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Grab des Gestapo-Chefs Müller entdeckt

Der Gestapo-Chef Heinrich Müller war am Holocaust maßgeblich beteiligt. Nach dem Krieg verwischt sich seine Spur. Jetzt taucht sie wieder auf - ausgerechnet auf einem Friedhof seiner Opfer.

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© dpa

Berlin. Heinrich Müller, der berüchtigte Chef von Hitlers Geheimer Staatspolizei (Gestapo) und einer der Hauptverantwortlichen für den Holocaust, ist nach Angaben des Historikers Johannes Tuchel 1945 auf einem jüdischen Friedhof in Berlin beerdigt worden. Nach seinen Recherchen sei Müller in einem Massengrab auf dem Friedhof in der Großen Hamburger Straße beigesetzt worden, sagte der Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand am Donnerstag in Berlin. Tuchel bestätigte damit einen Bericht der „Bild“-Zeitung.

Der Wissenschaftler beruft sich auf Archivfunde und Aussagen eines Totengräbers, der Müller identifizierte und im August 1945 zusammen mit anderen Leichen auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Mitte anonym beerdigte. Der Gestapo-Chef, Vorgesetzter des Holocaust-Organisators Adolf Eichmann im Reichssicherheitshauptamt, hatte in der Nacht zum 2. Mai 1945 angesichts der bevorstehenden deutschen Niederlage unter Vertrauten erklärt, dass er sich das Leben nehmen wolle. „Es gibt kein NS-Verbrechen, an dem Müller nicht in irgendeiner Form beteiligt war“, sagte Tuchel.

Westliche Geheimdienste glaubten noch lange nach 1945, dass „Gestapo-Müller“ den Krieg überlebt hatte. Im Sommer 1949 vermuteten ihn die Geheimdienstler im tschechischen Karlsbad. Später soll seine Spur unter anderem nach Albanien und auch nach Südamerika geführt haben.

NS-Verbrecher wurde eindeutig identifiziert

„Es ist unverständlich, dass der Totengräber nur einmal von der Polizei vernommen wurde“, sagte Tuchel. Nach seinen Recherchen wurde Müllers Leiche im August 1945 in einem provisorischen Grab in der Nähe des ehemaligen Reichsluftfahrtministeriums von einem Beerdigungskommando gefunden. Historischen Dokumenten zufolge wurde der NS-Verbrecher damals eindeutig identifiziert. Müllers Leiche habe eine Generalsuniform getragen. In der inneren, linken Brusttasche steckte unter anderem sein Dienstausweis mit einem Foto.

Tuchel hatte sich für Müllers Schicksal bei Untersuchungen über eine vom Gestapo-Chef geleitete Mordaktion im Berliner Gefängnis in der Lehrter Straße interessiert. Unter Müllers Kommando waren dort Ende April 1945 18 Häftlinge erschossen worden, darunter der Widerstandskämpfer Albrecht von Bernstorff und der Schriftsteller Albrecht Haushofer, der ebenfalls dem Widerstand angehörte.

Der Vorsitzende des Zentralrates der Juden, Dieter Graumann, sagte der „Bild“-Zeitung: „Dass einer der brutalsten Nazis-Sadisten ausgerechnet auf einem jüdischen Friedhof begraben ist, das ist eine geschmacklose Ungeheuerlichkeit. Hier wird das Andenken der Opfer grobschlächtig mit Füßen getreten.“ (dpa)