Görlitz
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Wenn Musiker für nur einen Zuhörer spielen

Der Görlitzer Philmehr!-Verein bietet eine besonders intime Form von Konzerten an. Ein Experiment an kleinen, teils wenig bekannten, Spielorten.

Von Ines Eifler
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Bei diesem 1:1-Konzert spielte Katrin Paulitz für einen einzigen Zuhörer. Auch diesen Donnerstag finden die Konzerte im Biblischen Haus der Görlitzer Sammlungen statt.
Bei diesem 1:1-Konzert spielte Katrin Paulitz für einen einzigen Zuhörer. Auch diesen Donnerstag finden die Konzerte im Biblischen Haus der Görlitzer Sammlungen statt. © Ulrike Knoll

Die Musiker weit entfernt auf der Bühne, vom Publikum abgeschirmt durchs Scheinwerferlicht. Die Zuhörer eine anonyme Menge, geschützt durch die Dunkelheit im Saal. All das gibt es nicht bei den 1:1-Konzerten, die der Görlitzer Philmehr!-Verein seit Kurzem anbietet. Denn eins zu eins, das bedeutet, ein einziger Musiker spielt ein Stück für genau einen Zuhörer.

"Wir haben meist verschiedene Werke dabei", sagt Max Hilfenhaus, der in der Neuen Lausitzer Philharmonie Geige spielt und die Konzertreihe zusammen mit zwei Kolleginnen organisiert, der Flötistin Katrin Paulitz und der Orchesterdisponentin Katrin Lay. "Aber welches Stück wir spielen oder in welcher Art und Weise wir es interpretieren, hängt von der Beziehung zum Zuhörer ab."

Max Hilfenhaus, Katrin Paulitz und Katrin Lay, die bei der Neuen Lausitzer Philharmonie arbeiten und sich im Verein Philmehr! Philharmonische Brücken engagieren, organisieren die Görlitzer 1:1-Konzerte.
Max Hilfenhaus, Katrin Paulitz und Katrin Lay, die bei der Neuen Lausitzer Philharmonie arbeiten und sich im Verein Philmehr! Philharmonische Brücken engagieren, organisieren die Görlitzer 1:1-Konzerte. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Und die entsteht in jedem Fall. Den Beginn jedes etwa zehnminütigen Konzerts bildet eine Minute, in der sich Musiker und Zuhörer in die Augen schauen, zumindest so gut es geht. "Manche können diesen intensiven Kontakt kaum aushalten", sagt Katrin Paulitz, "weil es ungewohnt ist." Andere ließen sich darauf ein. Doch immer entsteht eine persönliche Verbindung von Mensch zu Mensch, was in großen Konzerten nur selten geschieht.

Die intensive Begegnung zwischen Künstler und Besucher machte 2010 die Performancekünstlerin Marina Abramovic zum Thema, als sie im New Yorker Museum of Modern Art insgesamt 721 Stunden schweigend an einem Tisch saß und sich Besucher ihr gegenüber setzen konnten, um ihr in die Augen zu schauen. Die Idee, daraus ein Konzertformat zu machen, hatte das Team des thüringischen Kammermusikfestivals im Kloster Volkenroda, das 2019 unter dem Motto "einfach" der Frage nachging, was die Essenz von Konzertbegegnung ist.

Als Corona kam und die Konzerthäuser schlossen, entdeckte eine Stuttgarter Flötisten das corona-taugliche Konzertformat, dann Berliner Musiker, Dresdner und viele andere mehr. Zu den etwa 20 Städten Deutschlands, wo 1:1-Konzerte erklingen, gehört nun auch Görlitz. Veranstaltungsorte sind bislang der Renaissancesaal der Görlitzer Sammlungen im Biblischen Hauses, wo am 8. Juli Konzerte stattfinden, der "Vorleser"-Drehort Jakobstraße 5 a, wo man am 9. Juli Konzerte buchen kann, und die Alte Ofenfabrik in der Nikolaivorstadt. "Wir sind auf der Suche nach weiteren Orten und Gastgebern", sagt Max Hilfenhaus.

Der Eintritt ist frei, doch Spenden, die freien Künstlern zugutekommen, sind erwünscht. Die Termine kann man online buchen: https://1to1concerts.de/buchen/goerlitz/.