnern die Originalbefunde genau wie die nur sanft gereinigte Fassade daran, dass die Synagoge ein historisches, restauriertes Gebäude ist.

Seit 2008 wurde das Erdgeschoss mit Hilfe von Städtebaufördermitteln für Veranstaltungen als "bespielbare Baustelle" nutzbar gemacht. 2012 erhielt die Synagoge als eine der wenigen, die in der Reichspogromnacht 1938 verschont blieben, den Status eines national bedeutsamen Denkmals.
"Das war der Türöffner, um Fördermittel vom Bund zu bekommen", sagt Ute Prechel vom Bau- und Liegenschaftsamt der Stadt Görlitz, die das Bauvorhaben Synagoge seit 1994 begleitet. Von nun an konnte das Gebäude Stück für Stück restauriert werden. Seit 2017 steht fest, dass die Görlitzer Kulturservicegesellschaft das "Kulturforum Görlitzer Synagoge" betreiben wird. Mit ihrem Nutzungskonzept konnte noch einmal eine Förderung von 3,7 Millionen Euro akquiriert werden, deren größten Teil Bund und Land beitrugen.

Und es war klar, welche technische Ausstattung das ganzjährig geöffnete Gebäude für die Kultur- und Bildungsveranstaltungen, Tagungen, Workshops, Führungen und Besichtigungen benötigen würde. So beeindruckt heute nicht nur der wiederhergestellte Raum, sondern auch seine sensible Verschmelzung mit moderner Technik. Aus den Stufen des Almemors etwa lässt sich eine Leinwand herauffahren, die sonst unter einer Bodenklappe versteckt ist.
Hinter den vergoldeten Wandgittern befinden sich moderne Heizkörper. Die schmalen Boxen an der Wand sind zwischen den Halbsäulen, Pilastern und Wandnischen kaum zu sehen. Und nur wer genau hinschaut, kann erkennen, dass sich hinter einem zeitweise aufgeklappten Ornament an der Empore das Auge eines Beamers verbirgt.
Die zweite verschobene Eröffnung: Filmpalast Görlitz
Diese Verbindung von historischer Substanz und hochmoderner Technik war auch im großen Saal des Filmpalasts die große Aufgabe. Auch das "Palast-Theater" – wie das bisherige Kino 1 in Erinnerung an den früheren Namen des Kinos jetzt heißt – könnte bereits geöffnet sein: Anfang November sollten der Saal und zwei kleine Luxus-Kinos eingeweiht und damit der Abschluss der dreijährigen Kinosanierung gefeiert werden.

Auch im Filmpalast können sich die Besucher auf das Wiedererwachen eines lange vergessenen Schmuckstücks freuen. War der große Saal in den vergangenen Jahren ein pragmatisch gestalteter Raum mit kleiner Bühne, hat er jetzt wieder die Gestalt eines Theaters mit Parkett und Rang, mit stoffbezogenen Wänden und schweren Vorhängen, mit golden glänzendem Stuck an Wänden und Brüstung sowie dem historischen Kronleuchter. Kinoleiter Stefan Kretschmer sagt, seine Vorgängerinnen Angelika Würfel und Giesela Thomas hätten den Leuchter einst im Keller verstaut und all die Jahre über gehütet.

Zu den etwa 280 Sitzen im Saal zählen auch 16 D-Box-Kinosessel, in denen man alle Filmbewegungen von einem Erdbeben bis zum Rückstoß eines Gewehrschusses physisch miterleben kann. Für ein herausragendes Hörerlebnis sei die Tonqualität auf jeden einzelnen Platz separat abgestimmt worden, sagt der neue Filmpalast-Regionalleiter Sachsens Alexander Malt. "Und die Bühne ist wieder so groß, dass man ohne Weiteres Filmpremieren und andere Anlässe feiern kann."
Hoffen auf ein Ende der Pandemie
Die beiden kleinen Gold-Standard-Kinos unter dem Rang sind ebenfalls etwas Besonderes. Hier kann man in roten oder blauen Plüschsofas versinken und in heimeliger Atmosphäre Filme in kleiner Runde erleben.
Die Muster und Farben der Teppichböden wurden denen der expressionistischen Bleiglasfenster nachempfunden, die seit den 1930ern verborgen waren und während des Umbaus wiederentdeckt wurden.
"Wir hoffen einfach, dass die Pandemie bald vorüber ist und wir bald öffnen können", sagt Alexander Malt. Damit spricht er auch der Görlitzer Kulturservicegesellschaft aus dem Herzen, die im neuen Jahr die Synagoge übergeben bekommt.